Erst tausende Siedlungen, nun tödliche Schüsse

Erst tausende Siedlungen, nun tödliche Schüsse
(AFP)

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Im Nahostkonflikt brodelt es gefährlich. Israelische Soldaten erschießen im Westjordanland einen Palästinenser. Seit Trump im Amt ist, treibt Israel den Siedlungsbau massiv voran.

Israelische Soldaten haben im besetzten Westjordanland einen Palästinenser erschossen. Wie palästinensische Rettungskräfte mitteilten, wurde der 19-Jährige am Sonntag bei einem Einsatz der israelischen Armee im Flüchtlingslager Dschenin im Norden des Westjordanlands getötet. Fünf weitere Palästinenser wurden demnach verletzt.

Gewaltwelle
Seit Oktober 2015 werden Israel und die Palästinensergebiete von einer Gewaltwelle erschüttert. Dabei wurden bereits 252 Palästinenser, 40 Israelis und fünf Ausländer getötet.

Netanjahu lobt Trump-Mauer
Ein israelisches Lob für US-Präsident Donald Trump und sein Dekret zum Bau einer Grenzmauer hat in Mexiko Empörung ausgelöst. „Mexiko ist Israels Freund und sollte auch so behandelt werden“, schrieb das mexikanische Außenministerium nach eigenen Angaben an den Botschafter Israels. In einer Mitteilung habe das Land seine Überraschung, Ablehnung und Enttäuschung angesichts der Twitter-Nachricht von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ausgedrückt.

Dieser hatte den geplanten Mauerbau am Samstag in dem sozialen Netzwerk begrüßt. Präsident Trump liege bei dem Projekt richtig. „Ich baute eine Mauer entlang Israels südlicher Grenze. Sie stoppte die illegale Einwanderung“, schrieb Netanjahu. Das Ganze sei ein „großartiger Erfolg“ gewesen und Trumps Idee ebenfalls „großartig“.

Nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen kam es zu Zusammenstößen, nachdem die Soldaten in das Lager vorgedrungen waren. Eine israelische Armeesprecherin sagte, die Soldaten seien unmittelbar nach Betreten des Lagers mit Sprengsätzen attackiert worden. Angesichts dieser „unmittelbaren Gefahr“ hätten sie auf die „Hauptanstifter der Gewalt“ geschossen. Die Soldaten blieben den Angaben zufolge alle unverletzt.

Mit Siedlungen Öl aufs Feuer

Seit US-Präsident Donald Trump im Amt ist, treibt Israel den Ausbau seiner Siedlungen in den besetzten Gebieten massiv voran. Der Vize-Bürgermeister von Jerusalem, Meir Turgeman, gab am Donnerstag grünes Licht für den Bau von weiteren 153 Siedlerwohnungen in Ost-Jerusalem. Zugleich kündigte er an, tausende weitere Wohnungen zu genehmigen.

Seit dem Amtsantritt Trumps, der Israel seine volle Unterstützung zugesagt hat, hat Israel bereits hunderte Wohnungen genehmigt. „Die Unternehmen können morgen mit dem Bau beginnen“, sagte Turgeman der Nachrichtenagentur AFP zu den 153 Wohnungen. Die Pläne für sie hätten bislang auf Druck von Trumps Vorgänger Barack Obama auf Eis gelegen.

„Tausende Wohnungen in Jerusalem“

„Ich werde in den kommenden Monaten Genehmigungen für tausende Wohnungen in Jerusalem erteilen“, sagte Turgeman. Vor dem Amtsantritt von Trump hatte er von 11.000 Wohnungen im besetzten Ost-Jerusalem gesprochen.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte erst am Dienstag den Bau von 2500 Siedlerwohnungen im besetzten Westjordanland gebilligt. Nach Angaben der siedlungskritischen israelischen Gruppe Peace Now handelt es sich um die größte Siedlungserweiterung seit 2013.

Mit Trump wird es möglich

Bereits zwei Tage nach dem Amtsantritt von Trump hatte Israel am Sonntag grünes Licht für den Bau von 566 Siedlerwohnungen in Ost-Jerusalem gegeben. Derzeit leben rund 430.000 jüdische Siedler im besetzten Westjordanland und mehr als 200.000 im von Israel annektierten Ost-Jerusalem.

Der Siedlungsbau gilt international als eines der größten Hindernisse für einen dauerhaften Frieden im Nahost-Konflikt. Ende Dezember hatte der UN-Sicherheitsrat erstmals seit 1979 eine Resolution gegen den israelischen Siedlungsbau verabschiedet. Darin wurde der sofortige Stopp israelischer Siedlungsaktivitäten im Westjordanland und in Ost-Jerusalem gefordert.

Obamas Veto

Israel hatte das UN-Votum scharf kritisiert. Möglich wurde es dadurch, dass die USA unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama bei der Abstimmung nicht wie sonst ihr Veto einlegten und sich der Stimme enthielten. Trump hatte dieses Vorgehen scharf kritisiert.

Gegen das Vorgehen Israels gibt es von palästinensischer Seite großen Widerstand. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte am Mittwoch in ungewohnt scharfer Tonart, die Baupläne ließen daran zweifeln, „ob die israelische Regierung noch zu ihrem immer wieder geäußerten Bekenntnis zu einer Zweistaatenlösung steht“.

Kritik von UNO, EU und Arabischer Liga

Die angekündigten Baupläne gingen „sowohl in der Größenordnung als auch in ihrer politischen Bedeutung“ über frühere Ankündigungen hinaus. Neben der UNO und der EU, die das israelische Bauvorhaben bereits am Dienstag scharf kritisiert hatten, sieht auch die Arabische Liga in den jüngsten Plänen eine Gefährdung der Idee der Zweistaatenlösung. Generalsekretär Ahmed Abul Gheit warf der israelischen Führung am Mittwoch vor, „alle Bemühungen um eine Zweistaatenlösung zum Scheitern zu bringen“.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Mittwoch zum Thema Siedlungsbau getagt. Trump hatte Israels Regierung nach seiner Vereidigung seine uneingeschränkte Unterstützung zugesagt. Politiker aus dem rechten Lager in Israel sehen in Trumps Präsidentschaft eine Chance, den Siedlungsbau ungehindert voranzutreiben. Die internationale Gemeinschaft betrachtet den Siedlungsbau aber als illegal und als Blockade im Friedensprozess, da Israel die Häuser auf Land errichtet, das die Palästinenser für ihren Staat beanspruchen.