Angst vor zu viel Testosteron

Angst vor zu viel Testosteron
(Ifinzi)

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Am Montag fand eine Informationsversammlung über das Flüchtlingsheim in der ehemaligen Ediff-Schule statt. Es wurde viel erklärt, doch Ängste bleiben dennoch.

Seit Anfang Februar sind in der ehemaligen Ediff-Schule auf dem Gebiet der Gemeinde Monnerich Geflüchtete untergebracht. In dem nahen Escher Stadtviertel Lallingen herrscht seitdem ein Unsicherheitsgefühl. Gestern nun fand im Sportzentrum von Lallingen eine Informationsversammlung statt, mit dem Ziel, den Einwohnern des Viertels die Pläne der Regierung zu erläutern und sie zu beruhigen. Mehr als 250 Personen waren dann auch dem Aufruf gefolgt und fanden sich um 19.00 Uhr im Saal der Sporthalle ein.

Die Unruhe war deutlich zu spüren. Eingangs der Versammlung erklärte die Escher Bürgermeisterin Vera Spautz, dass man sofort einverstanden war, der Regierung bei der Unterbringung zu helfen, als sie vor etwas mehr als zwei Jahren an die Gemeinde herantrat. Spautz erörterte anschließend, dass die Gemeinde viel tue, um die Flüchtlinge zu betreuen und zu integrieren. Zu diesem Zweck sei eigens eine Arbeitsgruppe innerhalb der Gemeindeverwaltung ins Leben gerufen worden. Außerdem kooperiere man in der Angelegenheit eng mit den NGOs, den Vereinen und dem OLAI („Office luxembourgeois de l’accueil et de l’intégration“). Die Bürgermeisterin betonte, dass die Aufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Ediff-Schule nur provisorisch sei. Anfang Februar zogen die ersten Bewohner ein. Mittlerweile leben 103 Menschen in der Einrichtung. Es sind fast ausschließlich alleinstehende junge Männer. Einige davon sind minderjährig. Sie werden speziell betreut, erklärte eine Caritas-Mitarbeiterin.

Unbehagen

Diese Konzentration von Testosteron scheint viele Einwohner von Lallingen und Monnerich aber zu beunruhigen. Man sei nicht fremdenfeindlich, wurde allenthalben erklärt. Aber die Präsenz an einem Ort von ausschließlich männlichen Flüchtlingen, die weder Kultur noch Sprache des Landes kennen, würde für einiges Unbehagen sorgen. Die Frage kam auf, warum keine Familien dort untergebracht wurden.

Innenminister Dan Kersch (LSAP) antwortete, dass die Regierung Familien den Vorzug geben würde, dies aber nicht immer möglich sei. Familienministerin Corinne Cahen (DP) fügte hinzu, dass es sich bei der Mehrzahl der Bewohner der Ediff-Schule um Personen handele, die ihre Familien nachholen wollen, sobald ihrem Asylantrag stattgegeben wurde.

Sie seien nicht gefährlich, hieß es gestern. Die meisten Einsätze der Polizei in dem Viertel hätten nicht die Asylanten als Grund, fügte der regionale Polizeidirektor Daniel Reiffers hinzu. Für den Rest gelten für die Bewohner des Flüchtlingsheims die selben Regeln wie für alle anderen Bürger. Wer sich nicht an die Gesetze hält, wird bestraft. Sorgen müsste sich die Bevölkerung keine machen, so die Minister weiter. Die Polizei würde regelmäßig im Viertel Streife fahren. Durch die Polizeireform sei man in der Lage, die Präsenz der Beamten in den Straßen zu erhöhen, sagte Dan Kersch.

„Mea culpa“

Beide Regierungsmitglieder machten gestern aber auch ein „Mea culpa“: Man hätte im Vorfeld der Schaffung des Flüchtlingsheimes in der Ediff-Schule mit den Einwohnern des Viertels reden sollen. Die Kommunikation sei verbesserungswürdig. In diesem Zusammenhang meldete sich gestern Abend die CSV aus Esch zu Wort. Sie kritisierte, dass auch der Gemeinderat entweder zu spät oder nur unzureichend über das Projekt informiert wurden.

Dan Kersch versprach dann auch den immer noch skeptischen Anrainern, dass sobald das neue Flüchtlingsheim im „Neiduerf“ (wo nur Familien wohnen sollen) fertig sei, die Ediff-Schule umgebaut werden soll. Das Gebäude soll die neue Polizeischule beherbergen. Ein genaues Datum konnte Kersch aber noch nicht nennen. Zudem ist vorgesehen, die Zentrale der Rettungsdienste und der regionalen Polizei im Viertel unterzubringen.

Von einer Flüchtlingsflut will die Regierung nichts wissen. Die Anträge der meisten Flüchtlinge werden abgelehnt, wurde betont. Von mehr als 3.000 Flüchtlingen würden nur etwa 800 Asyl bekommen. Viele Flüchtlinge würden gemäß Dublin-Abkommen in das Land zurückgeführt, wo sie zuerst in die EU eingereist sind. Die teilweise langen Prozeduren könne man jedoch nicht wirklich verkürzen, weil sie von mehreren Faktoren abhängig seien, bedauerten beide Minister.
Folgen haben dürfte indes der Vorschlag eines Bewohners von Lallingen. Er regte die Schaffung eines Begleitausschusses an. Darin sollen NGOs, die Gemeindeführung, die Polizei sowie betroffene Einwohner Mitglieder sein.