G20 ohne Ziel und Willen

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Wozu bedarf es eigentlich eines G20-Gipfeltreffens? Der Club der reichsten Industrienationen und der Schwellenländer hat soeben in Korea gezeigt, dass er weder weiß, wozu er gut ist, noch wie er es fertigbringen soll, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Allein die Beschlüsse zu Basel III und der IWF-Reform reichen nicht aus, um dem Gipfel eine positive Bilanz...

Sascha Bremer
sbremer@tageblatt.lu

Die Gipfeltreffen der Regierungschefs der größten Industrienationen der Welt waren einst als bescheidenes Forum gestartet. Nach dem Zusammenbruch des Wechselkurssystems von Bretton Woods und der ersten großen Erdölkrise in den 70er Jahren wollte man sich über Währungsfragen austauschen. Die Entscheidungen, die dort getroffen wurden, hatten Auswirkungen weit über die Mitgliedstaaten hinaus. Eine Tatsache, die den Gipfeltreffen zu Recht den Stempel eines undemokratischen Entscheidungsgremiums aufdrückte. Die G6 und 7 waren zwar ein Club der Demokratien, jedoch kein Hort der Demokratie. Zu viele Teile der Menschheit oder deren Repräsentanten hatten kein Mitspracherecht.

Lange wurde dieses Demokratiedefizit einerseits mit dem Anspruch der Effizienz legitimiert. Andererseits sollte gerade diese Effizienz als Garantie dafür gelten, dass die Entscheidungen zum Nutzen aller (zumindest der westlichen) Staaten und deren Bevölkerungen getroffen werden. Man versuchte wenigstens sich den Anschein zu geben, dem common good, dem Gemeinwohl, verschrieben zu sein.

Der Begriff des Gemeinwohls bezeichnet von jeher das hehre Ziel einer Politik, welche zum Nutzen wenn nicht aller, so doch der meisten gestaltet wird und nicht nach der Verteidigung von Partikularinteressen trachtet.
Genau dies ist allerdings in Seoul passiert. Die Partikularinteressen obsiegten. Hierfür gibt es drei Gründe, von denen keiner die Hoffnung nährt, dass sich diese Gipfeltreffen so bald zu effizienten Entscheidungszentren (von Demokratie kann hier keine Rede sein) mausern, welche sich irgendwie dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen.

Drei Gründe für die Ineffizienz

Zum einen ist der Druck, der durch die Finanz- und Weltwirtschaftskrise auf den Schultern der G20-Regierungschefs lastete, für einige verpufft. Man kann, was die momentane Situation der nationalen Ökonomien und der Finanzwelt betrifft, nicht von einer nachhaltig stabilen Lage sprechen. Allein, einige nationale Wirtschaften (China, Deutschland, Brasilien, Kanada, usw.) funktionieren momentan dermaßen gut, dass diese nicht für ein Austarieren der weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte zu begeistern sind. Die Frage steht im Raum, ob G20-Treffen nur für die Bewältigung absoluter Krisen von Nutzen sein können.

Für eine gesteigerte Effizienz fehlt zum anderen ganz einfach eine gewisse Homogenität der Club-Mitglieder. Die alten G6, G7 und wie diese Treffen noch hießen, waren Zusammenkünfte der großen Staaten der westlichen Welt, welche seit Jahrzehnten engste Beziehungen pflegen, gemeinsame Projekte voranbringen und gemeinsame Werte teilen. Dieser Punkt ist lediglich ein weiterer Beweis dafür, dass die Politik in Sachen Integration den Wirtschaftsflüssen immer noch hinterherhinkt.

Am schlimmsten wiegt jedoch wohl die Abwesenheit eines Leaders. Gerade Seoul hat verdeutlicht, dass die USA diesen Status eingebüßt haben, brachte Obama es doch nicht fertig, China und Deutschland in der Frage der Handelsüberschüsse auf seine Sichtweise einzustimmen. Im Gegenteil, beide Länder haben gezeigt, dass sie in einem Punkt eine erfolgreiche Allianz gegen die USA eingehen können. Was wiederum dafür spricht, dass der Verteidigung der Partikularinteressen, im Gegensatz zu den Kompromissen im Sinne des Gemeinwohls, eine rosige Zukunft bevorsteht.

Die G20 werden demnach so schnell weder die Märkte an die Kandare nehmen können noch zur alles bestimmenden Weltregierung werden.