Mittwoch5. November 2025

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Mädchen sollen in die Schule

Mädchen sollen in die Schule

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Was in Westeuropa selbstverständlich ist, ist es in vielen Teilen der Welt nicht. In Afrika werden Mädchen aus Schulen entführt, als Sklavinnen verkauft und zwangsverheiratet.

Was in Westeuropa selbstverständlich ist, ist es in vielen Teilen der Welt nicht. In Afrika werden Mädchen aus Schulen entführt, als Sklavinnen verkauft und zwangsverheiratet. In Asien arbeiten sie schwer körperlich in einem Alter, in dem ihre Altersgenossinnen in Westeuropa in die Schule gehen. Bildung ist in weiten Teilen der Welt für Mädchen ausgeschlossen.

Seit vier Jahren gibt es in Luxemburg die Vereinigung „Toutes à l´école“ (Alle Mädchen in die Schule). Der Verein ist ein Ableger des französischen Vereins. Beide unterhalten in Pnom Phen eine reine Mädchenschule. „Hier“, sagt die französische Nachrichtensprecherin Claire Chazal im Gespräch mit dem Tageblatt, „gehen derzeit 900 Mädchen in den Unterricht. Sie besuchen die Schule zwölf Jahre is zum Abitur.“
Claire Chazal ist die Patin des Vereins und der Bewegung, zu der er sich mittlerweile entwickelt hat. Claire Chazal und eine zweite Frau, Gilberte Beaux, waren die Stars des Abends.

Nachrichtenstar

Die eine, ganz in schwarz gekleidet, mit einem kleinen glitzernen Kreuz, das an einer Silberkette hängt, die eine. Erstaunlich klein, fast zart wirkt der Nachrichtenstar des französischen Fernsehens. Claire Chazal spricht mit ruhiger Stimme. So, wie die Frau insgesamt Ruhe und Selbstverständlichkeit ausstrahlt. Stiftungen und Hilfsvereinigungen, die europaweit tätig sind, stellen völlig unterschiedliches Verhalten fest. „In Luxemburg und in Belgien sind die Menschen offener. Sie sind bereit zu spenden. In Frankreich ist das nicht der Fall. Wir haben in Frankreich eine Zurückhaltung der Menschen gegenüber Spenden. Das einerseits etwas mit der Mentalität zu tun, andererseits auch etwas mit der steuerlichen Behandlung von Spenden. Wir haben hier Rückstand gegenüber anderen Ländern in Europa.“

Provozieren lässt sich die französische Journalistin nicht. Auf die Frage, ob es sie nicht stört, dass sie auch als Journalistin dauernd von Rückständen reden muss, erklärt sie, dass Frankreich schließlich auch große Vorteile habe, man denke nur an den kulturellen Bereich oder an die Literatur. Unbestrittener Star ist sie jedenfalls. Man will Gruppenfotos mit ihr, sich eben neben sie stellen und mit ihr auf einem Familienfoto sein. Claire Chazal strahlt Sympathie aus, die die Menschen anzieht.

Adidas

Der wirkliche, andere Star ist eine alte Dame, 85 Jahre alt, die für Frauen in Europa Wirtschaftsgeschichte geschrieben hat. „Ich habe 1946 als Dactylo angefangen“, erzählt sie im Gespräch mit dem Tageblatt. Sie hat Schritt für Schritt Karriere gemacht. Sie war Bankpräsidenten, Präsidentin einer Erdölgesellschaft und auch die Retterin von Adidas, als sie dort Vorsitzende des Aufsichtsrates war. Das war eine Periode, an die sie heute noch mit großer Leidenschaft zurückdenkt. Als Bernard Tapie feststellte, dass er zwar 80 Prozent des Kapitals einer Gesellschaft in Deutschland besitzen kann, aber damit im Aufsichtsrat überhaupt nichts zu sagen hat, ist es Gilberte Beaux, die ihm den entscheidenden Tipp gibt, weitere 15 Prozent an Adidas von der Metro zu kaufen und damit das Unternehmen dann wirklich zu beherrschen.

Gilberte Beaux zog damals nach Herzogenaurach und brachte sich voll in das Unternehmen ein. „Ich werde nicht vergessen, wie die Menschen dort mitzogen, nachdem sie begriffen hatten, dass ich das Unternehmen retten wollte“, erinnert sie sich. Adidas war sichtlich eine ihrer Lebensleistungen, an die sich gerne erinnert.

Winter

Gilberte Beaux gehört zu den Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Land wieder aufbauten. „Das war schon im Ersten Weltkrieg und auch im Zweiten. Es waren immer die Frauen, die die Aufbauarbeit leisten“, sagt sie. Die elegant gekleidete Dame, die im Jahr drei oder vier Mal nach Luxemburg kommt, war am Nachmittag von Großherzogin Maria Theresa empfangen worden und zeigte sich am Abend noch ganz begeistert vom Charme der ersten Dame Luxemburgs. Gilberte Beaux verbringt einen Teil ihres Lebens in Argentinien, einen anderen Teil in Paris. „Ich bin immer im Winter in den beiden Ländern lächelt sie. Der Winter in Argentinien ist mild, der Sommer unerträglich also verbringe ich den argentinischen Sommer im Pariser Winter.“

Claire Chazal und Gilberte Beaux sind in einer Diskussionsrunde die Aushängeschilder dafür, dass Mädchen es schaffen können. Sie zeigen, dass Frauen heutzutage Wirtschaft und Gesellschaft bestimmen können. Nur eben nicht in unterentwickelten Ländern, wo Mädchen nichts gelten oder in afrikanischen Ländern wo sie geraubt und als Ware betrachtet werden. Oder in asiatischen Ländern, sie nichts gelten. In Luxemburg waren am Mittwoch Abend 300 Frauen aus Wirtschaft und Gesellschaft zusammen gekommen, um Claire Chazal und Gilbert Beaux zuzuhören. Dafür hatte jede von ihnen 100 Euro gespendet. Am Ende waren es 30.000 Euro, die sie für junge Mädchen in Kambodscha zusammengetragen, damit die dort zur Schule gehen können. Noch sind es 900 Mädchen. Im kommenden Jahr werden es 1.000 sein. „Wir nehmen jedes Jahr 100 Mädchen auf“, sagt sie.

Für Männer war der Dienstag Abend im Cercle Cité eine ganz besondere Erfahrung: Sie befanden sich hoffungslos in der Minderheit.