Kolléisch-Schüler rufen zum Boykott auf

Kolléisch-Schüler rufen zum Boykott auf
(Tageblatt-Archiv/Isabella Finzi)

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LUXEMBURG – Bargeldloses Bezahlen mit der myCard von Restopolis stößt den Schülern des Atheneums sauer auf. Sie wollen selbst entscheiden, wie sie ihr Schulessen bezahlen und rufen deshalb jetzt zum Boykott auf.

„Die Schülervertreter vom Athénée de Luxembourg unterstützen Restopolis nicht.“ Sie rufen alle anderen Schüler vom „Campus Geesseknäppchen“ ab Freitag, dem 9. November, zum Boykott auf. Sie sollen so lange nicht in den Kantinen essen, bis die Verantwortlichen von Restopolis einverstanden sind, die Barzahlung wieder einzuführen. Wer essen möchte, muss derzeit mit Plastikgeld zahlen. Seit Beginn dieses Schuljahrs wird Bargeld nicht mehr akzeptiert.

Der Protest der Schüler hat gute Gründe, sagt Bill Wirtz vom Schülerkomitee gegenüber Tageblatt.lu am Donnerstag. „Die Karte selbst ist nicht so das Problem“, so Wirtz. „Wir haben ein Problem damit, dass die Schüler überhaupt die Wahl genommen bekommen, cash zu bezahlen.“ Die Schüler werden gezwungen, mit der myCard zu bezahlen, es gibt aber auf der anderen Seite Schüler, die gerne bar bezahlen, erklärt Bill Wirtz und gib ein Beispiel: „Wenn (man) in eine Großkantine geht, wie die von „Forum Geesseknäppchen“, gibt es nur eine Kasse, an der Barzahlung möglich ist. An dieser Kasse ist immer eine lange Schlange.“ Deutlicher könnten die Schüler ihren „Willen“ in bar zu zahlen, nicht zeigen, meint der Schülervertreter. Und am Anstehen an der Kasse ändert die Nutzung der myCard dann auch nichts.

Seit der Einführung der Karte 2007 versuchen die Verantwortlichen aus dem Schulministerium das Bezahlen in Bar durch die „unpopuläre Karte“ zu ersetzen, lautet der Vorwurf der Kolléisch-Schüler. Bereits im Schuljahr 2007/2008 boykottierten sie das Bezahlen mit myCard und erfolgreich ein Monopol der Zahlungskarte abgewendet. Die Verantwortlichen von Restopolis haben darauf gesetzt, dass im Laufe der Zeit die Schüler ihre Meinung gegenüber der Kartenzahlung ändern werden. „Jetzt sind die Schüler von damals weg und die Verantwortlichen versuchen jetzt wieder (die Karte einzuführen)“, moniert Bill Wirtz.

Unverstanden und überrumpelt

Die Schüler fühlen sich von Restopolis überrumpelt: Die Ankündigung, nur die Kartenzahlung in der Kantine zu akzeptieren, habe der Kantinenbetreiber Mitte August gemacht. Genau zu dem Zeitpunkt, als noch Schulferien sind. „Die Schüler sind ganz klar überrumpelt worden“, sagt Wirtz. Viele Schüler seien in die Kantine zu Beginn des neuen Schuljahres gegangen und haben eine böse Überraschung erlebt. Münzen und Scheine wurden von jetzt auf gleich nicht mehr angenommen.

Bill Wirtz ist außerdem Schülervertreter bei der nationalen Schülerkonferenz. Auf der nationalen Ebene gab es bereits Treffen mit der Chefin vom Dienst Restopolis, Monique Ludovicy. Doch dort stoßen die Schüler mit ihrer Kritik auf taube Ohren: „Sie (Ludovicy) versteht nicht, warum wir weiterhin bar zahlen wollen“, erklärt Wirtz. Doch mit dem „Diktat“ von Restopolis soll jetzt Schluss sein: Die Schüler wollen in Zukunft nicht mehr von der Barzahlung zu Gunsten der Zahlung mit myCard absehen, heißt es.

