Der CSV-Abgeordnete Marcel Oberweis hatte diese gestellt, nachdem Ende Mai der „Global Slavery Index“ erschienen war (Link). Dieser hatte Luxemburg als gutes europäisches Schlusslicht angegeben, mit wahrscheinlich 0,018% der Bevölkerung, die in irgendeiner Form ausgebeutet würde. Das entspräche laut Bericht in etwa 100 Menschen.
Oberweis hatte sich bei Félix Braz nach den dem Justizministerium vorliegenden Zahlen erkundigt. Braz hält einleitend in seiner Antwort fest, dass hierzu die Zahlen des nationalen „Comité de suivi de la lutte contre la traite des êtres humains“ zur Verfügung stehen. Diese würden sich nur auf identifizierte Opfer von Menschenhandel (Sklaverei ist laut Gesetzestexten eine Form von Menschenhandel) beziehen. Dunkelziffer demnach ausgeschlossen, und der Justizminister geht in seiner Antwort auch nicht auf eine solche ein.
65 Opfer, davon 53 Frauen
Die gelieferten Statistiken geben die Opferzahl für die letzten sechs Jahre mit insgesamt 65 an. Eindeutig die meisten Fälle gab es im Bereich der sexuellen Ausbeutung („exploitation sexuelle“/44). Frauen sind bei weitem am meisten betroffen (53).
Die Zahlen gehen je nach Kategorie und Art der Statistik allerdings nicht immer „auf“. Bei einer ersten Aufzählung nach der Art der Ausbeutung („type d’exploitation“) sind die Fälle im Bereich des Geschäfts mit käuflichem Sex mit 44 angegeben; sieben Fälle werden in der Kategorie „exploitation travail“ angegeben. In einer zweiten Aufzählung kommt man in drei Unter-Kategorien der „exploitation sexuelle“ auf 41 Fälle, während in den sechs Unterkategorien betreffend „travail“ kein einziger Fall mehr aufgeführt wird.
Dies zeigt wohl, wie schwierig dieses juristische Feld sein kann und wie schwer manchmal schon Definition und Kategorisierung sind. Jedenfalls werden übereinstimmend keine Fälle in folgenden Kategorien aufgeführt: Verkauf von Kindern, Verkauf von menschlichen Organen, Bettlerei.
Sensibilisierungskampagne im November
Der Justizminister betont in seiner Antwort, dass die Luxemburger Gesetzgebung regelmäßig angepasst wird, letztmals am 9. April 2014. Im Vergleich zum Vorgängergesetz taucht hier erstmals die Bettlerei in den Texten auf. Félix Braz stellt des Weiteren für November 2016 eine öffentliche Sensibilisierungskampagne in Aussicht sowie „in den nächsten Monaten“ einen nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel.
Zum Zurückblättern: Ende Juni war ein Restaurantbesitzer zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden, u.a. da die Situation der Betroffenen inzwischen in Ordnung gebracht worden sei. Vier Personen hatten gegen den Mann geklagt. 18 Monate auf Bewährung hieß es am gleichen Tag in einem Prozess um ein Nachtlokal, das denn auch auf richterliche Anordnung geschlossen werde muss. In dieser Art Prozess lauten die Anklagepunkte oft gleichbleibend „Menschenhandel, Prostitution und Zuhälterei“. Ein weiteres, ähnliches Urteil ist derweil noch anhängig.
Weitere Details zum Thema im Tageblatt vom 11. Juli (Print und Epaper).
De Maart

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