Harte Worte am vergangenen Dienstag auf dem EU-Gipfel in Brüssel. Der britische Premierminister David Cameron hat der deutschen Bundeskanzler Angel Merkel mit der Warnung unter Druck gesetzt, er könne bei einem Mehrheitsvotum der Staats- und Regierungschefs für Jean-Claude Juncker als neuem EU-Kommissionschef den Verbleib Großbritanniens in der EU nicht länger garantieren. Das berichtet der „Spiegel“ am Samstag. Das Nachrichtenmagazin beruft sich demnach auf Teilnehmerkreise des Gipfels.
Laut Cameron könne ein solches Votum seine Regierung derart destabilisieren, dass ein Austrittsreferendum vorgezogen werden müsste und mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Nein der Briten zur EU-Mitgliedschaft führen werde. Cameron auf dem Gipfel wörtlich über Juncker: „Ein Gesicht der Achtzigerjahre kann nicht die Probleme der nächsten fünf Jahre lösen“.
Unter Druck
Cameron steht in Großbritannien unter deutlichem Druck konservativer Parteifreunde, aber auch der rechtspopulistischen und europakritischen Partei UKIP, die bei der Europawahl mehr als ein Viertel der Wählerstimmen gewonnen hatte. Die Kritiker hatten ein Vorziehen des für Herbst 2017 angekündigten Referendums über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union (EU) verlangt.
Außenminister Jean Asselborn nannte am vergangenen Mittwoch im Deutschlandfunk das Ergebnis des EU-Gipfels „ernüchternd und erbärmlich„. Es sei bekannt gewesen, dass Cameron nicht akzeptiere, dass der Ausgang der Europawahl ausschlaggebend für die Nominierung des Kommissionspräsidenten sei. Zudem sei Cameron auch gegen Juncker als Kommissionschef.
Unterstützung
Nach heftiger Kritik hatte sich am Freitag die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel klar für den Europawahl-Sieger Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten ausgesprochen. „Die Europäische Volkspartei EVP sei mit dem Luxemburger als Spitzenkandidaten aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgegangen,“ sagte Merkel am Freitag auf dem Katholikentag in Regensburg. „Deshalb führe ich jetzt alle Gespräche genau in diesem Geiste, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der Europäischen Kommission werden sollte.“
Mehrere Grünen-Politiker haben am Samstag ihre Bereitschaft signalisiert, den konservativen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker im Machtpoker um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu unterstützen.
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