Samstag15. November 2025

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„Unzumutbare Zustände“

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LUXEMBURG – Ombudsfrau Lydie Err kritisiert die Zustände in Jugendanstalten. Nicht nur Mängel bei den Infrastrukturen wurden von den Kontrolleuren festgestellt.

Luxemburg muss Strafanstalten und „alle Orte, an denen sich Personen befinden, deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurde“, durch ein unabhängiges Gremium kontrollieren lassen. Dazu verpflichtete sich das Land 2010 durch ein Protokoll im Rahmen der Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter.

Präsidentin dieses Kontrollausschusses ist Ombudsfrau Lydie Err. Das Ziel der externen Kontrollen besteht darin, die bestehenden Regelungen, Verfahren und Garantien zum Schutz der Inhaftierten zu überprüfen. Die Mitglieder des Ausschusses dürfen unter anderem Untersuchungsgefängnisse, Polizeireviere, psychiatrische Anstalten, Haftanstalten usw. besuchen.

Jugendknast unter der Lupe

In diesem Jahr lag der Schwerpunkt der Kontrolleure auf den Einrichtungen, wo Minderjährige festgehalten werden. Ombudsfrau Lydie Err und ihre Mannschaft besuchten das Gefängnis von Schrassig, wo minderjährige Mädchen in einem abgesonderten Gebäude festgehalten werden sowie den Jugendknast in Dreiborn für Jungen. Am Donnerstag stellte Err ihren Bericht vor.

Die Bilanz der Ombudsfrau fällt negativ aus. In beiden Einrichtungen bestünde ein Personalmangel, wurde am Donnerstag moniert. Vor allem fehle es an Erziehern. Es gebe für beide Standorte auch nur einen Krankenpfleger, der sich um die Ausgabe der Medikamente kümmert. Oft würden die Pillen von Personen ausgeteilt, die nicht an das Berufsgeheimnis gebunden seien, so Err, die auch kritisiert, dass in Schrassig und in Dreiborn nicht genügend Kurse angeboten werden, welche die Jugendlichen über ungewollte Schwangerschaften und sexuell-übertragbare Krankheiten aufklären.

Keine Toiletten

Auch was die Infrastrukturen betrifft, gebe es noch Nachholbedarf. So seien die Duschen in Schrassig unzumutbar. In Dreiborn würden drei Jugendliche in viel zu kleine Zimmer eingepfercht. Anders als bei den Mädchen in Schrassig gebe es keine Toilette in den Zimmern. Die Sicherheitsverwahrung sei ebenfalls unzumutbar: Kein Licht, keine Sanitäranlagen. Normalerweise hätten die Jugendlichen das Recht auf eine Stunde an der frischen Luft pro Tag. Oft würde diese Regel aber nicht befolgt.

Auch der Strafenkatalog in beiden Einrichtungen befindet sich im Visier der Kontrolleure. Es fehle an Transparenz, so Lydie Err. Es könne nicht sein, dass mehrere Kataloge in beiden Haftanstalten existieren. Schließlich sei das Bewertungssystem in beiden Einrichtungen schlecht, so die Ombudsfrau. Während den Gruppen-Versammlungen würden zum Beispiel persönliche Informationen über die Jugendlichen preisgegeben.

Mängel gebe es auch, was das Essen anbelangt. Das Essen würde in Dreiborn gekocht und dann nach Schrassig gebracht. Dreiborn backt auch sein eigenes Brot. Dabei hätte man in Schrassig eine gut ausgerüstete Küche. Die Häftlinge in Dreiborn brauchen ihre Wäsche nicht selbst zu waschen, in Gegensatz zu den Inhaftierten in Schrassig, wurde an Donnerstag weiter erklärt.

Drogen und Gewalt

Die Verantwortlichen in Dreiborn hätten angeblich große Probleme, das Gewalt- und Drogen-Problem in den Griff zu bekommen, so Err weiter. Man dürfe zum Beispiel überall auf dem riesigen Areal rauchen. Eine permanente Aufsicht sei quasi unmöglich. Sie schlägt vor, alle Jugendliche, die von ihrem Freigang zurück kommen, einem Drogentest zu unterziehen.

2013 soll ein Hochsicherheitstrakt für besonders schwere Fälle in Dreiborn geschaffen werden. Sie sei mit nur vier Plätzen jedoch viel zu klein. Auch gebe es kein klares Konzept, was die Bewachung der Teenager betrifft. Erzieher könnten ohne spezielle Ausbildung nicht die Rolle der Wächter übernehmen, warnen die Experten.
In Dreiborn sind im Augenblick 47 Jungen, in Schrassig 35 Mädchen inhaftiert.