Schon am Anfang der Wirtschaftsmission gab der Minister der Delegation seine Pläne zur Gründung einer luxemburgischen „Space Agency“ bekannt. Im Forschungszentrum Ames der größten Weltraumbehörde der Welt, der NASA, ging er weiter auf diese ein. „Es geht nicht darum, das Geschäftsmodell von bestehenden Raumfahrtbehörden zu übernehmen“, meinte Etienne Schneider. „Wir legen den Schwerpunkt auf die Bedürfnisse von privaten Weltraumfirmen.“ Die NASA würde Unmengen an Geld verschlingen und unter dem Strich würde nicht immer Geld zurückfließen.
Ein Wagniskapitalgeber aus dem Silicon Valley, der Milliarden-Fonds verwaltet, unterstrich die Bedeutung der Partnerschaften zwischen öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft: „Die erfolgreiche SpaceX ist auch aus einer Partnerschaft mit einer Weltraumbehörde hervorgegangen, ohne die NASA würde SpaceX nicht existieren.“
Herzstück Millionen-Fonds
Eine andere Stimme meinte, dass die Stärke von eher schwerfälligen Behörden darin liege, zu zeigen, was möglich sei. „Dann kommt der Privatsektor und macht es besser.“ Das Herzstück der neuen Behörde wird ein 70-100-Millionen-Fonds sein. Dieser soll die bestehenden Finanzierungsquellen nicht ersetzen, sondern vervollständigen. Luxemburg hatte sich schon im Rahmen der Initiative spaceresources.lu in das Kapital von vielversprechenden Weltraumfirmen eingekauft. Viele weitere Unternehmen hätten daraufhin Luxemburg mit Anfragen überrollt, jeder will in diesem kapitalintensiven Geschäft in den Genuss von Finanzspritzen kommen.
„Es wird die Aufgabe des Fonds sein, zu entscheiden, in welche Unternehmen investiert wird und in welche nicht“, sagte Etienne Schneider am Rand der Konferenz. „Dazu braucht es Experten.“
Der luxemburgische Staat erwartet, im Gegensatz zur NASA, dass sich diese Investitionen mit der Zeit auszahlen werden, oder, wie der Wirtschaftsminister es formulierte, dass „Geld damit verdient wird“. In der Finanzierung des Fonds unterscheidet sich die noch zu benennende luxemburgische Raumfahrtbehörde ebenfalls von der NASA.
Fondsindustrie finanziert Weltraumsektor
Auch wenn der Minister noch keine endgültigen Zahlen nennen konnte, so war er sich in einem Punkt sicher: „Der Steuerzahler soll so wenig wie möglich belastet werden.“ Der Ausbau des luxemburgischen Weltraumsektors soll von einem schon bestehenden, erfolgreichen Sektor, der luxemburgischen Fondsindustrie, finanziert werden. „Es gab schon erste Gespräche“, so Etienne Schneider.
„Es wird nicht schwer werden, Interessenten zu finden.“ Die SpaceResources-Initiative habe weltweite Aufmerksamkeit erregt und viele Investoren wollten am Ausbau des Weltraumsektors mitverdienen.
Auch wenn das Risiko, dass sich manche Investition als erfolglos herausstellen wird, höher ist als in anderen Bereichen, reicht der Erfolg von nur wenigen Unternehmen wiederum aus, um den Fonds weiter wachsen zu lassen.
„Ein einzelner kleiner Asteroid aus Platin oder Gold kann bis zu einer ‚Bazillion‘ Dollar oder Euro wert sein“, meinte der ehemalige Ames-Direktor und heutige Ministerberater Pete Worden.
Spätestens wenn ein aus der SpaceResources-Initiative hervorgegangenes Unternehmen einen solchen Brocken auf die Erde gebracht hat, hat sich die Initiative nicht nur für die Investoren gelohnt.
Parallelen zum Satellitenbetreiber SES
In der Vergangenheit hatte Luxemburg schon einmal ein ähnliches Abenteuer erfolgreich abgeschlossen. Die neue Initiative zeigt viele Parallelen zur Entstehung des Satellitenbetreibers SES, in diesem Punkt waren sich alle Konferenzbesucher einig.
Seit der Gründung der Satellitengesellschaft im Jahr 1985 hat sich Luxemburg schon einen guten Ruf in diesem Sektor erarbeitet. Viele CEOs aus dem Silicon Valley sehen heute in Luxemburg dank der SES bereits eine „Weltraummacht“.
Dieser Erfolg soll nun wiederholt werden. Es soll wieder eine neue, disruptive Technik entstehen. Auf der Konferenz erklärte ein Investor, was er unter diesem Begriff versteht. Wenn durch Fortschritte in einem Bereich Nicht-Nutzer zu Nutzern werden, also deren Zahl „dramatisch ansteigt“, dann könne man von disruptiver Technik sprechen.
Bei der luxemburgischen Initiative geht es aber nicht um die Nutzung von Satellitenverbindungen oder tragbaren Telefonen, sondern um die „Nutzung von Weltraumressourcen, die neue Geschäftsfelder eröffnen werden und unserer Wirtschaft ein neues Gesicht geben können“, so der Minister. Er sieht schon neue Märkte am Entstehen. „Es ist keine Frage des Ob, sondern des Wann.“ Unterstützung erhalten die luxemburgischen „Spacemen“ von der NASA. Eugene Tu, der Direktor des Ames-Forschungszentrums, zeigte sich „erfreut, an der luxemburgischen Entwicklung teilhaben zu können“. Sein Vorgänger und ehemaliger Boss, Pete Worden, erwartet, dass in nicht allzu ferner Zukunft Raumfahrzeuge mit dem „roten Löwen“ und der rot-weiß-blauen Flagge durch die unendlichen Weiten schweben werden. Der Visionär sprach auf der Konferenz von Projekten, die in Zukunft möglich werden könnten. So sei es denkbar, dass der Planet Mars in den kommenden Jahrhunderten seine Farbe von Rot hin zu Blau-Grün verändern könnte. Auch den schon angesprochenen Abbau von Edelmetallen zählte er dazu. Doch ganz so weit sei man dann doch nicht.
„Ich glaube nicht, dass Platin und Gold die wichtigsten außerirdischen Rohstoffe sind“, so Worden. „Wasser ist weitaus interessanter.“ Dieser Rohstoff sei nicht nur lebensnotwendig, sondern auch ein Ausgangsprodukt für die Herstellung von Kraftstoffen. Die Bereitstellung von diesen auf Wasser basierenden Produkten in der Umlaufbahn sei eine Grundvoraussetzung für alle denkbaren und noch zu erdenkenden Weltraum-Missionen.
De Maart

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