Donnerstag13. November 2025

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Das Duo Bettel-Asselborn unter der Lupe

Das Duo Bettel-Asselborn unter der Lupe
(Tageblatt)

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Friedensgespräche in Luxemburg, EU-Ausschluss von Ungarn, Dialog zwischen Premier und Chefdiplomat: Was passiert mit unserer Außenpolitik? Eine Analyse zum Duo Bettel-Asselborn.

Es ist wieder so weit: Die Sensationslust könnte nicht größer sein. Eine israelische Tagesezeitung hypt die Idee, dass in Luxemburg Nahost-Friedensgespräche stattfinden können – schon steht halb Luxemburg kopf.

Premier Xavier Bettel präzisiert, dass dies nur eine Möglichkeit wäre, sollten alle diplomatischen Bemühungen der Russen und Franzosen scheitern. Zudem müsse die Initiative von den Konfliktparteien kommen. Klartext: Luxemburg fordert überhaupt nichts.

Quasi-faschistische Dorftyrannen in Ungarn

Am Tag danach überschlägt sich die Kritik, weil Außenminister Jean Asselborn im Interview mit einer deutschen Tageszeitung den EU-Ausschluss eines mittlerweile fast vollständig autoritären Staates namens Ungarn fordert.

Zur Erinnerung: Es amtiert eine Regierung, die keinen Finger rührt, um quasi-faschistischen Dorftyrannen Einhalt zu gebieten, die Roma-Minderheiten niedermetzlen. Das bevorstehende Referendum über die Flüchtlingsfrage spricht ebenfalls Bände.

Internationale Kritik

Am Nachmittag gibt es nun unterschiedliche Ansichten zwischen Asselborn und Bettel, wie man mit Ungarn umgehen sollte und es hagelt auch internationale Kritik für die Ausweisungsforderung Asselborns.

Zwei Beobachtungen:

– Xavier Bettel und Jean Asselborn haben in verschiedenen außenpolitischen Punkten eine andere Herangehensweise.

– Die Kritik an einem möglichen EU-Rauswurf von Ungarn verrät viel über die Doppelstandards zahlreicher Beobachter, die Politikern regelmäßig Doppelstandards vorwerfen.

Zunächst zu den Doppelstandards: Es ist unerträglich, dass ein Mitgliedsland der Europäischen Union – Ungarn – quasi-faschistische Dorfdiktatoren duldet und die Rechte von Minderheiten Tag für Tag verletzt, ohne dass es etwas zu befürchten hat.

Plädieren Politiker für die EU-Linie in solch einem Fall und für Dialog, unterstellt man ihnen Feigheit. Reden sie Tacheles und lassen ausnahmsweise den Diplomatensprech sein, sind sie unseriös und „frustriert“.

Alte Forderung

Dabei ist die Forderung gar nicht so neu. Die EU-Kommission in Brüssel hat das Recht zu prüfen, ob ein Ausschluss eines Mitgliedstaates nötig ist. Ein Straf- oder gar ein Ausschlussverfahren nach Vorgabe des Artikels 7 des EU-Vertrages sieht genau dies vor.

Ein Drittel der Mitgliedstaaten im Rat der EU oder der Abgeordneten im EU-Parlament können eine Prüfung verlangen, ob die Gefahr „einer schweren Verletzung“ der europäischen Grundwerte nach Artikel 2 des Vertrages droht.

Why the drama?

„Why the drama?“, möchte man fragen. Und genau hier kommt der unterschiedliche Stil von Asselborn und Bettel ins Spiel, den man auch in ausländischen Regierungskoalitionen beobachten kann.

Plump ausgedruckt: Die alten Hasen trauen sich mal von oft seichten außenpolitischen EU-Linien abzuweichen, die neuen Dynamischen müssen Vertrauen bei ihren Kollegen aufbauen und weichen kaum bis wenig vom gemeinsamen EU-Pfad ab.

Eine Frage des Zeitpunkts

Deshalb sollte man die aktuelle Entwicklung nicht zu einer Regierungskrise hochstilisieren oder so tun, als ob Asselborn zum Krieg gegen einen Staat aufrufe. Seit mindestens fünf Jahren weicht Ungarn nicht von seinem uneuropäischen Pfad ab. Da helfen noch so viele Sonntagsreden der EU nichts. Wer die Werte der Union gewahrt sehen will und Politikern Feigheit vorwirft, handelt mit Blick auf die Interview-Aussagen von Asselborn ziemlich verlogen.

Allerdings ist der Zeitpunkt der Äußerung tatsächlich unglücklich, befindet sich Bettel doch auf einer seiner bislang wichtigsten außenpolitischen Reisen. Insofern kann man lediglich nüchtern feststellen, dass sich das außenpolitische Duo Asselborn-Bettel in verschiedenen Punkten noch finden und wohl besser abstimmen muss. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.