Die Auswirkungen des Brexit auf die luxemburgische Wirtschaft seien „auch davon abhängig, wie sich das Land in den nächsten Wochen und Monaten positioniert“, meinte Laurent Mosar. „Dublin, Frankfurt und Paris hatten offenbar klare Strategien, Luxemburg dagegen ist ziemlich spät erwacht“, erregte sich der CSV-Sprecher. Eine Position, die zu heftigen Reaktionen nicht nur von den Koalitionsparteien, sondern auch von ADR und „déi Lénk“ führte.
Das laufe nicht wie ein „Ausverkauf bei einer Braderie“, meinte Eugène Berger (DP). Nicht „Schreien“, sondern „smartes Verhandeln“ sei in diesem Moment angesagt. Und genau das mache der Finanzminister.
Offenbar mit Erfolg. Man habe „eine Flut von Anfragen“, so Pierre Gramegna. Das „geierhafte Vorgehen“ anderer Staaten wirke in London eher abschreckend, so seine Analyse. Trümpfe des Standorts Luxemburg seien Glaubwürdigkeit, Kontinuität, langfristige Planbarkeit und Transparenz, bemerkte er an die Adresse von Mosar. Gerade in Sachen Transparenz habe Luxemburg lange Zeit nicht gerade geglänzt.
Finanzen und TV-Sender
Und gleich noch eine Spitze gab es für den CSV-Mann, der gefordert hatte, Luxemburg solle sich für den Transfer der europäischen Bankenaufsicht EBA nach Luxemburg starkmachen. „Laut den EU-Verträgen hätte die EBA schon bei der Gründung 2008 nach Luxemburg kommen müssen, die Politik hat das damals aber nicht hinbekommen“, so Gramegna.
Gute Chancen rechnet sich Luxemburg neben dem Finanzsektor vor allem im Bereich der Medien aus.
Rund 50 TV-Sender, die von London aus mit EU-Lizenzen senden, müssen sich nach einem EU-Austritt Großbritanniens einen neuen Standort suchen.
Eher zurückhaltend äußerten sich Franz Fayot (LSAP) und Gérard Anzia („déi gréng“). Man sei dagegen, „irgendjemandem den roten Teppich auszurollen“, meinte der LSAP-Sprecher. Man solle „keinen Kuchen verteilen, der noch nicht gebacken ist und vielleicht auch nie so gebacken wird“, meinte Anzia.
Risiko Steuerdumping
Es gebe überhaupt nichts, um das man politisch streiten könne, so die Analyse von Roy Reding (ADR). „Anders als Regierungen hatten die großen Betriebe immer einen Plan B, wohin sie umziehen“, ist er überzeugt. Für Marc Baum von „déi Lénk“ steht das Buhlen um Finanzinstitute aus Großbritannien im krassen Widerspruch zu der erklärten Absicht, die nationale Wirtschaft breiter aufzustellen und den Anteil des Finanzwesens am BIP zu reduzieren.
Vor möglichen positiven Auswirkungen steht aber zunächst einmal eine negative. Die Ankündigung des britischen Finanzministers, die Körperschaftssteuer auf 15 Prozent zu senken, werde zu einer neuerlichen Verschärfung des Steuerdumpings führen, waren sich sämtliche Redner einig.
Mosar hatte nervös gefordert, auch Luxemburg solle schnell seine Betriebsteuer senken.
De Maart
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