„Gerechteste Steuerreform, die je gemacht wurde“

„Gerechteste Steuerreform, die je gemacht wurde“
(Tageblatt/Jean-Claude Ernst)

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Im Tageblatt-Interview: Finanzminister Pierre Gramegna ist zufrieden mit der geleisteten Arbeit in puncto Budget und Steuerreform.

Jedes Jahr am 1. Januar tritt das neue Gesetz zum jeweiligen Staatshaushalt (Link) in Kraft. Oft als das wichtigste und „teuerste“ Gesetz des Jahres bezeichnet. Am 1. Januar 2017 tritt ein weiteres wichtiges und „teures“ Gesetz in Kraft: die Steuerreform der Dreier-Koalition. Zuständig ist in beiden Fällen der Finanzminister. Wir haben uns mit Pierre Gramegna (DP) unterhalten. Hier einige Auszüge.

Tageblatt: Zahlen sollen bekanntlich nicht lügen. Wieso gibt es trotzdem jährlich unterschiedlichste und total gegensätzliche Lesarten des Staatshaushalts?

Pierre Gramegna: Seit Jahren werden die Wachstumszahlen in Frage gestellt. Die Regierung hat sich hier eine einfache Linie gegeben: Wir nehmen die Zahlen so, wie das Statec sie liefert. Das nationale Statistikamt ist in Luxemburg unabhängig, auch auf EU-Ebene. Das griechische Statistikamt war nicht unabhängig; zu was das führen kann, hat man gesehen. Klammer zu.

Dazu kommt: In den letzten Jahren wurden Wachstumszahlen oft nach oben korrigiert. Woran sich also die Geister scheiden, ist die Voraussage, die sich aus den Zahlen ergibt. Es gibt halt Optimisten und Pessimisten. Die Wirtschaftslehre ist keine „science exacte“. Ein Krieg oder eine anders geartete Krise reicht, um alle Prognosen über den Haufen zu werfen.

Zu dem Thema möchte ich außerdem anfügen: Wenn man sonst keine Kritikpunkte findet, hat man die Tendenz, auf den Wachstumszahlen herumzureiten. Obwohl das nicht viel bringt. Besser wäre, sich mit Zweck und Zielen eines Staatshaushalts auseinanderzusetzen.

(…)

Das Defizit des Zentralstaats erklären Sie mit hohen Investitionen, andere mit den Auswirkungen der Steuerreform. Liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte?

Das Defizit ist die bewusste Entscheidung dieser Regierung. Weil wir es geschafft haben, 2014, 2015 und 2016 ins budgetäre Gleichgewicht zu kommen. Das war die Periode der Sanierung der Staatsfinanzen. Wir haben in diesem Zeitraum auch keine Anleihe gemacht; außer dem Sukkuk, der nötig war zur Diversifizierung des Standorts. Trotzdem waren auch in diesen drei Jahren die Investitionen bereits hoch.

Für 2017 stehen wir also nun mit einer neuen Ausgangslage da. Die Maßnahmen greifen. Wir haben Spielraum für die Steuerreform und steigern die Investitionsausgaben weiter. Wiederum eine bewusste Entscheidung der Regierung. Beides zusammen erklärt das Defizit.

In einem Satz: Wir hätten 2017 mit 0 Defizit dastehen können. Ohne Steuerreform und mit 500 Millionen Euro an Investitionen weniger. Letztere brauchen wir aber, um die Lebensqualität zu erhöhen, in Mobilität zu investieren, Schulen zu bauen etc. Die Steuerreform brauchen wir, um die Kaufkraft zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten.

(…)

Oft kritisiert in puncto Steuerreform: Noch mehr soziale Gerechtigkeit wäre möglich gewesen. Was entgegnen Sie dieser Kritik?

Man muss zunächst anerkennen: Es ist die gerechteste Steuerreform, die je gemacht wurde.

Wenn man sozial selektiv vorgeht, sagen die Privatpersonen, es müsste noch sozialer sein. Setzt man die Betriebssteuer runter, sagen die Unternehmen, man müsste sie noch mehr senken. Für beide Bereich gilt: Die Maßnahmen erfolgen im Rahmen dessen, was das Volumen des Budgets hergibt.

Grob zusammengefasst, kommen zwei Drittel der Erleichterungen den Privatpersonen zugute und ein Drittel den Unternehmen.

(…)

Der CNFP („Conseil national des finances publiques“) kritisiert u.a. fehlende „budgetäre Ambitionen“, indem die Regierung das „Objectif à moyen terme“ (OMT) gemäß EU-Regeln von +0,5% beim „solde structurel“ auf -0,5% herabsetzte. Auch „bloß“ eine Frage der Regelauslegung?

Die Position der Regierung, was das OMT angeht, ist kristallklar: Wir respektieren das, was die EU sagt. Die Empfehlung der Kommission für Luxemburg im Moment ist: -0,5%.

In der Realität versuchen wir, darüber zu bleiben. 2017 würden wir bei +0,4% liegen, also deutlich über dem Ziel. Wir haben ambitiösere Ziele in der Realität, wollen diese aber nicht rechtlich bindend angeben gegenüber der EU. Denn dann werden wir auch daran gemessen. Das wäre eine Einschränkung der Luxemburger Souveränität, und das wollen wir nicht. Wir sind also ambitiös, wollen uns aber nicht legal an etwas binden, das wäre nicht gut.

Das ganze Interview lesen Sie in der Tageblatt-Ausgabe vom 25. November (Print und Epaper).