Das Gespenst des „Grexit“

Das Gespenst des „Grexit“
(AFP)

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Die Schuldenkrise um Griechenland meldet sich zurück. Der Grund ist diesmal ein Streit der Gläubiger – vor allem Deutschland und der IWF liegen über Kreuz.

Der Internationale Währungsfonds zögert, Deutschland drängt, Griechenland zittert. Ausgerechnet im europäischen Super-Wahljahr 2017 spitzt sich die Schuldenkrise um Griechenland erneut zu. Wie zuletzt 2015 geht auch wieder das Gespenst des „Grexit“ um.

Mit dem Rauswurf aus dem Euro wird zwar noch nicht offen gedroht. Doch in Athen stellt man sich auf alle Szenarien ein. Auch die EU-Kommission in Brüssel ist alarmiert. Währungskommissar Pierre Moscovici warnte die Gläubiger, nicht zu viel von Athen zu verlangen.

Hausaufgaben gemacht

Die Links-Regierung habe ihre Hausaufgaben gemacht und im vergangenen Jahr sogar einen Primär-Überschuss erzielt (also ein Budgetplus vor dem Schuldendienst), so Moscovici. Für 2017 und 2018 rechnet der Kommissar sogar mit kräftigem Wirtschaftswachstum. An Athen könne es deshalb nicht liegen, wenn wieder von Krise die Rede ist.

Tatsächlich sind es in erster Linie die Gläubiger, die für Unruhe sorgen. Vor allem der IWF und Deutschland liegen über Kreuz. Der IWF beurteilt die Lage in Griechenland wesentlich pessimistischer als die EU und fordert spürbare Erleichterungen bei den Schulden. Mit 177 Prozent der Wirtschaftsleistung dürfte die Schuldenlast in diesem Jahr einen neuen Höchststand erreichen. Die Gläubiger-Länder müssten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, fordert der IWF.

Schäuble lehnt ab

Dies lehnt der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble aber kategorisch ab. Ebenso kategorisch fordert er, dass der IWF sich am laufenden 86-Milliarden-Euro-Programm beteiligen soll. Andernfalls müsse Berlin die Notleine ziehen – die Hilfe wäre beendet, der Grexit unvermeidbar.

Zwar sind nicht alle der Meinung, dass der IWF an Bord bleiben muss. So hat sich der Vorsitzende der größten Fraktion im Europaparlament, der deutsche CSU-Politiker Manfred Weber (EVP), dafür ausgesprochen, den IWF ziehen zu lassen und durch den Eurorettungsfonds ESM zu ersetzen.

Nerven liegen blank

Doch der deutsche Bundestag ist anderer Meinung; sogar Parteifreunde ließen Weber abblitzen. Seitdem liegen die Nerven blank. Der Streit spaltet nicht nur die deutschen Christdemokraten, sondern auch die Große Koalition in Berlin.

Der deutsche Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, ein Sozialdemokrat, warnte die Bundeskanzlerin Angela Merkel davor, in Griechenland eine „Amputation“ zu versuchen. Athen müsse unbedingt im Euro gehalten werden; im Wahljahr 2017 könne man sich keine neue Krise leisten.

Wie kann die Blockade gelöst werden?

Die große Frage ist nun, wie die Blockade gelöst werden kann. In der Eurogruppe denkt man offenbar an einen Kompromiss: Um die Bedenken des IWF zu zerstreuen, soll Athen neue Einschnitte vornehmen, die die Schuldenlast verringern sollen. Gleichzeitig könnte der Währungsfonds weniger in das Hilfsprogramm einzahlen.

Es wäre ein Deal zulasten der Griechen. Er sieht vor, dass die Renten erneut gekürzt werden (zum 12. Mal seit Beginn der Krise 2009) und dass die Steuerbasis „verbreitert“ wird, indem Niedriglohn-Empfänger zur Kasse gebeten werden. Außerdem soll sich Athen verpflichten, die Austeritätspolitik über 2018 hinaus fortzusetzen.

Hoffen auf neue Einschnitte

Doch wie realistisch ist das? Er rechne mit einer Beteiligung des IWF, gibt sich Schäuble optimistisch. Es gebe keinen Grund zur Eile, beruhigt Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Beide Politiker hoffen, dass sie die Griechen auf neue Einschnitte einschwören können.

Für Griechenland geht der Plan aber viel zu weit. Seine Regierung werde „nicht einen Euro mehr sparen“, droht Premierminister Alexis Tsipras. „Wir können die Renten nicht noch weiter kürzen“, warnt Arbeitsministerin Effie Achtsioglou. Der IWF solle die Forderung fallen lassen.

Und der IWF?

Ob der Währungsfonds seine Haltung noch einmal überdenkt, ist unklar. Morgen wird IWF-Chefin Christine Lagarde in Berlin erwartet. Es ist wie 2015: Auch damals wurden die Weichen im Kanzleramt gestellt. Auch damals fielen die Entscheidungen über die Köpfe Griechenlands hinweg.

Ausbaden müssen es wieder die Griechen. Spätestens im Sommer könnte es kritisch werden. Denn im Juli wird die Rückzahlung von Hilfskrediten im Wert von sechs Milliarden Euro fällig. Wenn sich die Regierung bis dahin nicht mit den Gläubigern einigt, droht erneut die Pleite. Tsipras steht mit dem Rücken zur Wand – schon wieder.