„Endlich Nägel mit Köpfen machen“

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LUXEMBURG - Gesundheit am Arbeitsplatz hat sowohl eine physische wie auch eine psychische Facette.

Die „Chambre des salariés“ (CSL) organisierte am Dienstag im Remicher Cefos ein Symposium, bei dem es vor allem um die psychischen Aspekte des Wohlbefindens bei der Arbeit ging.
Vor allem Depressionen und Burnouts machen immer mehr Angestellten zu schaffen.

Depressionen am Arbeitsplatz seien keine Einzelfälle, sagte Prof. Dr. Med. Volker Köllner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; jeder sechste Arbeitsausfall sei auf eine seelische Erkrankung zurückzuführen. Es gebe zwar einige theoretische Antworten, wie sich Depressionen und Burnouts vermieden ließen, in der Praxis würden sie aber selten angewandt, bemerkte einer der Zuhörer. Leider gebe es eine große Lücke zwischen der Theorie und dem, was im Bewusstsein der Leute ankomme, meinte Köllner. Menschen handelten nicht logisch; ihr Handeln sei weitgehend von Vorurteilen geprägt.

Um arbeitsbedingte Krankheiten zu vermeiden, sei vor allem eine Früherkennung wichtig, denn solche Tatsachen zu verschweigen, würde im Endeffekt die Krankheit nur verschlimmern. Als wichtig schätzte Köllner die Schulung von Führungskräften ein. Sie müssten in der Lage sein, zu erkennen, wann ein Mitarbeiter vor dem psychischen Zusammenbruch stehe. Warum es in den Unternehmen unterschiedliche Situationen gebe, hänge damit zusammen, dass Betriebe nicht die gleichen Ziele hätten, meinte Marie-Jeanne Bremer, Psychologin im „Centre d’information et de prévention“.

Probleme bekannt

Einige Betriebe seien auf kurzfristigen Gewinn aus; in ihnen würden Probleme wie Stress einfach geleugnet. Es gebe auch solche, die proaktiv vorgingen. Und zwischen den beiden Extremen gebe es diejenigen Firmen, in denen die Probleme zwar bekannt seien, aber nicht bekämpft werden.

Zu den proaktiven Maßnahmen vonseiten der Unternehmensleitung zählte Volker Köllner ein klares Führungsverhalten; leider sei es jedoch so, dass viele Chefs nach Lust und Laune regierten. Wichtig sei auch eine gute Bezahlung. Mit „gut“ sei in diesem Fall eine vom Angestellten als gerecht empfundene Entlohnung gemeint.

Arbeitsminister Mars di Bartolomeo sagte, dass die Öffentlichkeit heute mehr als noch vor 20 Jahren anerkenne, dass es sich bei psychisch Kranken um Kranke handele, die das gleiche Recht auf eine medizinische Behandlung hätten. Auch müsse man sich gegen die Deregulierungsbestrebungen in Europa wehren, welche die Arbeitsbedingungen noch verschlechtern würden. Als nationale Maßnahme wünscht der Minister eine Überarbeitung der Liste der Berufskrankheiten. Er sei zuversichtlich, dass dies nicht ein Anstieg von Frühpensionierungen mit sich bringe.

Wohlbefinden am Arbeitsplatz sei ein Wettbewerbsfaktor, der nicht von der Hand zu weisen sei, meinte Alain Kinn, stellvertretender Direktor der CSL. Es dürfe nicht sein, dass das schwächste Glied im Arbeitsprozess, der Beschäftigte, noch selber für seine Gesundheit sorgen soll. Er forderte deshalb eine Weiterentwicklung der Arbeitsmedizin in Luxemburg; Arbeitsrechte dürften nicht nur auf dem Papier existieren: Man müsse endlich Nägel mit Köpfen machen.