Reformsackgasse in Griechenland

Reformsackgasse in Griechenland
(Reuters/Alkis Konstantinidis)

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Bislang schien es ein Déjà-vu zu sein. Jetzt ist es Realität: Griechenland erlebt wieder die Tage von 2015. Wie vergangenen Sommer steht auch heute die Pleite vor der Tür.

Nach dem vorläufigen Scheitern der Gespräche über das griechische Sparprogramm will Regierungschef Alexis Tsipras bei EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel der Euroland-Staaten beantragen. Dies berichtete in der Nacht zum Mittwoch die staatliche Nachrichtenagentur ANA sowie zahlreiche griechische Medien unter Berufung auf das Büro des griechischen Ministerpräsidenten. Demnach ist ein Telefonat der beiden Politiker am Mittwochmorgen geplant. Die „Bild“-Zeitung berichtete dagegen, Tsipras habe sein Anliegen bereits in der Nacht zum Mittwoch bei Tusk vorgebracht. Unklar blieb, ob und wann dieser Gipfel stattfinden soll.

Die Presse reagierte am Mittwoch entsprechend: „2015 wirft seinen Schatten über die Verhandlungen“, titelt die konservative Zeitung „Kathimerini“ nach dem vorläufigen Ende der Verhandlungen und der möglichen Übertragung des leidigen Themas Griechenland wieder auf höchster EU-Ebene. In Athen wird spekuliert, Tsipras könnte Neuwahlen ausrufen. Die Euro-Finanzminister waren zuletzt mit ihrem Vorhaben gescheitert, eine rasche Einigung auf weitreichende Spar- und Reformschritte in Griechenland zu erzwingen.

Paket auf Vorrat

Am späten Dienstagabend teilte ein Sprecher von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem mit, es werde kein Sondertreffen der Euro-Finanzminister zu Griechenland am Donnerstag geben, denn es sei mehr Zeit nötig. In Athen herrscht Empörung darüber, dass die Gläubiger auf Betreiben des Internationalen Währungsfonds (IWF) darauf beharren, Griechenland solle neben den im vergangenen Juli vereinbarten Reform- und Sparmaßnahmen im Umfang von 5,4 Milliarden Euro weitere Maßnahmen für rund 3,6 Milliarden Euro treffen.

Dieses zweite Paket soll quasi auf Vorrat beschlossen werden und in Kraft treten, falls Athen bis 2018 das gesetzte Ziel nicht erreicht, einen Überschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor Abzug der Kreditzinsen zu erzielen. Dieses Ziel könne Tsipras‘ Regierung politisch nicht schaffen, heißt es aus Regierungskreisen in Athen. Und es passe nicht zu dem, was mit den Europäern im Sommer vereinbart wurde. Athen schlägt eine Art „automatischen fiskalischen Stabilisator“ vor: Verfehle das Land sein Ziel beispielsweise um zehn Prozent, sollten demnach alle Staatsausgaben um zehn Prozent gekürzt werden.

Die Gläubiger lehnen das ab und fordern konkrete Maßnahmen. „Sackgasse“, titelt die linke Zeitung „Efimerida ton Syntakton“. Ohne eine Einigung auf das Spar- und Reformpaket kann kein frisches Geld des Eurorettungsschirms ESM nach Athen fließen. Die Staatskasse ist bald wieder leer, allein im Juli muss das krisengeschüttelte Land 2,7 Milliarden Euro zurückzahlen, die es zur Zeit nicht hat.