Türkisches Militär greift syrische Grenzstadt an

Türkisches Militär greift syrische Grenzstadt an
(AP)

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Nach dem Anschlag von Gaziantep will Ankara Terrorgruppen aus dem syrischen Grenzgebiet vertreiben. Dort soll eine Sondersicherheitszone errichtet werden. Allerdings könnte es auch zu einer Konfrontation mit kurdischen Kämpfern in der Region kommen.

Die türkischen Streitkräfte haben am Mittwoch eine große Offensive gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im syrischen Grenzgebiet gestartet. Im Morgengrauen eröffneten Artillerie und Luftwaffe das Feuer auf die vom IS gehaltene Grenzstadt Dscharablus.

Der private Fernsehsender NTV berichtete, danach seien türkische Spezialkräfte in Dscharablus eingerückt, um in „punktgenauen Operationen“ gegen IS-Extremisten vorzugehen. Staatsmedien meldeten kurz darauf, türkische Panzer seien über die Grenze nach Syrien gefahren. Die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu machte zunächst keine Angaben über die Zahl der Panzer, NTV sprach unter Berufung auf Militärkreise von bis zu 20.

Die türkische Regierung bestätigte die Anwesenheit türkischer Soldaten in der syrischen Grenzstadt zunächst nicht. Der Fernsehsender Baer Türk und die Zeitung „Hürriyet“ zitierten zu Beginn des Trommelfeuers auf Dscharablus Militärkreise mit den Angaben, eine Bodenoffensive habe noch nicht begonnen.

224 Geschosse

Das türkische Artilleriefeuer auf die Stadt war massiv: Haubitzen und Raketenwerfer hätten ab 04.00 Uhr Ortszeit in gut zwei Stunden 224 Geschosse auf 63 Ziele abgefeuert, meldeten Baer Türk und „Hürriyet“. Dann seien gegen 06.00 Uhr Luftangriffe gefolgt.

Die türkische Regierung hatte nach dem Anschlag auf eine kurdische Hochzeit am Wochenende in der türkischen Grenzstadt Gaziantep ein hartes Vorgehen gegen den IS angekündigt. Sie sieht die Terrormiliz als Urheber des Anschlags, bei dem 54 Menschen getötet wurden. Lange Zeit hatte Ankara den IS im eigenen Land und im syrischen Grenzgebiet gewähren zu lassen, um den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu schwächen. Damit soll es nun vorbei sein: Das vom IS gehaltene syrische Grenzgebiet wurde zu einer „Sondersicherheitszone“ erklärt.

Ankara forderte Journalisten auf, sich aus Sicherheitsgründen nicht in das Kampfgebiet zu begeben. Am Dienstag erklärte Außenminister Mevlüt Cavusoglu „jegliche Art“ Unterstützung für Operationen gegen den IS auf einem 100 Kilometer langen Streifen von Dscharablus bis Afrin an der syrischen Grenze.

Die Offensive in Dscharablus wurde wenige Stunden vor einem Besuch von US-Vizepräsident Joe Biden begonnen, der am Nachmittag in der Hauptstadt erwartet wurde.

Bidens Mission ist delikat: Während Washington ein entschiedenes Vorgehen Ankaras gegen den IS begrüßt, könnte es zugleich aber auch zu einer Konfrontation türkischer Truppen mit den von den USA unterstützten kurdischen Kämpfern in der Region kommen. Afrin ist in der Hand der kurdisch geführten SDF, die von Ankara als Ableger der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK betrachtet wird.

Dscharablus liegt am Euphrat und ist nur 30 Kilometer von der Stadt Manbidsch entfernt, aus der die SDF mit US-Unterstützung kürzlich den IS vertrieb.