Dienstag4. November 2025

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Frankreich im Wahlkampf

Frankreich im  Wahlkampf
(dpa)

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Vom gesponserten Luxus-Urlaub bis zur Affäre um die Wahlkampffinanzierung: Was anderenorts Politiker untragbar macht, ist in Frankreich kein großes Problem. Der aktuelle Wahlkampf macht dies mal wieder deutlich.

Ein bisschen Reue und sonst nichts: Frankreichs affärenerprobter Präsident Nicolas Sarkozy kämpft seit eineinhalb Wochen munter um eine zweite Amtszeit. Dass seine Skandal-Liste die Eskapaden anderer europäischer Politiker blass aussehen lässt, regt in Frankreich kaum jemanden auf. Wer dort erzählt, wie es zum Beispiel zum Rücktritt von dem deutschen Bundespräsidenten kam, erntet nur ungläubige Blicke. Unglaublich, kommentieren Franzosen.

Warum dies so ist, wird bei einem Blick auf die Präsidenten der vergangenen 30 Jahre schnell deutlich. Der Sozialist François Mitterrand (1981-1995) ging als Staatschef jahrelang fremd und verheimlichte eine uneheliche Tochter. Seine „Nebenfrau“ quartierte er auf Steuerzahlerkosten in seinem Amtssitz ein. Mitterrands Nachfolger Jacques Chirac wurde bereits Ende der 90er Jahre vorgeworfen, in seiner Zeit als Bürgermeister von Paris Parteifreunden Gefälligkeitsjobs zugeschustert zu haben.

Ohne Konsequenzen

Der Neogaullist saß die Affäre allerdings mühelos aus und blieb bis 2007 im Amt. Erst als Chirac als Privatmann keine Immunität mehr genoss, leitete die Justiz ein Ermittlungsverfahren ein. Ein Gericht verurteilte ihn vor kurzem wegen Untreue und Unterschlagung öffentlicher Gelder zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Eine Premiere in Frankreich, die aber Chiracs Popularität kaum schadete. Etliche Franzosen kritisierten das Urteil sogar als moralisch verwerflich. Chirac habe schließlich Großes für das Land geleistet und sei mittlerweile schwer krank, lautete die Begründung.

Auch der amtierende Staatschef Sarkozy sorgte schon wenige Stunden nach seiner Wahl für den ersten kleinen Skandal, als er in dem Glamour-Restaurant Fouquet’s im Kreise milliardenschwerer Unternehmer feierte. Kurz nach der Party flog Sarkozy mit dem Privatjet des schwerreichen Geschäftsmannes Vincent Bolloré nach Malta, um auf dessen Privatjacht ein paar Tage auszuspannen. Im ägyptischen Scharm el Scheich residierte er in der Privatvilla des Scheichs von Abu Dhabi. Weitere fremdfinanzierte Urlaube in Wolfeboro (USA) und Mexiko folgten.

Reichen-Präsident

Böse Zungen in Frankreich behaupten unterdessen sogar, dass Präsident Sarkozy mit einer Wiederwahl auch möglichen juristischen Ärger hinauszögern will. Bereits seit 2009 gibt es den Vorwurf, dass er seinen Wahlkampf 2007 mit illegalen Geldern aus dem Hause der Multimilliardärin und L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt finanziert haben könnte. Gegen einen Vertrauten Sarkozys läuft deswegen bereits ein Anklageverfahren. Sarkozy selbst kann von der Justiz frühestens am Ende seiner Amtszeit zu Vernehmungen gebeten werden. Als Präsident genießt er – außer bei Hochverrat – juristische Immunität.

Vor der ersten Präsidentschaftswahlrunde am 22. April zeigte Sarkozy zuletzt ein wenig Reue für die „Fehler“ zu Beginn seiner Amtszeit. Wenn er es noch einmal entscheiden könnte, würde er nicht noch einmal im Fouquet’s feiern, sagte er am Donnerstagabend in einem TV-Interview zu der Party, die ihm den Ruf als „Präsident der Reichen“ eingebracht hatte.

(dpa/Tageblatt.lu)