Berlusconi steht vor Gericht. Und kann sich nur mit Mühe wach halten - so "extrem schwierig" sei die Materie. Diesmal ging es um die Bestechung seines ehemaligen britischen Anwalts Mills.
Am 1. September 2011 wurde bekannt, dass Silvio Berlusconi in einem abgehörten Telefonat offen über sein Land geschimpft hat: "Die Leute können sagen, dass ich vögle. Das ist das Einzige. In ein paar Monate werde ich fortgehen und mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Ich verlasse dieses Scheissland, bei dem ich kotzen könnte." Doch das war längst nicht der erste verbale Aufreger des Silvio Berlusconi. (dapd/Jacques Brinon)
"Ich glaube ernsthaft, dass ich mit Abstand der beste Ministerpräsident bin, den Italien in seiner 150-jährigen Geschichte hatte", sagte der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi am 10. September 2009. (dapd/Andreas Solaro)
Zu den Medienangriffen rund um sein Privatleben sagte er: "Ich werde von einer Stierherde angegriffen, doch ich bin ein Stierkämpfer, der keine Angst hat." (Tageblatt-Archiv/Alessandro Garofalo)
Anfang September 2009 forderte er einen Maulkorb für EU-Sprecher: "Wir werden die EU blockieren, wenn nicht bestimmt wird, dass nur noch der Kommissionspräsident reden darf". (Tageblatt-Archiv/max Rossi)
Zum Gerücht, er sei erkrankt, wollte Berlusconi Ende August keine Stellung nehmen. Nur so viel: "Ich bin nicht krank. Im Gegenteil: Ich bin Superman!" (Tageblatt/ben Curtis)
Berlusconi erklärt am 20. Mai 2009, warum Flüchtlinge sofort abgeschoben werden müssen: "Unsere Lager zur Identifikation sind Konzentrationslagern sehr ähnlich." (dapd/Andreas Solaro)
Wählerstimmen dank Showgirls? "Wir haben nur kompetente Frauen als Kandidatinnen gewählt. Meine Partei hat immer nur Frauen ins Parlament gehievt, die viel kompetenter als die Männer sind", 6. Mai 2009. (Tageblatt/Riccardo de Luca)
"Ich war einmal zu Besuch in Finnland. Wir haben früh am Morgen drei Stunden fahren müssen, um eine Holzkirche aus dem 18. Jahrhundert zu besichtigen. Bei uns hätte man so eine Kirche zerstört", sagte er am 6. Mai 2009. (dapd/Riccardo de Luca)
"Jetzt wird man behaupten, dass ich einen diplomatischen Streit mit Finnland auslösen will. Das stimmt nicht. Ich liebe die Finnen und die Finninnen, Hauptsache, sie sind älter als 18 Jahre", scherzte er weiter. (Tageblatt/Sandro Pace)
Der Ministerpräsident verglich die Lage der obdachlos gewordenen Erdbebenopfer am 7. April 2009 in den Abruzzen mit einem Freizeitspass: "Man muss das nehmen wie ein Camping-Wochenende." (Tageblatt-Archiv/ho)
"Der argentinische Diktator ist seine Gegner losgeworden, indem er sie in einem Flugzeug mit einem Fussball in die Luft brachte und dann die Tür öffnete und sagte: 'Es ist ein schöner Tag, geht raus spielen'." (Februar 2009) (Tageblatt/Gregorio Borgia)
Am 6. April 2011 wurde der Prozess gegen Silvio Berlusconi nach wenigen Minuten bereits wieder vertagt. Über die Vorwürfe reisst Berlusconi lieber Witze: "Ich habe Bunga Bunga als Marke patentieren lassen, damit ich es in allen Regionen Italiens benutzen kann." (dapd/Alberto Pizzoli)
Vergewaltigungen seien auch in einem Militärstaat nicht zu vermeiden, sagte Berlusconi in einer Diskussion. "Wir müssten so viele Soldaten haben wie es in Italien schöne Frauen gibt." (dapd/Andrew Medichini)
"Ich habe ihm (Medwedew) gesagt, dass er (Obama) alles hat, um Vereinbarungen mit ihm zu erreichen: er ist jung, ansehnlich und sogar gebräunt." (November 2008) (Tageblatt/Alexander Zemlianichenko)
Berlusconi behauptet in einem Radio-Interview, er sei so gut in Latein, dass er "mit Julius Caesar zu Mittag essen könnte". (April 2008) (Tageblatt)
"Ich habe zu viel Wertschätzung für die Intelligenz der Italiener, als dass ich denken könnte, dass es hier tatsächlich so viele Idioten gibt, die gegen ihr eigenes Interesse wählen". (4. April 2006) (dapd/Pier Paolo Cito)
"Ich bin der Jesus Christus der Politik", 13. Februar 2006 (AP/Olivier Hoslet)
"Nur Napoleon hat mehr erreicht als ich". (11. Februar 2006) (dapd/Maxim Marmur)
"Ob ich treu bin? Ich würde sagen, ich war oft treu". (25. Januar 2006) (dapd/Yves Logghe)
"Einer wie ich, der 20.000 Milliarden auf dem Konto hat, muss sich mit Leuten wie euch herumschlagen! Ich werde euch Postkarten von den Bahamas schicken", (17. Juli 2005) (dapd/str)
"Ich möchte hier noch einmal an die kommunistischen Attacken auf die Zwilingstürme erinnern...". (21. Mai 2004) (dapd/Claudio Onorati)
"Keiner meiner Minister ist so gut bestückt wie ich".(29. Januar 2004) (dapd/Pier Paolo Cito)
