MigrationUmstrittener Milliarden-Deal mit dem Libanon

Migration / Umstrittener Milliarden-Deal mit dem Libanon
Der libanesische Premierminister Najib Mikati (M.) mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides  Foto: Joseph Eid/AFP

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ein Migrationsabkommen mit dem Libanon im Umfang von einer Milliarde Euro angekündigt. Von der Leyen erklärte am Donnerstag bei einem Besuch in der libanesischen Hauptstadt Beirut, das Geld sei unter anderem für den Grenzschutz und zur Rückführung syrischer Flüchtlinge vorgesehen. Menschenrechtler übten scharfe Kritik an den Plänen.

Die eine Milliarde Euro steht nach von der Leyens Angaben für den Zeitraum 2024 bis 2027 zur Verfügung. Die Mittel würden „den Menschen im Libanon dringend benötigte Hilfe bringen und zur Sicherheit und Stabilität des Landes beitragen“, erklärte die Kommissionschefin. Die EU zähle im Gegenzug auf den Kooperationswillen des Libanon, „um illegale Migration zu verhindern und das Schleusen von Migranten zu bekämpfen“, sagte sie bei dem gemeinsamen Auftritt mit dem libanesischen Regierungschef Nadschib Mikati in Beirut.

Sie setze zugleich auf Programme für eine „freiwillige Rückkehr“ von Menschen nach Syrien, betonte von der Leyen weiter. Nach ihren Worten ist dafür eine Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) geplant.

Im Libanon mit seinen rund 5,5 Millionen Einwohnern halten sich nach Regierungsangaben derzeit fast zwei Millionen Syrer auf. Rund 785.000 der Migranten sind demnach vom UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR anerkannt.

Laut einer EU-Mitteilung sind die Finanzmittel für den Libanon für die Ausrüstung und Ausbildung der libanesischen Armee und anderer Sicherheitskräfte vorgesehen. Schwerpunkte sind der Grenzschutz und den Kampf gegen Schleuser. Daneben will die EU Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen finanzieren, auch für Geflüchtete. Zudem soll es Anreize für Wirtschafts-, Finanz- und Bankenreformen im Libanon geben, die der Internationale Währungsfonds (IWF) im Gegenzug für Kredite fordert.

Teile Syriens für „sicher“ erklären

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte den Migrationspakt scharf. „Die libanesische Armee führt illegale Abschiebungen durch“, warnte die Organisation im Onlinedienst X. In Syrien sei zudem „niemand sicher“.

Von der Leyen wurde in Beirut von Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis begleitet. Dieser sprach von einem „historischen Tag“. Der Christdemokrat hatte zuvor die Einschätzung geäußert, die Mittelmeerinsel könne nicht noch mehr syrische Flüchtlinge aus dem Libanon aufnehmen. In der EU gibt es Überlegungen, Teile Syriens für „sicher“ zu erklären, um Geflüchtete dorthin abschieben zu können. Neben dem Zyprer Christodoulidis hatte sich kürzlich Österreichs Innenminister Gerhard Karner von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) dafür ausgesprochen. Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Syrien haben Menschen aus dem Land bisher in der Regel sehr gute Chancen, Asyl in Europa zu erhalten.

Im März hatte die EU bereits ein 7,4 Milliarden Euro schweres Partnerschaftsabkommen mit Ägypten geschlossen. Dafür soll Kairo die Migration in Richtung Europa eindämmen. Vorbilder sind Migrations- und Wirtschaftsabkommen mit der Türkei sowie Tunesien und Mauretanien. Flüchtlingsorganisationen üben immer wieder scharfe Kritik an den Abkommen und Menschenrechtsverstößen in den Drittländern.