Putin attackiert den Westen

Putin attackiert den Westen
(Sergei Chirikov)

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Wegen seiner Ukraine-Politik ist der russische Präsident vom G7-Treffen ausgeschlossen. Und doch hält er sich mit Kritik an den USA und der EU im Gespräch.

Mit scharfer Kritik am Westen hat sich Kremlchef Wladimir Putin vor Beginn des G7-Treffens im bayerischen Elmau ins Gipfel-Geschehen eingemischt. Seine in den USA und Europa umstrittene Politik sei „bloß eine Antwort auf die Bedrohungen, die an unsere Adresse gerichtet sind“, sagte der von dem Treffen ausgeschlossene russische Präsident der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“. Auch das griechische Schuldendrama droht die Gipfel-Regie von Kanzlerin Angela Merkel durcheinander zu bringen.

Zum Auftakt in die heiße Gipfelphase setzten Tausende Demonstranten am Samstag ein buntes Signal gegen Globalisierung, Armut und staatliche Überwachung. „Gemeinsam kämpfen gegen Kapitalismus, Rassismus und Krieg“, prangte auf einem Transparent an der Spitze eines Protestzuges durch Garmisch-Partenkirchen. Der Staat versuchte, Krawalle mit einem gewaltigen Polizeiaufgebot von mehr als 20 000 Beamten zu verhindern.

Verletzte bei Krawallen

Bei einer Auseinandersetzung während der Demonstration wurden mindestens ein Polizist sowie einzelne Demonstranten verletzt. Das Aktionsbündnis „Stop G7“ sprach von massiver Polizeigewalt. Die Polizei gab an, sie sei provoziert worden. Die Polizei ging von rund 3600 Demonstrationsteilnehmern aus, das Aktionsbündnis „Stop G7 Elmau“ von bis zu 5000. Ursprünglich waren etwa 10 000 Teilnehmer erwartet worden. Die Polizei bietet insgesamt weit mehr als 20 000 Beamte auf.

Die Gegner des G7-Gipfels suchten nach einem Gewitter mit heftigen Regenfällen Unterschlupf bei den Menschen in Garmisch-Partenkirchen. Über den Kurznachrichtendienst Twitter schrieben sie am Samstag an die Anwohner gerichtet, „viele von uns sind durchnässt und brauchen einen Platz zum Aufwärmen“. Dazu veröffentlichten die G7-Gegner auch eine Kontakttelefonnummer. Eine ursprünglich angekündigte vollständige Evakuierung des Protestlagers neben der Loisach nahm das Bündnis „Stop G7 Elmau“ wieder zurück. Nun solle sich nur für diejenigen um trockene Plätze gekümmert werden, die nicht mehr im Camp übernachten könnten. Alle anderen sollten trotz anhaltenden Regens weiter auf dem Gelände übernachten. „Lasst uns das Camp wieder zu einem Ort des Widerstands machen“, schrieben die Aktivisten.

„Keine Feindbilder aufbauen“

Putin sagte in dem Interview vor einem Italien-Besuch am Mittwoch: „Ich denke, dass nur ein nicht gesunder Mensch … sich vorstellen kann, dass Russland etwa die Nato angreift.“ Den USA warf er vor, mit derartigen Befürchtungen zu spielen, Feindbilder aufzubauen, um damit einen Führungsanspruch in der Welt zu untermauern. Auch der Konflikt in der Ukraine sei die Folge „unprofessioneller Handlungen“ der USA. Die USA und die EU müssten Druck auf die Ukraine für eine Umsetzung des Friedensplanes von Minsk ausüben.

Einmal mehr warf der Kremlchef dem Westen eine gegen Russland gerichtete Politik vor. Die Nato etwa komme der Grenze der Atommacht immer näher. Der EU kreidete Putin eine eigennützige Politik an, die die Interessen Russlands beim Aufbau einer Eurasischen Wirtschaftsunion außer Acht lasse. „Wenn die Länder Europas sich zusammenschließen, ist das normal, aber wenn wir auf postsowjetischem Gebiet das auch tun, wird versucht, dies als Streben Russlands nach einem Wiederaufbau irgendeines Imperiums zu erklären“, sagte er.

Dauerbrenner Griechenland

Auch die ungelöste Griechenland-Krise belastet den G7-Gipfel. Am Rande des Treffens werde es Gespräche über die angespannte Finanzlage des Krisenlandes geben, berichteten Diplomaten. Die Front der G7-Partner sei „recht geschlossen“.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der eine zentrale Rolle im Schuldendrama spielt, zeigte sich verärgert über den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras und lehnte ein diesem gewünschtes neuerliches Telefonat am Samstag ab. Juncker wird in der Elmauer Spitzenrunde neben EU-Ratspräsident Donald Tusk als EU-Vertreter sitzen.

Das Klima als Thema

Merkel versuchte, den Klimawandel zu einem Top-Thema des bis Montag dauernden Gipfels zu machen. Sie pochte auf ein G7-Bekenntnis zum Zwei-Grad-Klimaziel. Die UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember werde nur glaubwürdig, „wenn wir wirklich dieses in Kopenhagen vereinbarte Ziel einhalten“, sagte sie in ihrem Video-Podcast. Ansonsten werde es in Paris kein Klimaabkommen geben. „Deshalb hoffe ich, dass wir als G7-Länder klar sagen können: Wir stehen zu diesem Ziel.“

Rückendeckung kam vom britischen Premier David Cameron: „Wir werden uns sehr unterstützend verhalten, um Fortschritte zu erzielen“, hieß es von ihm. Das Zwei-Grad-Ziel war 2009 bei der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen vereinbart worden. Damit soll die Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf höchstens zwei Grad begrenzt werden.

Japan schlägt 26 Prozent vor

Während Frankreichs Präsident Francois Hollande als Gastgeber der UN-Klimakonferenz in Paris aufs Tempo drückt, gilt Japan als unsicherer Kantonist. Premierminister Shinzo Abe, der am Abend als erster Gast in München eintraf, kündigte an, er wolle in Elmau eine Reduzierung der Treibhausgase um 26 Prozent bis 2030 vorschlagen.

Vor Gipfelbeginn will Merkel am Sonntagvormittag US-Präsident Barack Obama in dem kleinen Ort Krün bei Elmau begrüßen. Es ist auch ein öffentlicher Auftritt vor Bürgern geplant.


Weitere Informationen zum Gipfel:

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