Rettungspaket geschnürt

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Nach Griechenland und Irland kommt Portugal als drittes Euro-Land an den Finanztropf von EU und IWF. Das Land steht vor Neuwahlen und ist hoch verschuldet - und die nächste Staatsanleihe ist fällig.

Das Milliardenrettungspaket für das hoch verschuldete Portugal ist geschnürt. Allerdings müssen die EU, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB) offiziell noch grünes Licht geben, wie einer Stellungnahme der Institutionen aus der Nacht zum Mittwoch zu entnehmen ist. Portugals geschäftsführender Regierungschef José Sócrates hatte zuvor in Lissabon berichtet, die Verhandlungen mit den Vertretern von EU und IWF seien erfolgreich abgeschlossen. Nach Informationen aus Portugal soll sich das Hilfspaket auf 78 Milliarden Euro belaufen.

Vor den Neuwahlen am 5. Juni formiert sich in Lissabon aber nicht nur von der konservativen Opposition breiter Widerstand gegen die strengen Auflagen, die Portugal nach Medieninformationen zu erfüllen hat, um an die Hilfen zu kommen. Dazu zählen umfangreiche Steuererhöhungen und und das Einfrieren von Renten und Gehältern.

Details am Donnerstag

EU, EZB und IWF wollen an diesem Donnerstag in Lissabon Details über das Abkommen mit der Regierung Portugals präsentieren, wie die Kommission am Mittwoch in Brüssel mitteilte. „Wir sind noch in Beratungen mit den wichtigsten Oppositionsparteien“, sagte die Sprecherin von EU-Vizekommissionspräsident Joaquín Almunia am Mittwoch in Brüssel. In einer Erklärung von EU, IWF und EZB zum Hilfspaket hieß es zuvor, eine «Einigung auf Mitarbeiter-Ebene mit der (portugiesischen) Regierung über ein umfangreiches wirtschaftliches Programm» sei erreicht. Die Bundesregierung hielt sich noch bedeckt. Berlin führte an, Details lägen noch nicht vor.

Portugal ist dringend auf Hilfe angewiesen. Mitte Juni wird die nächste große Staatsanleihe des Landes in Höhe von sieben Milliarden Euro fällig. Deshalb hatte Portugal vor knapp vier Wochen als drittes Euroland nach Griechenland und Irland in Brüssel offiziell um Milliardenunterstützung gebeten. Irland nimmt 85 Milliarden Euro Finanzhilfe von EU und IWF in Anspruch, Griechenland hatte schon vor der Bildung des EU-Rettungsfonds EFSF von einem Extra-Paket von 110 Milliarden Euro profitiert – jeweils wurden harte Sparauflagen akzeptiert, um die Staatsfinanzen zu sanieren.

„Ein gutes Abkommen“

„Wir haben ein gutes Abkommen erzielt“, sagte Sócrates. Die Auflagen seien weniger strikt als zuvor angenommen, das Abkommen sehe eine „Vertiefung“ des jüngsten Sparpakets der Minderheitsregierung vor, das Ende März vom Parlament abgelehnt worden war, sagte der Sozialist zunächst ohne genauere Details zu nennen. Wegen der Ablehnung war Sócrates zurückgetreten. Er wies nun aber darauf hin, dass man entgegen ersten Befürchtungen weder die niedrigsten Renten und Pensionen bis auf 600 Euro senken noch das Weihnachtsgeld und das 13. Gehalt streichen werde. Das Abkommen erfordere ferner keine Entlassungen und auch keine weiteren Kürzungen im öffentlichen Dienst.

Portugiesische Medien, die nach eigenen Angaben Einblick in den Abkommensentwurf erhielten, enthüllten unterdessen einige der geplanten Auflagen. Demnach soll das Privatisierungsprogramm Portugals in den nächsten zwei Jahren in den Bereichen Verkehr, Energie, Telekommunikationen und Versicherungen beschleunigt werden. Die Airline TAP solle nach Möglichkeit schon Ende dieses Jahres privatisiert werden, hieß es. Der Arbeitsmarkt solle flexibilisiert und die meisten Renten und Gehälter bis 2013 eingefroren werden.

Arbeitslosengeld gekürzt

Das Abkommen sieht außerdem nach den Medienangaben eine Kürzung des Arbeitslosengeldes auf höchstens 1048 Euro pro Monat sowie eine Reduzierung der Zahlungsdauer auf maximal 18 Monaten vor. Bezieher von Arbeitslosengeld sowie jene Rentner und Pensionäre, die mehr als 1500 Euro pro Monat erhalten, sollen zudem erstmals Einkommenssteuer zahlen. Die Fahrzeug-, Tabak-, und Immobiliensteuern sollen erhöht und die Listen jener Produkte, für die günstigere Mehrwertsteuersätze gelten, überprüft werden.

Die Nachrichtenagentur Lusa und die Wirtschaftszeitung „Jornal de Negocios“ berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, von der Gesamthilfe von 78 Milliarden Euro sollen zwölf Milliarden zur Stärkung des Bankensytems benutzt werden. Am Mittwoch besprachen die Vertreter von EU und IWF das Abkommen mit der Opposition in Lissabon.

Haushaltsdefizit

Das Haushaltsdefizit von zuletzt 9,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes soll nach den Worten von Sócrates bis 2013 auf höchstens drei Prozent gedrückt werden, nachdem dieses Ziel zuvor 2012 erreicht werden sollte. Mehr als 3 Prozent ist nach den EU-Spielregeln nicht erlaubt. Für das laufende Jahr habe man sich zu einer Senkung des Defizits auf 5,9, für das nächste Jahr auf 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung verpflichtet.

EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte im April angekündigt, dass das Hilfspaket am 16. Mai endgültig geschnürt werden solle. Dann müssen die Finanzminister des Eurogebiets einstimmig für die Portugal-Hilfen votieren, sonst sind Hilfen aus dem europäischen Rettungsfonds nicht möglich. Ob das Euro-Land Finnland mitzieht, ist noch unsicher. Beim Hilfspaket für Portugal dürften aber schließlich die Europäer nach bewährtem Muster rund zwei Drittel der Last – also über 50 Milliarden Euro – stemmen, der IWF das restliche Drittel.