Rote Rosen statt Tomaten-Eis

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Im niederländischen Wahlkampf zeichnet sich eine überraschende Wende ab. Der Stern des Sozialisten Roemer sinkt. Aufwind haben die Sozialdemokraten um Diederik Samson.

Breit lachend verteilte der niederländische Sozialist Emile Roemer Tomaten-Eis. „Das ist so lecker“, grinste er jüngst bei einer Wahlkampfveranstaltung im südniederländischen Boxmeer. Vor zahlreichen Journalisten versicherte er, Angst vor einer roten Regierung in Den Haag sei unbegründet: „Wir sind nicht gegen Europa, aber wir dürfen auch unser eigenes Land nicht kaputt sparen.“

Roemer präsentierte sich als möglicher neuer Premier. Doch zehn Tage vor der Wahl ist deutlich: Süße Tomaten, das Symbol seiner sozialistischen Partei, reichen für einen Wahlsieg nicht aus.

Wende im Wahlkampf

Im niederländischen Wahlkampf zeichnet sich eine überraschende Wende ab. Nach den jüngsten Umfragen wird es bei der Parlamentswahl am 12. September keinen Zweikampf zwischen dem Sozialisten Roemer und dem rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte geben. Die Sozialdemokraten holen deutlich auf, und die Bildung einer sozial-liberalen Koalition wird wahrscheinlicher.

Neuer Hoffnungsträger vieler Wähler ist der sozialdemokratische Spitzenkandidat Diederik Samson. Der 41 Jahre alte Kernphysiker hat gut Lachen: Nach dem alle Wahlforscher seiner Partei der Arbeit monatelang große Verluste prophezeit hatten, liegt sie nun gleich auf mit den Sozialisten. „Wir werden die stärkste Fraktion“, verkündet Samson siegessicher. Und immer mehr glauben daran.

Sozialisten-Stimmen für die Sozialdemokraten

„Die Sozialdemokraten gewinnen viele frühere Wähler zurück, die zur sozialistischen Partei abgewandert waren“, sagte Wahlforscher Maurice de Hondt. Vor allem der starke Auftritt des Sozialdemokraten Samson bei den bisherigen TV-Wahldebatten habe dafür gesorgt.

Er hatte sich bei den wichtigsten Wahlkampfthemen – Euro-Krise und Sparmaßnahmen im Wert von rund 20 Milliarden Euro – nach dem Votum der Zuschauer als redliche Alternative zwischen Links und Rechts präsentiert. Während die Opponenten etwa weitere Hilfen für Griechenland rigoros ablehnten, sagte Samson: „Es kann nötig sein, den Griechen mehr Zeit zu geben, um ihre Wirtschaft in Ordnung zu bringen.“

Die Sozialdemokraten profitieren auch von der Krise der christdemokratischen CDA. Deren Anhänger haben der bisherigen Regierungspartei die Zusammenarbeit mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders nicht verziehen. Laut Umfragen muss die CDA mit starken Einbrüchen rechnen – bis zu ein Drittel der bisherigen Wähler könnte abtrünnig werden.

Ministerpräsident Rutte kann seine rechtsliberale VVD wohl wieder zur stärksten Fraktion machen, doch muss er nach einem neuen Partner Ausschau halten. Ein Bündnis mit den Sozialisten ist eher unwahrscheinlich. Und auch ein neues Abenteuer mit den Rechtspopulisten wird es wohl nicht geben. Wilders hatte der Minderheitsregierung im April seine Unterstützung entzogen und damit die Neuwahlen erzwungen.

Große Koalition

Nach den Umfragen ist aber eine Koalition aus Rechtsliberalen, Sozialdemokraten und der linksliberalen Partei D66 möglich. Der Sozialdemokrat Samson schloss das nicht aus, wollte sich jedoch nicht festlegen. „Wir wollen die größte Partei werden“, bekräftigte er.

Aber er hält sich auch die Option einer linken Regierung offen. Der Sozialist Roemer forderte Samson auf, Farbe zu bekennen – und meinte damit Rot. «Das ist verständlich», sagte Samson. «Doch wenn wir jetzt schon links oder rechts sagen, blockieren wir das Land.»