China will weitreichende Vollmachten für Festnahmen festschreiben. Ursprüngliche Pläne für „heimlichen Hausarrest“ wurden allerdings entschärft. Bürgerrechtler sollen in Zukunft doch nicht über Monate irgendwo festgehalten werden können, ohne dass ihre Familien oder Anwälte davon erfahren. Diese kontroverse Möglichkeit fehlt in dem Entwurf für das neue Strafverfahrensrecht, der am Donnerstag dem Volkskongress in Peking vorgelegt wurde. Ansonsten werden den Sicherheitsorganen aber breite Vollmachten gewährt, Verdächtige bis zu einem halben Jahr irgendwo festzuhalten.
Die Jahrestagung des Volkskongresses ist überschattet von anhaltenden Spekulationen über Turbulenzen in der kommunistischen Partei. Rätselraten löste auf der Sitzung am Donnerstag die Abwesenheit eines Spitzenpolitikers aus, um den sich alle Diskussionen drehen. Als einziges Mitglied des 25-köpfigen Politbüros fehlte der ehrgeizige Parteichef von Chongqing, Bo Xilai, der in die Führung aufrücken wollte. Ein Sprecher seiner Delegation wiegelte nach Angaben der Zeitung „Lianhe Zaobao“ aus Singapur aber ab. Bo Xilai werde sich am Freitag den Fragen von Medien stellen.
„Unter häuslicher Beobachtung“
Die Vorlage des Strafverfahrensrechts war mit Spannung erwartet worden. Auch in den staatlich kontrollierten chinesischen Medien wird es kritisch betrachtet. Das Gesetz erlaubt weiter, Bürgerrechtler „unter häuslicher Beobachtung“ bis zu sechs Monate festzuhalten. Kritiker wie der bekannte Künstler Ai Weiwei, Aktivisten oder Bürgerrechtsanwälte waren besonders im vergangenen Jahr auf diese Weise über Monate im Hausarrest in „Gästehäusern“ oder anderen Einrichtungen der Sicherheitsbehörden verschwunden.
Zumindest auf dem Papier müssten Familien nach der neuen Regelung künftig „wenn möglich“ innerhalb von 24 Stunden über den „Hausarrest“ informiert werden. Bei regulären Festnahmen unter dem politischen Vorwurf der Gefährdung der nationalen Sicherheit oder bei Terrorismusverdacht kann allerdings davon abgesehen werden, wenn die Ermittlungen gefährdet sind. In diesem Fall sollen die Verdächtigen je nach Schwere des vermuteten Verbrechens nicht länger als einen Monat unter Arrest bleiben.
Sollten die Beweise dann noch nicht ausreichen, kann der Festgenommene auch unter «häusliche Beobachtung» gestellt und damit noch länger festgehalten werden, wie aus dem Entwurf hervorgeht. Die ursprüngliche Version, die sogar das heimliche Verschwinden von Bürgerrechtlern in Polizeigewahrsam ohne Unterrichtung der Familien legitimiert hätte, hatte international für Entrüstung gesorgt. Die rund 3000 Delegierten werden den Entwurf voraussichtlich zum Abschluss ihrer Tagung am 14. März annehmen.
De Maart

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