„Rolling Stone“ zieht falsche Story zurück

„Rolling Stone“ zieht falsche Story zurück
(Craig Ruttle)

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Ein Artikel über eine Massenvergewaltigung auf einem Universitätsgelände im "Rolling Stone" wurde kurz nach seiner Veröffentlichung angezweifelt. Jetzt zog die Zeitung ihn zurück.

Mit einem Artikel über eine brutale Gruppenvergewaltigung an einer Uni in Virginia hatte das renommierte US-Musikmagazin „Rolling Stone“ im November für einen Aufschrei gesorgt – doch kamen schnell Zweifel an der Richtigkeit des Berichts auf.

Ein halbes Jahr später hat das Magazin nun auf seiner Homepage eine unabhängige Untersuchung veröffentlicht, die der ganzen „Rolling Stone“-Redaktion „vermeidbare“ Fehler und die Verletzung grundlegender journalistischer Standards vorwirft. Das Magazin zog den Artikel am Sonntag offiziell zurück.

Zivilklage wird eingereicht

Die Studentenverbindung Phi Kappa Psi, die wegen der Vorwürfe ins Zwielicht geraten war, kündigte am Montag eine Zivilklage gegen „Rolling Stone“ an. „Unsere Verbindung und ihre Mitglieder wurden eindeutig verunglimpft“, erklärte Stephen Scipione, der dem Ableger von Phi Kappa Psi an der University of Virginia vorsteht.

„‚Eine Vergewaltigung auf dem Campus‘ – Was lief falsch?“ ist der 8000 Wörter lange Untersuchungsbericht der Journalistenschule der Columbia-Universität überschrieben, den „Rolling Stone“ online stellte. Die Lektüre des Berichts sei „schmerzhaft“ gewesen, erklärte Chefredakteur Will Dana. „Wir möchten uns bei allen entschuldigen, die durch die Geschichte Schaden nahmen.“ Die Redaktion übernahm geschlossen die Verantwortung, niemand wurde gefeuert, wie Dana der „New York Times“ sagte. Auch die Autorin des Artikels, Sabrina Rubin Erdely, entschuldigte sich laut US-Medien. Sie sei „nicht weit genug gegangen“, um die Geschichte zu verifizieren.

Sieben Vergewaltiger

In dem Artikel vom 19. November wurde das angebliche Martyrium einer „Jackie“ genannten Studentin im September 2012 geschildert. Die junge Frau, die nicht identifiziert wurde, hatte Erdely gesagt, sie sei im Haus der Verbindung Phi Kappa Psi von sieben Studenten vergewaltigt worden. Mit der Reportage wollte der „Rolling Stone“ auf weitverbreitete sexuelle Gewalt an US-Universitäten aufmerksam machen. Der Artikel führte zu Protesten, zu polizeilichen Ermittlungen und sogar zu einer zeitweiligen Suspendierung der Verbindung an der Uni im US-Staat Virginia.

Allerdings war die Glaubwürdigkeit von „Jackie“ schnell in Frage gestellt worden. Bereits im Dezember entschuldigte sich das Magazin deswegen und distanzierte sich von dem Bericht. Die Polizei kam im März zu dem Schluss, dass sich die Schilderung „Jackies“ nicht nachweisen lasse, und legte den Fall auf Eis. In ihrer Prüfung stellte die Columbia-Journalistenschule ein Versagen der gesamten Redaktion fest. Beim Berichten, beim Redigieren, bei der redaktionellen Aufsicht und beim Faktencheck seien Fehler gemacht worden. Die Belegschaft sei so erpicht darauf gewesen, ein erschütterndes Beispiel für sexuelle Gewalt zu schildern, dass „grundlegende, routinemäßige“ Regeln der Berichterstattung nicht befolgt worden seien – etwa, dass Beschuldigte oder vermeintliche Komplizen nicht befragt wurden.

Chefredakteur Dana schrieb, die Redaktion sei besonders traurig darüber, dass durch ihr Versagen wirkliche Opfer sexuellen Missbrauchs an Universitäten davon abgeschreckt werden könnten, an die Öffentlichkeit zu gehen. Auch Phi Kappa Psi befürchtet, dass „diese ganze Episode einige Opfer veranlassen könnte, im Schatten zu bleiben und Angst zu haben, ihre Angreifer zu konfrontieren“