Lucas Papademos neuer Premier?

Lucas Papademos neuer Premier?
(dpa-Archiv)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

ATHEN - Lucas Papademos soll die Übergangsregierung in Griechenland führen. Nach Medienberichten aus Griechenland ist der 64-Jährige der aussichtsreichte Kandidat für das Regierungsamt.

Wie die Zeitung „Athens News“ auf ihrer Web-Seite am Montagmorgen „exklusiv“ meldete, sollen neben Papademos auch der bisherige Amtsinhaber Papandreou und Oppositionsführer Samaras für die Regierungsspitze im Gespräch gewesen sein. Offiziell wurde noch nicht bestätigt, dass Papademos Chef der Übergangsregierung werden soll.

Der 64-Jährige Banker Papademos soll aber die besten Chancen zum neuen Übergangspremier haben. Jahrelang war er die Nummer zwei der Europäischen Zentralbank hinter Jean-Claude Trichet: Nun soll Lucas Papademos Medienberichten zufolge in seiner Heimat Griechenland als Retter in der Not einspringen und als Chef einer Koalitionsregierung die Zügel fest in die Hand nehmen.

Herkulesaufgabe

Der im In- und Ausland hoch angesehene Finanzfachmann steht vor der Herkules-Aufgabe, das tief gespaltene Land in der wohl schwersten Krise seiner jüngeren Geschichte zu einen und vor dem Chaos zu bewahren. Nach acht Jahren im Direktorium der EZB war Papademos im Mai 2010 ausgeschieden – just zu dem Zeitpunkt, als sich Griechenland unter der Last seiner Schulden in die Arme von IWF und Europäischer Union flüchten musste.

Noch während seines EZB-Mandats hatte der promovierte Wirtschaftswissenschaftler ein Angebot des späteren Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou ausgeschlagen, aus dem Frankfurter EZB-Tower nach Athen zu wechseln. Dort wurde er bereits als Superminister für Wirtschaft und Finanzen gehandelt. Er entschied sich aber, bis zum Ende seiner Amtszeit am Main zu bleiben. Danach diente er Papandreou als Berater, ohne direkt in die Kabinettsdisziplin eingebunden zu sein.

Als Regierungschef muss Papademos aus den Kulissen heraustreten und auf der politischen Bühne die Hauptrolle geben, die ihm bei der EZB nicht vergönnt war: Papandreou hat mit seinem Referendumsvorstoß die Tür für einen Austritt des Landes aus der Euro-Zone einen Spalt weit aufgestoßen und international viel Porzellan zerschlagen. Als früherer Stellvertreter des „Mr Euro“ stellt sich für Papademos wohl weniger in Frage, ob Griechenland unverbrüchlich an der Gemeinschaftswährung festhält oder die Segel in der Euro-Zone streicht. Denn auch die Mehrheit der Griechen möchte die Gemeinschaftswährung behalten. Vielmehr wird es für ihn darum gehen, seine Landsleute davon zu überzeugen, dass es wohl nur mit den von den Euro-Partnern geforderten scharfen Einsparungen eine Chance auf eine mittelfristige Erholung des Landes gibt.

Finanzkrise

Der 64-jährige gebürtige Athener und Ex-Gouverneur der Nationalbank gilt als früher Warner vor der Finanzkrise. Zugleich mahnte Papademos bereits vor Jahren eine stärkere europäische Integration an – eine Forderung, die auch der erst diese Woche aus dem Amt geschiedene EZB-Chef und Karlspreisträger Trichet zuletzt forcierte. Obwohl Papademos als Vizepräsident stets im Schatten des Franzosen an der Spitze der EZB stand und nicht das Scheinwerferlicht suchte, wirkte er hinter den Kulissen umso aktiver mit. Unter seiner Ägide führte die EZB Finanzstabilitätsberichte ein, die zweimal jährlich erscheinen.

Papademos gilt zugleich als „Arbeitstier“ und wird wegen seines scharfen Verstands geschätzt. Den wird der ergraute Finanzfachmann mit den markanten dunklen Augenbrauen in seinem neuen Amt auch brauchen: Papandreou bemühte in seinem Reden mehrfach das Bild der Odyssee, um Griechenlands Kampf gegen die Schuldenkrise zu beschreiben. Papademos muss nun mit der ihm zugeschriebenen Ruhe, Umsicht und Gelassenheit dafür sorgen, dass daraus kein Himmelfahrtskommando wird.

Noch am Montag soll eine Übergangsregierung der eigentlich verfeindeten Sozialdemokraten und Konservativen sowie möglicherweise anderen Parteien gebildet werden, die das Land in den kommenden Monaten aus der Krise führen und vor der Staatspleite bewahren soll.