Nie wieder nach Hause zurück

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(dpa)

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Die Regierung stellte mehr als 10 000 Menschen am Freitag ein Ultimatum. Aber die Gegend um die Unglückreaktoren bleibt unbewohnbar. Der Wiederaufbau in Japan wird viele Milliarden Euro kosten.

Binnen fünf Wochen müssen die Bewohner mehrerer Städte in Japan ihre Häuser wegen der Strahlengefahr verlassen. Die japanische Regierung forderte rund 10 500 Menschen am Freitag ultimativ auf, drei Orte außerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone um die Atomruine von Fukushima zu räumen. Die Bürger von Iitate, Katsurao, Namie und teilweise auch Kawamata und Minamisoma hätten dafür bis Ende Mai Zeit, sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Freitag. Die Regierung weitete ihre Evakuierungsanordnung demnach wegen der hohen Strahlung auf diese Gemeinden aus.

Auf die japanischen Steuerzahler kommen unterdessen enorme Kosten für den Wiederaufbau der Tsunami- und Erdbebenregion zu. Das Kabinett von Ministerpräsident Naoto Kan einigte sich auf einen Entwurf für einen Nachtragshaushalt im Volumen von 4,02 Billionen Yen (33,4 Milliarden Euro). Neue Schulden sollen jedoch vermieden werden.

Sperrzone in Kraft getreten

Die Sperrzone um die Atomruine trat um Mitternacht (Ortszeit) in Kraft. Das Gebiet im Umkreis von 20 Kilometer um das zerstörte AKW herum darf jetzt nur noch mit staatlicher Genehmigung betreten werden. Derweil versucht Japan, die Auswirkungen der Katastrophe auf die Wirtschaft einzudämmen. So lässt der Staat ab kommenden Donnerstag seine Überseeschiffe und Container auf radioaktive Strahlen untersuchen, um Befürchtungen im Ausland auszuräumen, wie Transportminister Akihiro Ohata am Freitag sagte.

Hart getroffen von den Folgen des Erdbebens und Tsunami ist auch die Autoindustrie. So rechnet der weltgrößte Autobauer Toyota erst gegen November oder Dezember mit einer Normalisierung der Produktion. Das gab der Konzern am Freitag bekannt. Erst in dieser Woche war die Fertigung an allen Standorten in Japan wieder angelaufen, allerdings vorerst nur mit halber Auslastung. Es fehlen immer noch Teile von Zulieferern. Toyotas eigene Teilewerke fielen ebenfalls vorübergehend aus. Das bremst auch die Produktion im Ausland.

Wiederaufbau vorantreiben

Um den Wiederaufbau voranzutreiben, will die Regierung den Entwurf für den geplanten Nachtragshaushalt am nächsten Donnerstag dem Parlament vorlegen. Der Etat soll voraussichtlich am 2. Mai verabschiedet werden. Damit will der Staat unter anderem die Beseitigung von Trümmern, der Wiederaufbau von Straßen und Häfen sowie die Errichtung von Behelfshäusern finanziert werden, hieß es. Kan erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo, man wolle bis Ende Mai 30.000 vorübergehende Unterkünfte errichten.

Damit nicht neue Staatsanleihen die ohnehin maroden Staatsfinanzen belasten, will die Regierung die geplante Erhöhung des Kindergeldes streichen. Einige Politiker halten allerdings weitere Nachtragshaushalte für erforderlich. Am Ende könnten sich die Kosten auf über 10 Billionen Yen laufen, hieß es.

AKW-Betreiber entschuldigt sich

Unterdessen bot der Chef der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria, bei einem Treffen mit Regierungschef Kan am Freitag in Tokio laut Medien an, Japan bei der Sicherheitsüberprüfung seiner übrigen Atomanlagen mit eigenen Experten zu unterstützen.

Derweil traf der Chef des Atombetreibers Tepco, Masataka Shimizu, mit dem Gouverneur der Provinz Fukushima zusammen, um sich persönlich für den Unfall in dem dortigen Atomkraftwerk zu entschuldigen. Gouverneur Yuhei Sato hatte ihn vorher zweimal mit den Worten abblitzen lassen: „Die Wut und Furcht der Menschen in dieser Provinz hat ihre Grenze erreicht.“

Kaiserpaar spendet Trost

Der japanische Kaiser Akihito reiste am selben Tag mit seiner Frau, Kaiserin Michiko, in die von der Naturkatastrophe betroffene Stadt Kitaibaraki, wie Medien meldeten. Es ist bereits das zweite Mal, dass das Kaiserpaar direkt in das Katastrophengebiet reiste, um den Menschen auch vor Ort Trost zu spenden und Mut zu machen. Auch in Tokio hatte das Monarchenpaar wiederholt Flüchtlinge getroffen.