Andere Probleme

Bill Wirtz nennt andere Probleme im Zusammenhang mit der myCard-Nutzung. So spricht er von Systemproblemen und abstürzenden Kassen bei Zahlungen mit der Kantinenkarte, die den reibungslosen Ablauf im Schulrestaurant durcheinander bringt. Oder die Kasse erkennt die Karte nicht an, bargeldlos zahlen fällt auch aus – so kann es passieren, dass die Mittagspause vorbei ist und die Schüler ohne Essen wieder in den Unterricht gehen, berichtet Bill Wirtz.
„Außerdem fällt uns auf, dass an einigen Tagen viel Essen weggeworfen wird, an anderen ist nicht genügend für alle da.“ Auch für Vegetarier ist das Angebot sehr begrenzt. So bleibe ihnen oft nur die Möglichkeit eine Pizza zu essen, während „man im Unterricht über gesunde Ernährung und sinnvollen Umgang mit Essen lernt“, so Wirtz.

Wenn das schon nicht genug ist, berichtet Bill Wirtz über einen anderen kuriosen Fall. Ein Lehrer hat vor seinem Ausflug die eigene Kantinenkarte einem Schüler gegeben, mit dem Auftrag belegte Brötchen für die Klasse aus dem Schulrestaurant zu kaufen. Der Schüler kam mit leeren Händen zurück. „Wenn Sie nicht der Besitzer der Karte sind, kann es passieren, dass Sie nichts in der Kantine bekommen“, erklärt Wirtz nüchtern. Der besagte Lehrer besorgte schließlich selbst die Brötchen mit der Folge, dass seine Kantinenkarte kurz darauf gesperrt wurde. Die Begründung vom Unterrichtsministerium: Man habe die Kartenabrechnung des Lehrers überprüft. Er hätte verdächtig viele Brötchen für eine Person bestellt. Deshalb wurde seine Karte präventiv gesperrt.

Solche Ungereimtheiten, die ewig langen Schlangen, die spärlich besetzten Kassen, um Personal zu sparen – all das bringt die Schüler zu ihrem angekündigten Protest.

myCard dient nicht nicht als Bezahlmittel in der Kantine. Sie ist ebenfalls Schülerausweis und Fahrkarte für den Schulweg.

Erklärungen

Monique Ludovicy von Restopolis erklärte gegenüber dem Tageblatt, dass die Karte 2007 aus drei Gründen eingeführt wurde: „Die Kantinen sind ein stark subventioniertes Angebot. Und wir haben festgestellt, dass das von Leuten genutzt wurde, die kein Recht darauf haben und trotzdem billig zu einem Mittagessen kamen. Wichtig ist auch, dass es so ganz schnell an der Kasse vorangeht, weil man vorher die Konten auffüllen kann, online oder an jeder x-beliebigen Kasse. Wenn man cash sein Geld zusammenkratzt, kann das länger dauern. Die Mittagspausen sind aber nicht so lang. Daher muss es schnell vorangehen. Der dritte Punkt ist, dass wir so wenig Bargeld wie möglich in den Schulen haben wollen.“ Sie nennt u.a. das Stichwort „Racketing“.

Andere Schulen hätten vor Jahren schon ein ähnliches System eingeführt, so Ludovicy. Weil das aber auf dem Geesseknäppchen nicht so war, sollte es dort eine Art Eingewöhnungsphase geben. is Juli 2012 hätten 12 Prozent aller Kantinennutzer die Möglichkeit zur Barzahlung gehabt. Genutzt haben die 6 Prozent. Beim Karten-System besteht zudem der Vorteil, dass Eltern – im Falle einer Online-Aufstockung des Kontos – sicher gehen können, dass das Essensgeld tatsächlich auch als solches verwendet wird. Auch ein Argument für die endgültige Einführung auf dem Geesseknäppchen war die Renovierung des Athénée, wo das Schulrestaurant wegfällt. Daher rechnet man im „Forum“ mit einem größeren Andrang. Seit 2007 habe es keine großen Reklamationen gegeben, betont Monique Ludovicy.

Im Athénée nutzen verhältnismäßig wenig Schüler die Kantine. Im Durchschnitt sind es 100 von 1.600 Schülern, macht 6,5 Prozent. Das ist der kleinste Wert im Land, so Ludovicy. Der Landesdurchschnitt liegt bei 19 Prozent.