(K)ein denkwürdiger Tag

(K)ein denkwürdiger Tag
(Thomas Frey/dpa)

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Was macht einen Tag unvergesslich? Vielleicht ist es ein Besuch im Zoo, in einem Freizeitpark oder die Karte für ein Konzert der Lieblings-Band. An letzteres dachten sicherlich viele mit Freude, als sie endlich ihr Ticket für die amerikanisch Hardcore-Band „A Day To Remember“ in den Händen hielten.

Doch was letztendlich im Atelier abgeliefert wird, wollten viele der Besucher sicherlich lieber wieder mit Alkohol aus den Köpfen spülen.

Dabei stimmten die Grundvoraussetzungen für einen unvergesslichen Abend doch eigentlich. Die Sonne lachte noch tatkräftig, während sich der mal wieder gefühlt heißestes Tag des Jahres, so langsam dem Ende neigte. Sehr viele sind gekommen, manche mit Freunden, mit ihren Eltern oder dem Partner. Klar, denn an so einem unvergesslichen Ereignis scharrt man doch am liebsten so viele nahe stehenden Personen um sich, wie es nur geht. Doch unverhofft kommt ja bekanntlich oft, wie sich bald herausstellen sollte.

Ballspiel im Atelier

Kurz vor Beginn des Spektakels wird es erst mal richtig kuschelig im Atelier, denn bei sehr vielen Menschen in einem Saal und gefühlt 90 Grad Celsius Innentemperatur, ist das Erlebnis doch gleich noch viel schöner. Der Start war geplant um 20.30 Uhr. Letztendlich Los ging es dann um 20.40 Uhr. Ganz wichtig: Bitte diese Uhrzeit genau merken. Die Bühne wird dunkel, man hört verheißungsvolle Musik, das Publikum kreischt vor Freude das halbe Atelier zusammen und dann geht es los. Es geht los? „Ich glaub es geht los!“

Die Band stürmt auf die Bühne, setzt zum ersten Lied mit dem Namen „All I Want“ an und enttäuscht einfach nur komplett. Sänger Jeremy McKinnon hält ein Mikrofon in der Hand und ist auch sichtlich damit beschäftigt in dieses hinein zu grölen, doch akustisch klingt das Ganze wie ein einziges Desaster. Die Stimme kommt kaum durch und es wirkt als würde der Frontmann bei jedem zweiten Satz einen Großteil der Wörter verschlucken, anstatt sie auszusprechen.

Konnten nicht überzeugen

Ein Glück für ihn, dass das Publikum stimmlich stärker und sicherer ist, um ihn zuverlässig bei seinem Job zu unterstützen. Hierbei gehen kleinere Textpassagen der anderen Bandmitglieder in der vollkommenen Unhörbarkeit unter. Schade, denn auf Aufnahmen ist diese Band wirklich den Kauf von Tonträgern wert. Eigentlich wartet eine Mischung aus alten sowie neuen Songs der Band auf das Publikum, dabei variieren sie musikalisch zwischen grobem Hardcore mit vereinzelt langsamen Liedern wie zum Beispiel mit „Have Faith in Me“. Beide Extreme konnten in der Umsetzung nicht wirklich überzeugen.

Womöglich um die musikalischen Mängel auszugleichen, warfen die Roadies der Band mehrere kleine und große aufblasbare Bälle in die Menge und machten so den Kindergeburtstag mit Gesangsübungen perfekt. Später wurden auch noch Luftschlangen und Toilettenpapier zur allgemeinen Enttäuschung gereicht. Bemerkenswert ist hierbei aber die Tatsache, dass sich die Massen die Stimmung nicht vermiesen ließen. Denn man weiß ja, dass „A Day To Remember“ auf Platte ganz ordentlich ist, also kann man ja, trotz schlechtem Live Konzert, im Circle Pit dazu abgehen.

Sein Geld nicht wert

Doch irgendwann kommt dann doch noch ein Lichtblick ins finstere Tal aus Bällen, Klopapier und Circle Pits der Verzweiflung. Beim Song „We got this“ aus dem neuen Album Bad Vibrations der Band, scheint das Eis doch zu brechen, um dann leider im darauffolgenden Lied wieder umso mehr zu gefrieren. Da hilft es auch nichts mehr, dass die Band beginnt unzählige Gratis T-Shirts in die Menge zu befördern. Es sind nun 45 Minuten vergangen, in der man ein tolles Publikum zu einer schlechten Band abgehen sieht, als der Frontmann sich doch ernsthaft erdreistet zu sagen, dass nun noch zwei Songs folgen, damit die Fans auch wirklich alles für ihr Geld bekommen haben und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt erst neun Lieder gespielt wurden.

Das erste Lied geht vorbei, wieder schlecht performed aber von den Fans gefeiert. Beim zweiten Song natürlich das gleiche Spiel. Danach verlässt die Band die Bühne, doch die Hoffnung scheint noch nicht verloren oder doch? Es bleibt erst einmal dunkel im Saal, aber wirklich nur um das Publikum zu necken. Denn kurz darauf ist es wirklich vorbei: Licht an, Klappe zu, Affe tot. Dabei ist es erst 21.35 Uhr. Wie bereits zu Beginn der Show, denkt man sich erneut: „Ich glaub es geht los!“. Die Fans verlassen sichtlich enttäuscht und wütend das Atelier. Auf Nachfrage bei einigen Besuchern findet man heraus, dass diese zum großen Teil fassungslos sind und ihren Frust noch in einem Abschlussbier ertränken, damit sich der nicht unerhebliche Preis für ein Ticket überhaupt gelohnt hat.

Besser als nichts

Was letztendlich bleibt ist die Frage, ob dies ein denkwürdiger Tag beziehungsweise Abend gewesen ist? Im Fall des „A Day To Remember“ -Konzertes ist dies sicherlich Ansichtssache. Unvergesslich bleibt auf jeden Fall, das trotz der miesen Darbietung abgehende Publikum sowie die Buh-Rufe und Pfiffe am Ende eines nur 55 minütigen Konzertes. Was man jedoch vergessen sollte, ist der hohe Ticketpreis und die schlechte musikalische Darbietung mit fliegendem Toilettenpapier.