KI und Kreativität: der Fall Aiva

KI und Kreativität: der Fall Aiva
(David Ebener)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Unser Kulturchef Jeff Schinker macht sich Gedanken über die KI-Bestellung zum Nationalfeiertag. Benutzt Xavier Bettel die Kunst nur als Alibi zum Nation Branding?

Kulturminister Xavier Bettel hat auf die Parlamentsfrage der Abgeordneten Octavie Modert bezüglich des Auftrags einer musikalischen Komposition für den Nationalfeiertag 2017 reagiert. Die Entscheidung des Kulturministeriums, die luxemburgische Start-up Aiva mit dieser Mission zu beauftragen, sorgte für Aufruhr, da somit eine künstliche Intelligenz die „Opus 23“ betitelte Komposition generierte – die anschließend vom OPL und einem Chor gespielt werden soll.

Vor allem die FLAC („Fédération luxembourgeoise des auteurs-compositeurs“) hatte diese Wahl in einem offenen Brief an den Kulturminister bedauert.

Daraufhin hatte man präzisiert, dass die Komposition lediglich im Vorprogramm der Zeremonie gespielt werden soll – was der Kulturminister in seiner Antwort bestätigt.
Des Weiteren sieht Kulturminister Xavier Bettel diese Wahl als optimale Gelegenheit, den kreativen Reichtum Luxemburgs sowohl im kulturellen als auch im technologischen Bereich aufzuzeigen. Auch dieses Jahr wäre den luxemburgischen Schaffungen ein wichtiger Platz gewährleistet, wie u.a. eine Komposition von Pascal Schumacher zeigen würde. Die Anzahl der Aufträge an musikalischen Werken würde außerdem seit 2012 stets steigen – obschon eine Tabelle zeigt, dass die Anzahl von 2015 auf 2016 zur Hälfte reduziert wurde.

Mensch und Technik

Das Verzahnen von Mensch und Technik hat im Bereich der Musik seit langem nichts Schockierendes mehr – spätestens seit dem Aufkommen von Synthies, Effektgeräten und Drum-Machines steht die Technik im Gegensatz für das Erweitern der kompositorischen Klangwelten, die Künstler schaffen können.

Wird aber nun die Situation umgekehrt – der Mensch soll im Schatten der Technologie stehen und nicht umgekehrt – hagelt es Protestrufe. Man fühlt sich an all diese Science-Fiction-Romane erinnert, in denen die von Menschenhand erschaffene Technologie sich gegen ihren Schöpfer wendet. Im Endeffekt steht hier am Anfang und am Ende des kreativen Prozesses immer noch der Mensch – die Leute von Aiva und die Musiker, die das Stück spielen werden.

Die Wahl, „Opus 23“ nun ins Vorprogramm zu nehmen, wirkt wie ein Kompromiss. In der Aussage des Kulturministers, man wolle sowohl technologische Innovation als auch Kultur fördern, scheint der Wille, es so vielen Leuten wie möglich gerecht zu machen, durch. Neue Technologien, Kultur – vielleicht kann man nächstes Jahr dann auch noch eine Luxemburger Köchin dazu auffordern, im Rhythmus des Songs eine Luxemburger Grillwurst zu braten.

Somit hätte man dann auch ehrlicher eingestanden, dass die Kunst wiederum nur als Alibi fürs Nation Branding dahinhalten soll. Die Verweigerungshaltung der FLAC wirkt hier aber auch ängstlich und konservativ – man spürt, wie hier Institutionen um ihre Privilegien zu bangen scheinen. Und die eigentliche Qualität der Komposition – die wird in den rhetorischen Streitgesprächen wohl untergehen.