„Hände sollen schützen, nicht schlagen“

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Am Montag stellte das ORK seinen jetzt schon 9. Jahresbericht bezüglich der Situation der Kinderrechte in Luxemburg vor: Unter dem Moto „Les mains devraient protéger, pas frapper“ werden 95 Seiten mit erschreckenden Fakten präsentiert.

Aurélie, acht Jahre alt, hat Schwierigkeiten, sich sprachlich korrekt auszudrücken, und besucht deshalb eine Sonderschule („Education différenciée“). Obwohl sie mental zurückgeblieben ist, kennt sie sehr wohl ihren Tagesablauf. Vor jedem Freitag hat sie Angst; es ist der Tag, an dem sie nicht mit dem Bus nach Hause fährt, sondern abgeholt wird, da ihre Mutter am Wochenende arbeitet. Sie klammert sich an ihre Lehrerin und sagt ihr, sie fahre nicht gerne so weit in einem Auto. Sie erzählt, sie müsse in einem Haus bleiben, „wo es sehr dunkel ist und man ihr wehtut“. Das gesamte Gebaren zeige ihren Schrecken, den sie jedoch nicht in Worte fassen könne, schreibt das ORK. Für die Polizei sei das jedoch nicht ausreichend, um eine Untersuchung einzuleiten, zudem die Mutter Aurélies behaupte, das Mädchen übertreibe.

Eingehender als jede psychologische Analyse führen uns solche Beispiele die täglichen Schrecken und Misshandlungen vieler Kinder vor Augen. Als ob die Taten nicht erschreckend genug wären, muss das ORK oft feststellen, dass den verantwortlichen Stellen oft die Hände gebunden sind, wenn es darum geht, den Kindern zu helfen.

Angst

Laut ORK wird nur ein sehr kleiner Teil der Gewaltakte, die an Kindern verübt werden, den Autoritäten gemeldet und ziehen Untersuchungen nach sich. Darüber hinaus sei es stets schwierig, Zeugen zu finden; die Schuldigen würden selten strafrechtlich verfolgt. Die Gründe hierfür seien vielfältig. Einerseits können sich Kleinkinder nicht wehren und wissen nicht, dass die von ihnen erlebte Gewaltsituation nicht zu ihrem Leben gehören muss.

Kinder, die alt genug sind, darüber zu reden, täten dies jedoch nicht aus Angst vor Repressalien und glauben oft, es würde die Situation verschlimmern, wenn sie sich an eine öffentliche Stelle wenden. Darüber hinaus sei es in Fällen von sexuellem Missbrauch extrem schwierig, eine Misshandlung nachzuweisen.

Zehn Vorschläge

Obwohl Luxemburg laut ORK zu den 29 (!) Ländern weltweit gehört, in denen Prügelstrafen für Kinder verboten sind, bleibe noch einiges zu tun.

Das ORK macht zehn Vorschläge, wie die Situation hierzulande verbessert werden könnte. Dem Familienministerium etwa wird geraten, die Aufnahmekapazitäten für behinderte Kinder sowie die Hilfen an deren Familien zu erhöhen.

Fingerspitzengefühl gefordert

Das ORK erinnert z.B. die Polizeidirektion an einige Vorschriften, wenn ein Kind durch richterlichen Beschluss in eine Aufnahmestruktur überwiesen wird. So sollten Polizisten nicht in Uniform erscheinen, wenn sie den Kindern das Bild des Beschützers vermitteln wollen. Gewaltbereite Erwachsene könnten vor den Augen des Kindes Widerstand leisten.

Kinder sollten auch nicht mitten aus dem Schulunterricht herausgerissen werde. Besser sei es, den Schulleiter zu informieren, und das Kind diskret nach dem Unterricht abzuholen; ein Kind in einer solchen Lage sei verstört genug. So würde vermieden, dass andere Kinder Zeugen dieser Szene würden.