Geteiltes Echo auf königliche Reformpläne

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Marokkos König legt eine neue Verfassung vor, mit der er seine eigene Macht beschneiden will. Bei einem Teil des Volks kommt das gut an. Die Demokratiebewegung aber befürchtet eine Maskerade.

Vor knapp vier Monaten schwappte die Welle der Demokratie in der Arabischen Welt über die Grenze nach Marokko. Nun will König Mohammed VI. einen Teil seiner umfassenden Machtbefugnisse abgeben. Tausende Marokkaner feierten am Samstag auf den Straßen mit Hupen und Bildern des Monarchen die angekündigten Reformen. Die sehen Mitglieder der sogenannten Protestbewegung des 20. Februar allerdings septisch. Sie wittern in erster Linie einen kosmetischen Akt, der das Regime stärken soll.

König Mohammed hatte die Verfassungsreform bereits im März nach Demonstrationen für mehr Demokratie angekündigt. Eine Kommission erarbeitete den Entwurf unter Beteiligung der politischen Parteien, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und anderen Vertretern der Gesellschaft.

Halb-mythischer Status

Demnach will der 47-jährige König seinen Status als geistliches Oberhaupt aller Marokkaner aufgeben, wie er am Freitagabend in einer Fernsehansprache erklärte. Der halb-mythische Status als angeblicher Nachkomme des Propheten Mohammed hatte ihm ebenso viel Popularität eingebracht wie seine Bemühungen, die Armut im Land zu verringern.

Der König soll jedoch weiter als „unantastbar“ gelten und Führer der marokkanischen Muslime sowie Oberbefehlshaber der Streitkräfte bleiben. Künftig muss er den Premierminister aus der Partei ernennen, die bei Wahlen die meisten Sitze erhalten hat; bislang konnte er den Regierungschef nach Gutdünken bestimmen. Zugleich erhält der Premier mehr Befugnisse wie das Recht, Minister zu entlassen.

Der Monarch rief die Bürger des Landes auf, der neuen Verfassung in einem Referendum am 1. Juli zuzustimmen. Es wäre die sechste Verfassungsreform in Marokko seit der Unabhängigkeit des Landes von Frankreich 1956. Aber die erste, die vom Volk gestaltet wurde, wie Mohammed in der Fernsehansprache betonte.

„Der Monarch bleibt die zentrale Achse“

Ministerpräsident Abbas al-Fassi begrüßte die Reformpläne, die weitergingen als jene der politischen Parteien. Die Presse bewertete die Pläne weitgehend als Stärkung der Befugnisse von Regierung und Parlament, ohne Marokko zu einer parlamentarischen Monarchie im britischen oder spanischen Stil zu machen. „Der Monarch bleibt die zentrale Achse des Regimes“, schrieb die Tageszeitung „L’Opinion“.

Die meisten kritischen Stimmen wurden im Internet veröffentlicht. Mitglieder der 20.-Februar-Bewegung, benannt nach dem Tag der ersten Proteste für mehr Demokratie in Marokko, forderten die Bürger auf, gegen die Reform zu stimmen. Diese „stärke bloß das Regime“, schrieb ein Aktivist namens Abdellah Douradi.

In den vergangenen Wochen war es in Marokko bei Protesten vermehrt auch zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen, bei denen Dutzende Menschen verletzt wurden. Die Demonstranten fordern mehr Demokratie, Arbeitsplätze und eine Verbesserung der Lebensumstände. Die Monarchie stellten sie bislang aber nicht infrage.