Ende von Geiseldrama völlig offen

Ende von Geiseldrama völlig offen
(dpa)

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Der Ausgang des Geiseldramas in Algerien ist weiter völlig offen. Beim Militäreinsatz wurden zwölf Geiseln getötet. 30 Menschen sollen sich noch in der Gewalt der Terroristen befinden.

Fast drei Tage nach Beginn des Geiseldramas in der algerischen Wüste befinden sich immer noch 30 Menschen in der Gewalt islamistischer Terroristen. Beim Militäreinsatz zur Befreiung der Geiseln wurden zwölf algerische und ausländische Geiseln getötet, wie der algerische Kommunikationsminister Mohammed Said am Freitagabend im algerischen Radio sagte.

„Der Einsatz sei eine Antwort auf eine Entscheidung der Terroristen gewesen, alle Geiseln zu töten und ein wahres Massaker anzurichten“, zitierte die Tageszeitung El-Khabar am Samstag einen namentlich nicht genannten Armeesprecher. Zuvor hatte die algerische Führung versichert, sie werde nicht mit den Militanten verhandeln.

Bei der Erstürmung der von Islamisten besetzten Gasanlage In Amenas waren 650 Geiseln befreit worden. Viele Menschen werden aber noch vermisst. Von den möglicherweise 32 Geiselnehmern wurden 18 nach algerischen Angaben „außer Gefecht gesetzt“.

Geiselnehmer kündigen weitere Anschläge an

Die schwer bewaffneten Angreifer hatten die Anlage am Mittwoch besetzt und Geiseln genommen. Am Donnerstag griff das Militär an. Die mit Raketen und Granatwerfern bewaffneten Islamisten verlangen unter anderem das Ende des von Frankreich angeführten internationalen Militäreinsatzes in Mali. Sie kündigten weitere Anschläge auf ausländische Einrichtungen an. Den Vormarsch der französischen und malischen Truppen in Mali konnten die Islamisten aber nicht stoppen.

Wie die mauretanische Nachrichtenagentur ANI unter Berufung auf eine informierte Quelle am späten Freitagabend berichtete, handelt es sich bei den Geiselnehmer um etwa 40 Salafisten, die aus dem Niger nach Algerien eingesickert seien. Bei dem Angriff des algerischen Militärs seien 16 Salafisten und 35 Geiseln getötet worden. Eine zweite Terrorgruppe habe sich mit sieben westlichen Geiseln verschanzt, sagte ein Kontaktmann, dessen Name mit Abderrahme, der Nigerianer, angegeben wurde, der Agentur am Telefon.

Hoffnung auf baldiges Ende

Die Regierung Norwegens äußerte sich am Samstag positiv zu Aussichten auf ein baldiges Ende des Geiseldramas. Außenminister Espen Barth Eide sagte in Oslo: „Es gibt Hoffnung, dass die Aktion sich dort ihrem Abschluss nähert.“ Eide lobte die „gute Zusammenarbeit“ mit den algerischen Behörden. „Wir haben einen recht guten Überblick über das, was dort passiert“, sagte Eide. Er bestätigte, zwei der acht norwegischen Geiseln auf dem Gasfeld seien freigekommen.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte der britischen BBC: „Al-Kaida muss wissen, dass es keinen Fluchtpunkt gibt – in Algerien, Mali oder sonstwo. Wir werden keine Verstecke zulassen, von wo aus solche terroristischen Akte ausgeführt werden können.“

Für Großbritannien hat das Ende der Geiselkrise höchste Priorität. Außenminister William Hague schrieb am Samstag im Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Bis wir von jedem Briten wissen, wo er ist, hat es weiter Top-Priorität.“ Nach unterschiedlichen Berichten sind noch bis zu zehn Briten in Gefahr.

Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte am Samstag, es gebe keine französische Geisel mehr. Zuvor war bekanntgeworden, dass bei dem Angriff ein Franzose ums Leben gekommen war.

Malis Armee erobert Kona

US-Außenministerin Hillary Clinton telefonierte am Freitag erneut mit dem algerischen Regierungschef Abdelmalek Sella, um sich über den Fortgang der algerischen Operation auf dem Gasfeld auf dem Laufenden zu halten. Weiterhin befinden sich auch Amerikaner in der Hand der Terroristen.

Malische Verbände eroberten die strategisch wichtige Stadt Kona in der Landesmitte zurück, deren Erstürmung durch Islamisten vergangene Woche Frankreichs Eingreifen provoziert hatte. „Wir haben Kona völlig unter Kontrolle“, erklärte das Oberkommando in Bamako.

UN befürchtet tausende Flüchtlinge

In den Reisfeldern im Umland von Kona wurde offenbar weiter gekämpft. Malische Truppen rückten aber weiter in Richtung auf die von Rebellen gehaltene Stadt Douentza vor und standen in Niono rund 60 Kilometer vor Diabali.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) befürchtet mehr als 700 000 Kriegsflüchtlinge in Mali. Seit Frühjahr 2012 seien 230 000 Menschen innerhalb Malis und fast 150 000 in benachbarte Länder geflohen. „Unsere aktuellen Planungen sind eingestellt auf bis zu 300 000 Menschen, die innerhalb Malis Zuflucht suchen, und 407 000, die in benachbarte Länder fliehen“, sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming.

Geiselnahme seit längerem geplant

Nach UN-Informationen gibt es in Mali schwere Übergriffe von Islamisten auf Zivilisten. Die Vorwürfe reichen vom Abtrennen von Gliedmaßen bis zu Vergewaltigungen und Zwangsverheiratungen von Mädchen mit Dschihadisten.