„Flüchtlinge sind keine Kriminelle“

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Nachdem das Parlament bereits im August 2007 dem Bau eines Abschiebezentrums zugestimmt hatte, deponierte der delegierte Immigrationsminister nun den Gesetzentwurf zur Schaffung und Organisation des „Centre de rétention“ im Parlament. Tom Wenandy

Die Schaffung eines „Centre de rétention“, das in der Gemeinde Sandweiler in unmittelbarer Nähe des Flughafens Findel zu einem geschätzten Preis von 11,2 Millionen Euro entstehen soll, war in der Regierungserklärung von 2004 angeregt worden.
Dieses dem Außen- und Einwanderungsministerium unterstehende Zentrum ist sowohl für abgelehnte Asylbewerber als auch für sich illegal in Luxemburg aufhaltende Personen vorgesehen. Die Einrichtung war notwendig geworden, da eine Unterbringung besagter Personen in der latent überbelegten Schrassiger Haftanstalt sowohl aus menschlicher als auch rechtlicher Sicht seit Jahren bereits nicht mehr tragbar war. Diese Tatsache wurde Anfang 2006 durch das Feuer in dem für abgelehnte Asylbewerber reservierten Gefängnisblock und den Tod eines Menschen auf eine traurige Art und Weise belegt.
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf „zur Schaffung und Organisation des ‚Centre de rétention’“ sei, so die Autoren, weitestgehend angelehnt an die menschenrechtlichen Normen und internationalen Prozedur-Empfehlungen. Ein besonderes Augenmerk soll in diesem Zusammenhang auf die Minderjährigen mit oder ohne Erwachsenenbegleitung gerichtet werden. Bei allen Entscheidungen soll das durch die UN-Kinderrechtskonvention definierte Prinzip des „übergeordneten Interesses des Kindes“ Anwendung finden. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hält der Gesetzestext denn auch ausdrücklich fest, dass es sich bei den im „Centre de rétention“ untergebrachten Personen nicht um Kriminelle, sondern um „normale“ Menschen handelt.

Medizinische Versorgung

Dementsprechend sollen sich die Abschiebehäftlinge frei innerhalb des Zentrums bewegen können. In Ausnahmefällen allerdings kann der Direktor – sei es zum Schutz des Insassen selbst oder des Personals bzw. aus Disziplinargründen – Isolationshaft anordnen.
Persönliche Gebrauchsgegenstände können die abzuschiebenden Personen bedingt bei sich behalten, Wertgegenstände und Ausweispapiere werden von der Anstaltsleitung bis zur Abreise aufbewahrt. Auch sieht das Gesetz die unentgeltliche (zahn-)medizinische Versorgung aller Insassen vor.
Eine Arbeitspflicht soll es laut Gesetz im „Centre de rétention“ nicht geben. Allerdings soll den Insassen die Möglichkeit geboten werden, sich an verschiedenen Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten zu beteiligen. Vergütet werden diese Arbeiten mit einem Stundenlohn von maximal fünf Euro. Pro Tag stehen den Insassen zehn Euro Taschengeld zu.
Die Insassen haben das Recht, Post zu empfangen und zu versenden. Sie können zudem frei telefonieren und die zur Verfügung gestellten Fax-Geräte und Computer nutzen. Besuch ist ebenfalls erlaubt. Sportgeräte und eine Bibliothek stehen zur freien Verfügung.
Drei Mahlzeiten, die im Rahmen der Möglichkeiten den kulturellen und religiösen Anschauungen der Insassen Rechnung tragen sollen, werden pro Tag angeboten.
Der Gesetzestext regelt auch die Maßnahmen die die Anstaltsleitung im Fall eines Verstoßes gegen das interne Reglement ergreifen kann.Zur Betreuung der Abschiebehäftlinge sind neben dem Direktor und seinem Stellvertreter Ärzte, Psychologen, Pädagogen, Soziologen sowie Ingenieure vorgesehen. Erzieher, Sozialarbeiter und Krankenpfleger sollen das Team vervollständigen. Die laufenden Kosten des „Centre de rétention“ werden mit fünf Millionen Euro pro Jahr angegeben.
 

Die strukturelle Organisation 
Das „Centre de rétention“ ist in mehrere Einheiten aufgeteilt.
In einer dieser Einheiten gelten verstärkte Sicherheits- und Bewachunsgmaßnahmen. Sie ist den Insassen mit einem „Risikoverhalten“ vorbehalten.
Frauen und Männer werden getrennt voneinander untergebracht. Ausnahmen gelten für verheiratete Paare bzw. für Paare im Sinne des Partnerschaftsgesetzes vom 9. Juli 2004.
Personen oder Familien in Begleitung von M inderjährigen werden ebenfalls in einem separaten Teil des Abschiebezentrums beherbergt. Länger als 72 Stunden darf diese Unterbringung allerdings nicht dauern. Für alle Einheiten kann der Direktor des Zentrums spezifische Betriebsregeln festlegen.