Letzte Hoffnung für Mladic zerschlagen

Letzte Hoffnung für Mladic zerschlagen
(dpa)

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Der Einspruch des mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic gegen seine Auslieferung an das UN-Tribunal in Den Haag ist vom Gericht abgelehnt worden.

Entgegen den Behauptungen in dem Widerspruch, der Angeklagte sei für einen Prozess gesundheitlich zu schwach, ging das dreiköpfige Richtergremium von der Verhandlungsfähigkeit Mladic‘ aus, hieß es. Mladic, dem unter anderem die Verantwortung für das Massaker von Srebrenica in Bosnien mit rund 8000 Toten angelastet wird, war erst vor wenigen Tagen nach über 15 Jahren auf der Flucht gefasst worden.

Rund 10.000 Serben haben am Dienstag im bosnischen Banja Luka für ihren früheren Militärchef Ratko Mladic demonstriert. In der Hauptstadt der serbischen Landeshälfte Bosniens trugen die Mladic-Anhänger Transparente mit Aufschriften wie „Für uns alle bist Du ein Heiliger“ und „Mladic ist ein serbischer Held“. Alle Serben in Bosnien seien aufgerufen, „die Errungenschaften des vaterländischen Verteidigungskrieges zu bewahren“, sagten die Redner. Das UN-Tribunal in Den Haag, an das Mladic in Kürze ausgeliefert wird, „versucht eine Lügengeschichte zu schreiben, in der nur die Serben Verbrecher sind und die Serbenrepublik als Verbrecherorganisation dargestellt wird“. dpa

Der ehemalige Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic war mehr als 15 Jahre auf der Flucht. Ein Rückblick:
1992-1995: Im bosnischen Bürgerkrieg befehligt der General seine Truppen direkt an der Front. Für die dreijährige Belagerung Sarajevos soll er ebenso verantwortlich sein wie für „ethnische Säuberungen“, die Gräuel in Internierungslagern und die Ermordung von rund 8000 Muslimen in Srebrenica.
Juli 1995: Das UN-Kriegsverbrecher-Tribunal klagt den Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic und General Mladic des Völkermordes an. Im November folgt wegen Srebrenica eine weitere Anklage wegen Völkermordes.
Juli 1996: Das Tribunal erlässt internationale Haftbefehle gegen Karadzic und Mladic.
November 1996: Die Präsidentin der bosnischen Serben, Biljana Plavsic, entlässt den Armeechef Mladic gegen den Widerstand der Militärführung.
Juni 2005: Es wird bekannt, dass Mladic bis 2002 unter dem Schutz der Armee Serbien-Montenegros in Belgrad lebte. Danach sei Mladic spurlos verschwunden.
Februar 2006: Die EU verlangt, dass Belgrad den Ex-General bis April ausliefert. Die Frist verstreicht.
April 2006: Das Parlament von Serbien-Montenegro verabschiedet ein Gesetz, das die Bankkonten und andere Besitztümer aller flüchtigen angeklagten Kriegsverbrecher einfrieren soll.
Mai 2006: Die EU will die Verhandlungen über eine weitere Annäherung Serbiens stoppen, bis Mladic ausgeliefert ist.
Dezember 2008: Die serbische Polizei verstärkt die Suche – unter anderem im Haus von Mladics Sohn Darko.
Februar 2009: Soldaten der EU-Friedenstruppen in Bosnien durchsuchen die Wohnungen von Familienangehörigen des Serbengenerals.
Juni 2010: Mladics Familie beantragt vor Gericht, dass er für tot erklärt wird. Der Chefankläger des UN-Tribunals für Ex-Jugoslawien, Serge Brammertz, verlangt von Serbien, verstärkt zu fahnden.
Oktober 2010: Serbien erhöht die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung führen, von einer Million auf zehn Millionen Euro.
Mai 2011: Serbiens Präsident Boris Tadic teilt mit, dass Mladic verhaftet wurde. Serbiens Justiz gibt grünes Licht für Mladics Auslieferung nach Den Haag. Sein Einspruch wird abgelehnt. (dpa)

Die Auslieferungsunterlagen seien an das Justizministerium weitergeleitet worden, sagte die Sprecherin weiter. Die für eine endgültige Auslieferung noch fehlende Unterschrift von Justizministerin Snezana Malovic ist eine reine Formsache. Damit kann der 69-Jährige in die Niederlande gebracht werden.

Grab der Tochter besucht

Zuvor hatte Mladic das Grab seiner Tochter Anna besucht. Um 6.00 Uhr in der Früh wurde er unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zum Grab auf dem Topcider-Friedhof gebracht. Die damals 24-jährige Medizinstudentin hatte sich im März 1994 mit der Pistole ihres Vaters umgebracht. Nach Medienberichten soll sie aus Gram über ihren Vater gehandelt haben. Mladic selbst hatte immer von Mord gesprochen.

Erwartet wird nach Medienberichten, dass der ehemalige Militärchef der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) bereits in den nächsten Stunden von Belgrad nach Rotterdam geflogen wird. Die Behörden halten den Abflugsort ebenso geheim wie den Zeitpunkt der Abreise.

Radovan Karadzic

Vor drei Jahren war der politische Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, nach einem ganz ähnlichen Verfahren frühmorgens nach Den Haag überstellt worden. Er war mit dem Hubschrauber von seiner Zelle zum Flughafen Belgrad und dann mit einem Regierungsflugzeug in die Niederlande geflogen worden.

Mladic soll für die schwersten Kriegsverbrechen seit 1945 in Europa verantwortlich sein und muss sich wegen Völkermordes vor dem UN-Tribunal verantworten. Unter anderem geht es um die Ermordung von bis zu 8000 muslimischen Männern und Jungen im ostbosnischen Srebrenica im Juli 1995, um Grausamkeiten in Gefangenenlagern, sogenannte ethnische Säuberungen und den jahrelangen Beschuss von Sarajevo mit schweren Waffen, wobei tausende Menschen getötet wurden.

Insgesamt waren im Bosnien-Krieg auf Seiten der Muslime, Kroaten aber auch der Serben insgesamt wenigstens 100.000 namentlich benannte Menschen ums Leben gekommen.