Frankreich, im Frühjahr 2012: Die Sozialisten gewinnen die Präsidentenwahl und der ehemalige IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wird zum Außenminister ernannt – eine solche Meldung aus dem Nachbarland wäre nach heutigem Ermessen in einem Dreivierteljahr durchaus denkbar. Er wäre nicht der erste Politiker, dem nach schweren Vorwürfen und Justizquerelen das Comeback gelingt. Der derzeitige Außenminister, Alain Juppé, hat sogar wegen illegaler Parteispenden eine Haftstrafe auf Bewährung hinter sich.
Manche seiner Anhänger meinen, Strauss-Kahn könnte von einer Art Märtyrerstatus profitieren. Sie sehen ihn als Opfer einer brutalen US-Justiz, die vor Vorverurteilungen nicht zurückschreckt. „Seine Stimme wird Gewicht haben, er bleibt der erhoffte, aber verhinderte Kandidat“, sagte einer seiner Vertrauten der Zeitung „Le Parisien“ (Montag).
DSKs Ruf auerhaft beschädigt?
Allerdings kommt auf Strauss-Kahn noch einiges zu, das seinen Ruf dauerhaft beschädigen könnte. Auch wenn es in der Zimmermädchen-Affäre wegen versuchter Vergewaltigung zu keinem Strafverfahren kommen sollte, steht noch ein Zivilprozess an. Dort könnte er auch in Abwesenheit zu einer heftigen Geldstrafe verurteilt werden. Im Unterschied zum Strafprozess muss der Zweifel an der Schuld des Angeklagten – zum Beispiel durch mangelnde Glaubwürdigkeit – für eine Verurteilung nicht vollständig ausgeräumt sein.
Dank des immensen Reichtums seiner Frau Anne Sinclair würde dies nicht unbedingt den finanziellen Ruin von Strauss-Kahn bedeuten. Aber es wäre unwahrscheinlich, dass die französischen Sozialisten ihm unter diesen Umständen noch einen prominenten Spitzenposten freiräumen würden.
Die Affäre „Tristane Banon“
Viele Franzosen blicken aber auch mit Spannung auf eine zweite Affäre, deren juristische Folgen Strauss-Kahn nach seiner Rückkehr erwarten. Sie könnte ihn selbst dann noch sein Comeback kosten, falls er in New York glimpflich davon kommen sollte. Die junge Schriftstellerin Tristane Banon hat Strauss-Kahn – nach jahrelangem Zögern – ebenfalls der versuchten Vergewaltigung angeklagt.
Falls die Richter befinden, dass es sich dabei „lediglich“ um sexuelle Belästigung gehandelt habe, wäre die Tat bereits verjährt. Dann hätte Strauss-Kahn von der französischen Justiz nichts weiter zu befürchten. Ob die öffentliche Meinung in Frankreich ihm dies jedoch als eine Art Kavaliersdelikt verzeihen würde, ist ungewiss.
In seiner eigenen Partei dürfte es Strauss-Kahn auch im günstigsten Fall schwer haben, wieder dieselbe Anerkennung zu finden, die er früher genoss. Seine Anhänger haben sich etwa jeweils zur Hälfte auf die Lager der beiden anderen möglichen Präsidentschaftskandidaten aufgeteilt, Parteichefin Martine Aubry und Ex-Parteichef François Hollande.
De Maart

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