Regierung will Webseiten sperren

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Die türkische Regierung will sich nach Presseberichten das Recht geben, Internetseiten ohne vorherigen Gerichtsbeschluss sperren zu lassen. Die Popularität der Regierung Erdogan nimmt nach der Korruptions-Affäre aber weiter ab.

Das gehe aus einem Gesetzentwurf der Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hervor, berichteten mehrere türkische Medien am Freitag. Demnach beinhaltet der Gesetzentwurf auch ein Recht für die Behörden, die Surf-Gewohnheiten von Internetnutzern aufzuzeichnen und zwei Jahre lang zu speichern.

Kritiker bezeichneten den Entwurf als Einstieg in die Zensur. Der Internetexperte und Anwalt Mehmet Ali Köksal sagte der Zeitung „Evrensel“, die geplanten Neuregelungen seien verfassungswidrig. Der Verband türkischer IT-Ingenieure warf der Regierung vor, die Meinungsfreiheit im Internet nicht hinnehmen zu wollen. Schon unter dem derzeit geltenden Internetgesetz können viele Websites relativ einfach gesperrt werden, jedoch ist dazu bisher ein Gerichtsbeschluss nötig.

Weniger Rückhalt

Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan verliert indes einer Umfrage zufolge wegen der derzeitigen Korruptionsaffäre zunehmend an Rückhalt in der Wählerschaft. In der Untersuchung des Instituts Sonar kam die AKP bei der Sonntagsfrage auf 42,3 Prozent, wie türkische Zeitungen am Freitag berichteten. Das sind rund acht Prozentpunkte weniger als bei der Parlamentswahl im Jahr 2011. In der Umfrage äußerte eine Mehrheit der rund 3000 befragten Wähler Unterstützung für die Korruptionsermittlungen gegen die Regierung.

Bis zum Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe im Dezember hatte sich die AKP in den Umfragen bei durchschnittlich 50 Prozent halten können. Laut Sonar sind zwei von drei Türken überzeugt, dass es in der Umgebung der Regierung Korruptionsfälle gibt. Rund 60 Prozent der befragten Wähler sagten, die Korruptionsermittlungen seien gerechtfertigt. Knapp 58 Prozent äußerten Kritik an der Versetzung von Polizisten und Staatsanwälten in den vergangenen Tagen.

Istanbuler Staatsanwälte hatten dutzende Verdächtige festnehmen lassen, darunter auch die Söhne von zwei Ministern. Bei dem Skandal geht es unter anderem um die Bestechung von Politikern, um illegale Goldgeschäfte der staatlichen Halkbank mit dem Iran zu verheimlichen, sowie um illegale Bauvorhaben. Erdogan betrachtet die Ermittlungen als politisch motivierte Aktion regierungsfeindlicher Kräfte im Staatsapparat mit dem Ziel, der AKP vor den Kommunalwahlen am 30. März zu schaden.