Le Pen wettert gegen Macron

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In der Fleischhalle des Pariser Großmarkts wetterte Marine Le Pen gegen Emmanuel Macron.

Marine Le Pens Konkurrent in der Stichwahl um das französische Präsidentenamt gehöre zu einer „arroganten Kaste, die glaubt, schon gewonnen zu haben“, sagt die Rechtspopulistin am Dienstag bei einem Auftritt zwischen Fleischern. Die französische Presse wirft Macron unterdessen einen „Anfängerfehler“ vor, weil er seinen Erfolg in der ersten Runde bei Austern und Champagner gefeiert hat. Das Rennen um den Elysée-Palast ist noch nicht entschieden.

Le Pen greift Macrons „Austern-Affäre“ genüsslich auf. „Diese Leute bleiben unter sich, sie machen die Politik unter sich aus“, sagt sie über den 39-jährigen Ex-Wirtschaftsminister und früheren Investmentbanker, der am Sonntagabend im teuren Bistrot Rotonde gefeiert hat. „Dieses Abendessen ist Wasser auf die Mühlen für Le Pen“, kritisiert die Zeitung „Le Parisien“. Sie erinnert an Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, der seinen Sieg 2007 in einem der schicksten Restaurants auf den Pariser Champs-Elysées begoss – was seinen Ruf als „Bling-Bling-Präsident“ zementierte.

Macron pausiert noch

Während Le Pen bereits Wahlkampftritte in Serie absolviert, pausiert Macron noch. Er zeigt sich lediglich auf der Gedenkfeier für den bei einem Attentat getöteten Soldaten, so wie auch Le Pen. Erst für Mittwochnachmittag hat der Parteilose seine erste Kundgebung geplant. Das nutzt seine Gegnerin, um die Anhänger der unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchon und François Fillon zu umwerben, die zusammen knapp 40 Prozent der Stimmen geholt haben. Viele dieser Wähler sind vor der zweiten Wahlrunde am 7. Mai unentschlossen.

Vor allem unter den Mélenchon-Anhängern gibt es viele, die sich bei der Stichwahl lieber enthalten wollen als für Macron zu stimmen, der in ihren Augen mit seinen „neoliberalen“ Ansichten die Linke verrät. Mélenchon selbst hat auf eine Wahlempfehlung verzichtet. Auf Twitter zirkulieren zehntausende Botschaften von Macron-Gegnern, die ihrer Wut unter Hashtags wie #JamaisMacron (Niemals Macron) oder #SansMoiLe7Mai (Ohne mich am 7. Mai) Luft machen.

Enthaltungen würden Le Pen begünstigen

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Harris Interactive plant rund jeder dritte Wähler von Mélenchon oder Fillon, am 7. Mai gar nicht zu wählen oder einen ungültigen Stimmzettel abzugeben. Eine hohe Enthaltung aber würde Le Pen begünstigen. Macron profitiert auch nicht von einer „Schockwelle“ wie einst der Konservative Jacques Chirac. Dieser wurde vor 15 Jahren mit gut 82 Prozent der Stimmen zum zweiten Mal in den Elysée-Palast getragen, nachdem Front-national-Gründer Jean-Marie Le Pen es erstmals in eine Stichwahl geschafft hatte. Macron kann gegen dessen Tochter Marine laut Umfragen nur auf rund 60 Prozent der Stimmen hoffen.

Auch Massendemonstrationen gegen den Le-Pen-Clan gibt es anders als 2002 nicht: Damals gingen 1,5 Millionen Menschen auf die Straße. Am Montagabend folgten in Paris nur einige Hundert dem Aufruf antirassistischer Organisationen. Viele Franzosen haben Marine Le Pen offenbar als Teil der politischen Landschaft akzeptiert. Da hilft es Macron nur wenig, wenn der scheidende Staatschef François Hollande eine Wahlempfehlung für ihn ausspricht. Das stärkt nur das Urteil der Macron-Kritiker, er stehe für die Fortsetzung der als bleiern empfundenen Hollande-Jahre.

Auch die überschwänglichen Glückwünsche aus Berlin und Brüssel könnten Macron bei EU-skeptischen Wählern schaden. Ein Vorteil für Le Pen ist zudem der Stichwahl-Termin: Der Tag nach dem 7. Mai ist Feiertag. Viele Franzosen wollen ein langes Wochenende einlegen, was die Wahlbeteiligung nicht fördert. Am 8. Mai feiern die Franzosen die deutsche Kapitulation im Zweiten Weltkrieg.