Besser ausbilden, um standfester zu sein

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Seit gestern gibt es in Luxemburg eine neue Schule: Die „Luxembourg School for Commerce“. Ins Leben gerufen wurde sie von der Handelskammer./ Christian Muller, Lucien Montebrusco

Die „Luxembourg School for Commerce“ (LSC) hat gestern ihren Dienst aufgenommen. Sie fasst alle bisherigen Bildungs- und Ausbildungsaktivitäten der Handelskammer zusammen und erweitert das Weiterbildungsangebot. Hierzu gehören die berufliche Erstausbildung, die berufliche Weiterbildung und die Kurse, die zu einem Universitätsabschluss führen. Sie richtet sich an alle Beschäftigten und Unternehmensführer aus Industrie, Finanzen, Gaststättenwesen, Dienstleistung und Transport.
„Heute gründen wir eine Schule für Betriebe und für die Leute, die dort arbeiten“, sagte Fernand Ernster. Als Vertreter der Luxemburger Handelskammer wurde er zum ersten Präsidenten des „Conseil de gouvernance“ der neuen Schule ernannt. „Wegen der Nähe der Handelskammer zu den Unternehmen des Landes haben wir die besten Voraussetzungen, um die Weiterbildung zu organisieren.“

EinQuantensprung

Der heutige Tag sei ein „Quantensprung“ für die Handelskammer. Die Neugestaltung der Bildungstätigkeit sei seit längerem in Vorbereitung gewesen, so Michel Wurth, Präsident der Handelskammer. Gerade ein Land wie Luxemburg, das über keine materiellen Rohstoffe verfügt, „muss auf seine Menschen – und deren Köpfe – setzen“.
Diesem Anspruch will man mit der neuen LSC besser gerecht werden. „Wir wollen die bestmögliche Ausbildung anbieten, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu fördern“, so Wurth. Dazu bietet die LSC eine ganze Palette verschiedenster Kursen an.
Bereits das Gesetz von 1924 schrieb der Handelskammer eine bildungspolitische Aufgabe vor: die Kontrolle und die Organisation der Lehrlingsausbildung in der Industrie.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die berufliche Weiterbildung hinzu. 1989 wurde das Berufsbildungszentrum ins Leben gerufen.
Die bereits bestehende Kooperation zwischen Luxemburger Universität und Handelskammer soll weiter ausgebaut werden. Derzeit bietet die „Luxembourg Business Academy“ nur einen einzigen Masters-Kurs zum Thema Unternehmertum und Innovation an.
Dieser Kurs hat jedoch Vorbildcharakter für die Kammer, denn die Studierenden verbringen sechs Monate an der Universität und sechs Monate bei einem Partnerunternehmen. Und diese Mischung von Theorie und Praxis hat Erfolg. Viele Studierende werden gleich vom Unternehmen eingestellt. Im dritten Jahr seiner Existenz „gibt es bereits zehn Mal mehr Anfragen, um den Kurs zu belegen, als es dort Studienplätze gibt“, so Pierre Gramegna, Direktor der Handelskammer.
Dieses Angebot soll nun mit ähnlichen Lehrgängen weiter ausgebaut werden. Zudem denke die Kammer an spezifische Kurse für Physiker oder Chemiker, die zusätzlich Kenntnisse in Management erwerben wollen.
Die LSC will aber nicht nur mit der Luxemburger Universität kooperieren. Sie will sich alle Möglichkeiten offen halten, um auch mit anderen Instituten und Fachhochschulen kooperieren zu können. Zusammengearbeitet wird mit der privaten, aber staatlich anerkannten Fachhochschule für Ökonomie und Management in Essen und der Sacred Heart University im US-Bundesstaat Connecticut, die eine Zweigstelle in Luxemburg hat.
Den Betrieb der neuen Schule garantieren 20 festangestellte Mitarbeiter. Den Bildungsauftrag übernehmen 180 externe Experte.
In der beruflichen Grundausbildung will die LSC neue Qualitätsstandards setzen. Jährlich kümmert sich die LSC um die Ausbildung von etwa 1.700 Lehrlingen in den Bereichen Industrie, Kommerz, Hotels und Restaurants, sowie Dienstleistungen.
Wer sich berufen fühlt, kann bei der LSC den Beruf des Gastwirts oder des Immobilienmaklers erlernen. Diese Zertifikate sind erfordert, will man in diesen Branchen tätig werden.

NeueQualitätsstandards

Im Bereich Weiterbildung bietet die LSC sowohl ganz generelle Kurse über Steuern, Recht oder Sicherheit auf der Arbeit, als auch sektorspezifische Kurse für Zeitarbeitsfirmen oder Kurse zur Verbesserung der Unternehmenskommunikation an. Diese Kurse können interessierte Mitarbeiter vor Ort, in den Räumlichkeiten der Handelskammer, belegen. „Mehr und mehr werden wir auch Kurse innerhalb der Betriebe anbieten“, sagte Paul Emering, Direktor der neuen Schule. Allein letztes Jahr hatten rund 9.000 Personen Weiterbildungskurse bei der Handelskammer belegt.
Neu ist, dass die Handelskammer in Zukunft die Berufserfahrung der Auszubildenden besser anerkennen will.
Eine weitere Neuerung der LSC sind Kurse zur beruflichen Neuorientierung. Sie werden sich insbesondere an Personen in Kurzarbeit richten. 

3 FRAGEN AN Michel Wurth

Tageblatt: Benötigen die Unternehmen diese neue Schule?
Michel Wurth: „Ja, sie wird benötigt – sowohl von kleinen als auch von großen Betrieben. Wissen entwickelt sich unglaublich schnell, und hier werden Kurse von hohem Niveau angeboten.“
„T“: Werden auch die Mitarbeiter von ArcelorMittal das neue Angebot in Anspruch nehmen?
M.W.: „Einige unserer Mitarbeiter schreiben sich selber hier ein – in ihrer Freizeit. Und das unterstützen wir. Zudem, wenn die Zeit es erlaubt, können Mitarbeiter auch während der Arbeitszeit Kurse belegen. Unsere Mitarbeiter brauchen die bestmögliche Ausbildung.“
„T“: Unterhält ArcelorMittal nicht auch eine eigene Schule in Luxemburg?
M.W.: „Ja. Oftmals haben wir genügend Kandidaten, um selber Kurse anzubieten. Zusätzlich gibt es ein e-learning-Programm für unsere Mitarbeiter. Aber vielleicht werden wir in Zukunft mit der LSC zusammenarbeiten.“
(Michel Wurth ist Präsident der Handelskammer und Generaldirektor von ArcelorMittal)