Ein Volk von liebenswerten Provinzlern – so in etwa ließe sich der Beitrag zusammenfassen, den die Moskauer Fernsehzeitung Sjem-Dnjei (7-Tage) Anfang November veröffentlichte. Mit einem Durchschnittseinkommen von 40.000 pro Einwohner sei Luxemburg laut Eurostat das reichste Land in Europa, doch schwer sei es, ein bescheideneres Volk als die Luxemburger zu finden, heißt es da.
" class="infobox_img" />Luxemburg – ein Leben im Luxus, titelte die Fernsehzeitschrift ihren Beitrag über das Großherzogtum
Gesprächspartner der zwei Journalisten war kein geringerer als Luxemburgs Botschafter in Moskau, Gaston Stronck. Er verriet ihnen das Lebensprinzip der Luxemburger: Nicht auffallen. Auf Luxemburgs Straßen treffe man kaum Frauen in Miniröcken. „Kein bombastischer Schmuck und keine Stöckelschuhe, unauffälliges Makeup, äußerst zurückhalten – bei uns ist man es nicht gewohnt, sich abzuheben“, vertraut der Diplomat der Zeitung an. Sogar die Männer würden nicht in ihrem Ferrari oder Maybach fahren. In Luxemburg leben viele Millionäre, doch sei es unmöglich, sie an ihrem Äußeren zu erkennen. „Sie kaufen keine schicken Schlösser, mehrstöckige Yachten und Privatflugzeuge“, so Stronck und verrät, dass es in Luxemburg nur zwei Personen gibt, die ein Privatflugzeug besitzen, obwohl viele sich das leisten könnten. „Für unsere Einwohner ist das nutzlos. Lieber ein einfaches Boot kaufen und manchmal damit fahren.“
Arbeitsam, wenig anspruchsvoll
Das zurückhaltende Verhalten seiner Landsleute erklärt Stronk mit ihrer Herkunft. Das liege an ihren bäuerlichen Wurzeln. Jeder Bauer sei seinem Wesen nach arbeitsam, bescheiden, einfach und nicht sehr anspruchsvoll. Während Jahrhunderten war Luxemburg ein reines Agrarland, sagt Stronck der Zeitung. Im vergangenen Jahrhundert dann verwandelte es sich in ein Weltfinanzzentrum. Dass dazwischen jahrzehntelange Maloche in den Eisenerzgruben und in den Stahlwerken lagen, wird verschwiegen.
Gut leben und arbeiten lässt es sich in Luxemburg. Die Arbeit in den Büros beginnt laut „Sjem Dnjei“ um neun und endet um 18 Uhr. Dazwischen ist eine zweistündige und mitunter längere Mittagspause in den stets vollen Restaurants. Auch an den Wochenenden wird in Luxemburg gut gegessen. Man lädt Gäste ein, aber nach strengen Regeln. Um 22.00 Uhr wird die Musik leiser gedreht, um die Nachbarn nicht zu stören. Das Zusammensitzen endet dann unbedingt um Mitternacht. Ansonsten man Probleme haben könnte, und sogar Polizeibesuch.
Mit 18 Jahren selbständig
Gut verdienen kann man in Luxemburg sonderzweifel. Beim Staat könne das Monatseinkommen bis zu 10.000 Euro erreichen. Kein Wunder demnach, so die Zeitung, dass junge Paare sich schnell eine Wohnung kaufen können. Überhaupt würden Luxemburgs junge Leute schnell das Elternhaus verlassen. Mit 18 wollen sie selbständig sein und eine Wohnung mieten.
Luxemburgs Bewohner sind wahre Multitalente. Alle Einwohner des Landes sind mehrsprachig – können mindestens fünf Sprachen. In den ersten sechs Schuljahren lernen sie deutsch, französisch und englich. Ab der siebten Klasse kommen italienisch und spanisch hinzu.
Auch der Polizei bereiten wir keine größeren Sorgen. Luxemburgs Bevölkerung sei unwahrscheinlich gesetzestreu, lobt die Zeitschrift. Die Verbrecherquote sei die niedrigste in Europa. Oftmals würden die Bewohner ihre Eingangstür offen lassen. Der großherzogliche Palast werde von einem Mann bewacht, führt die Zeitung als Beweis an. „Niemand überquert die Straße bei rot. Was sollen die Nachbarn denken“, verrät Stronk den Journalisten.
Unwichtiges
Wichtige Details über den Alltag in Luxemburg wurden in diesem Portrait vergessen. So etwa, dass 14,9 Prozent der Haushalte im Jahr 2009 die armutsgefährdet waren, fast 43 Prozent der Bevölkerung Nicht-Luxemburger sind und oftmals auch andere historische und kulturelle Wurzeln haben. Aber das sind wirklich nur Details, die wohl nicht in das Bild von Luxemburg hineinpassen, das man im Ausland zeichnen möchte.
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