EU-Gipfel: Kraftprobe in Brüssel

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Auf dem EU-Gipfel am Donnerstag kommt es zur Kraftprobe um die Frage, wie Länder wie Griechenland in Zukunft zu retten sind. Auf der einen Seite stehen Deutschland und Frankreich, auf der anderen Seite die 25 anderen Staaten der EU. Luxemburgs Premierminister und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker lehnt einen Stimmrechtsentzug ab.

Das Ziel von Berlin und Paris: Für die Zukunft einen dauerhaften Euro-Krisenmechanismus unter Beteiligung privater Gläubiger einzurichten. Doch außer dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bislang kaum Verbündete für die notwendigen Änderungen der Verträge gefunden. Der Fraktionschef der Sozialisten im Europa-Parlament, Martin Schulz (SPD), rechnet daher mit einem Scheitern Merkels. Zum deutsch-französischen Vorhaben, notorischen Schuldensündern das Stimmrecht zu entziehen, sagte Schulz der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“: „Ich bin sicher, dass es zu keiner entsprechenden Vertragsänderung kommen wird, weil die Staaten dafür ein Souveränitätsrecht aufgeben müssten.“ Er bezweifle, dass Länder wie Deutschland und Frankreich sich selbst einem solchen Stimmrechtsentzug unterziehen würden, wenn sie hohe Defizite hätten. Deutschland habe 2009 Glück gehabt, dass nicht eingegriffen worden sei. „Frau Merkel hat einfach nicht genug nachgedacht.“

Auch der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, schloss einen Stimmrechtsentzug aus. Schulz fügte hinzu, eine Vertragsänderung sei obendrein nur mit Zustimmung Großbritanniens möglich. Die Regierung von Premierminister David Cameron habe sich aber verpflichtet, jede Änderung des EU-Vertrages einer Volksabstimmung zu unterwerfen. Großbritannien gehöre der Eurozone nicht an und wolle auch nicht Mitglied werden. „Können wir die Zukunft des Euros abhängig machen von der Volksabstimmung in einem Land, das der Währungsunion nicht angehört? Das macht keinen Sinn.“

Klares Mandat oder Prüfauftrag?

Um ihre Forderung trotzdem durchzusetzen, drohte Merkel am Mittwoch im Bundestag damit, die Reform des Stabilitätspaktes zu blockieren.  Auch in der EU-Kommission und zahlreichen Mitgliedsstaaten gibt es große Vorbehalte gegen eine Öffnung des Lissabon-Vertrages. Es wird nicht nur ein langwieriges Ratifizierungsverfahren befürchtet. Viele Regierungen wollen auch zunächst wissen, wie der Krisenmechanismus genau aussehen soll, bevor sie grünes Licht für Vertragsänderungen geben.

Auf dem Gipfel könnte deswegen ein Kompromiss gefunden werden: Merkel lässt ihre besonders umstrittene Forderung nach einem Stimmrechtsentzug fallen. Die Verträge müssten dann nur geändert werden, um bei einer neuen Euro-Krise ein Einspringen der Mitgliedsstaaten zu erlauben, was bislang verboten ist. Und für den Fall wird festgeschrieben, dass sich private Gläubiger an der Rettungsaktion beteiligen müssen. Die Begrenzung der Änderungen könnte ein vereinfachtes Verfahren zulassen, bei dem keine Referenden etwa in Großbritannien oder Irland notwendig wären.

dapd