Verheerendes Attentat: mindestens 90 Tote, 400 Verletzte

Verheerendes Attentat: mindestens 90 Tote, 400 Verletzte
(AFP/Shah Marai)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Attentäter hat mitten im Diplomatenviertel der afghanischen Hauptstadt Kabul einen enormen Sprengsatz mit verheerenden Folgen gezündet. Die Detonation in unmittelbarer Nähe der deutschen Botschaft tötete am Mittwoch nach Regierungsangaben mindestens 90 Menschen, weitere 400 wurden verletzt.

Als Reaktion auf das Attentat sagte die Bundesregierung einen für den Abend geplanten Abschiebeflug nach Afghanistan ab. Kabul ist regelmäßig Ziel von Anschlägen, das Attentat vom Mittwoch war aber besonders zerstörerisch.

UN-Chef Guterres verurteilt Terroranschlag

UN-Generalsekretär António Guterres hat den verheerenden Bombenanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul scharf verurteilt. Guterres teile „seine Abscheu über die Tat“ mit, sagte sein Sprecher am Mittwoch vor Journalisten in New York. Der Kampf gegen Terrorismus und bewaffneten Extremismus müsse verstärkt werden. Die Tat sei ein Verstoß gegen die Menschenrechte und die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Der Sprengsatz entfaltete eine enorme Wucht: Er riss mitten im morgendlichen Berufsverkehr einen Krater in die Straße, noch in mehreren Kilometern Entfernung gingen Scheiben zu Bruch. Anwohner sagten, sie fühlten sich an ein Erdbeben erinnert. Nach Informationen von Afghanistans Innenministerium zündete ein Selbstmordattentäter den Sprengsatz. Dieser soll rund 1.500 Kilo schwer gewesen sein, er gelangte versteckt in einem Wasser-Tanklaster in das eigentlich schwer gesicherte Botschafts- und Regierungsviertel am Sanbak-Platz. Dort gelten erhöhte Schutzvorkehrungen: Straßensperren, massive Betonschutzwände beidseits der Straßen und zahlreiche Polizeiposten sollen Attentäter abwehren. Dass der Täter trotzdem den Sprengsatz zünden konnte, warf Fragen nach den Sicherheitsstandards auf.

Opferzahl wird wohl weiter steigen

Der Anschlag erschütterte auch die deutsche Botschaft in Kabul, die von meterhohen Schutzwänden umgeben ist. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) teilte mit, mehrere Bedienstete seien verletzt worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte den Anschlag „auf das Schärfste“ und drückte den Angehörigen eines getöteten Wachmanns sein tiefes Beileid aus. Schäden meldeten auch die Botschaften Frankreichs, Indiens, Japans, Bulgariens und der Vereinigten Arabischen Emirate. Der britische Sender BBC teilte mit, einer seiner Fahrer sei bei dem Anschlag getötet worden.

Das afghanische Innenministerium rief die Einwohner Kabuls zu Blutspenden für die Verletzten auf. Die afghanische Regierung rechnete mit einer weiter steigenden Opferzahl. Aus den Trümmern wurden immer mehr Leichen geborgen. Auf der Straße lagen Leichen. Blutüberströmte Überlebende und völlig verängstigte Schülerinnen versuchten sich in Sicherheit zu bringen.

Noch kein Bekennerschreiben

Zu der Attacke bekannte sich zunächst niemand. Ende April hatten die islamistischen Taliban ihre jährliche Frühjahrsoffensive gestartet und ihre Angriffe verstärkt; über Twitter erklärten sie indes, dass sie mit dem Attentat nichts zu tun hätten. Zudem hatte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zuletzt wiederholt Anschläge in Kabul für sich beansprucht. Das Attentat rief weltweit Empörung hervor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Nürnberg, der Kampf gegen den Terrorismus werde weltweit weiter geführt. „Und wir werden ihn gewinnen“, fügte sie hinzu.

Die Bundesregierung sagte einen für den Abend geplanten Abschiebeflug nach Afghanistan ab. Zur Begründung hieß es, die Botschaftsmitarbeiter seien wegen des Anschlags nicht verfügbar. Grundsätzlich hält die Bundesregierung an der Rückführung abgelehnter Asylbewerber aus Afghanistan in ihre Heimat fest. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), bekräftigte ihre generelle Ablehnung von Abschiebungen nach Afghanistan. Solange die Lage in Afghanistan so gefährlich sei, seien Abschiebungen „das falsche Signal“, sagte Kofler der Nachrichtenagentur AFP.

Die US-Regierung verwies darauf, dass das Attentat im islamischen Fastenmonat Ramadan verübt wurde. „Das unterstreicht den barbarischen und sinnlosen Charakter dieses Angriffs“, erklärte das Weiße Haus. Papst Franziskus verurteilte den „abscheulichen Angriff“ in Kabul und übermittelte allen Betroffenen sein „tief empfundenes Beileid“.