Nach Medienberichten Mitte Januar 2011 soll Silvio Berlusconi sich in Mailand und Rom einen ganzen Harem gehalten haben, der in seinen Wohnungen ohne Kontrolle ein und aus gegangen sei. Der Premier reagierte darauf überrascht: "24 Geliebte? Da wäre ich besser als Superman". (dapd/Andreas Solaro)
"Ihr seid Touristen der Demokratie". (3. Juli 2003) (dapd/Olivier Hoslet)
"Herr Schulz, ich weiss, dass in Italien ein Produzent einen Film über die Konzentrationslager der Nazis dreht. Ich werde Sie für die Rolle des Kapo vorschlagen". (2. Juli 2003) (dapd/Alessandra Tarantino)
"Die Justiz ist ein Krebsgeschwür des Rechtsstaates, das wir ausrotten müssen". (4. Oktober 2002) (dapd/Salvatore Laporta)
Weil er eine hohe Arbeitsbelastung habe, schaue er hin und wieder schöne Frauen an und finde dies besser "als schwul zu sein", sagte Berlusconi am 2. November 2010, als sich zwei junge Damen zu Wort meldeten und über Affären zum Cavaliere berichteten. Seine Beziehung zu den jungen Frauen sei "von Solidarität" geprägt gewesen, erklärte Berlusconi. (dapd/Tiziana Fabi)
"Ich sammle eine kleine Geschichte pro Tag...und auch ein Mädchen pro Tag", so Berlusconi kurz nach seinem 74. Geburtstag am 29. September 2010. (Tageblatt)
Ende Mai 2010 sorgte Silvio Berlusconi mit einem Zitat des faschistischen Diktators Benito Mussolini für Schlagzeilen: "Ich wage es, einen Satz von jemandem zu zitieren, der als grosser Diktator galt, nämlich Mussolini: 'Man sagt, dass ich Macht habe, aber es sind meine (Partei-)Hierarchien, die sie haben, ich kann nur sagen, ob mein Pferd rechts oder links geht". (Tageblatt-Archiv/Tony Gentile)
Ende Januar 2010, kurz vor seiner Nahost-Reise, kritisierte der Italiener die israelische Siedlungspolitik: "Als Freund, möchte ich dem Volk und der Regierung Israels, Hand auf's Herz, sagen, dass diese Politik ein Fehler ist". (dapd/Gregorio Borgia)
"Ich stelle fest: Sie sind schöner als intelligent": Mit diesen Worten beleidigte Silvio Berlusconi am 7. Oktober 2009 die prominente Oppositionspolitikerin Rosy Bindi, als sie sich zum aberkannten Immunitätsgesetz Berlusconis äusserte. (Tageblatt/Andrew Medichini)
Wenige Tage zuvor hatte sich der Ministerpräsident nach der Aberkennung seiner Immunität als Justizopfer gesehen: "Ich bin der am meisten von der Justiz verfolgte Mensch aller Zeiten und in der ganzen Welt." (dapd/Tano Pecoraro)
Der Dauerärger mit der italienischen Justiz will für Silvio Berlusconi kein Ende nehmen. Gut zwei Wochen nach seinem Rücktritt erschien der 75-jährige Medienzar am Montag erneut vor dem Richter in Mailand. Dort sollte sein ehemaliger Anwalt David Mills, der für Falschaussagen Geld bekommen haben soll, in einer Videoschaltung befragt werden. Dazu kam es aber nicht, weil sich Anwälte und Verteidiger in London und Mailand über die Zulässigkeit der Mills-Aussage nicht einig wurden. Der Prozess wurde auf den 19. Dezember vertagt.
Entscheidender Streitpunkt war italienischen Medienberichten zufolge, ob und als welche Art von Zeuge Mills aussagen soll. Als einfacher Zeuge ohne Assistenz eines Anwalts wäre Mills zur Wahrheit verpflichtet und könnte vom Recht, die Aussage zu verweigern, keinen Gebrauch machen. „Es war extrem schwierig, überhaupt wach zu bleiben“, erklärte Berlusconi schon nach dem ersten Teil der Verhandlung am Mittag.
600.000 Dollar für Falschaussagen
Berlusconi wird vorgeworfen, dem Briten für Falschaussagen in Prozessen in den 1990er Jahren 600.000 Dollar (knapp 449.000 Euro) gezahlt zu haben. Mills war in dem Korruptionsfall bereits 2009 von einem Mailänder Gericht zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Kassationsgericht in Rom entschied jedoch 2010 auf Freispruch wegen Verjährung.
Auch für Italiens ehemaligen Skandalpremier ist das Verfahren in der Schlussphase. Eine Verurteilung Berlusconis ist nicht ausgeschlossen, sollten die Staatsanwälte und Richter das Verfahren rechtzeitig bis zur Verjährung im März 2012 zu Ende bringen. Das ist bislang unklar.
„Paradox, weil verjährt“
Berlusconi bezeichnete das Verfahren als „paradox“, da die Verjährung „sicher“ sei, und es daher aus „ökonomischen Gründen“ keinen Sinn mache, den Prozess weiterzuführen. Wie italienische Medien berichteten, hatten seine Verteidiger Niccolò Ghedini und Piero Longo noch versucht, die Anhörung am Montag zu verschieben.
Berlusconi muss sich außer im Mills-Prozess noch in drei weiteren Verfahren vor der Justiz verantworten. Dazu zählt unter anderem der Prozess wegen angeblicher sexueller Beziehungen zu dem damals minderjährigen Callgirl Ruby. Im Mediaset-Prozess um Steuervergehen beim Verkauf von Film- und Fernsehrechten war der Medienmogul bereits am vergangenen Dienstag – erstmals nach seinem Rücktritt – im Gerichtssaal erschienen.
Eric Rings, geboren 1979 in Esch/Alzette, studierte Germanistik und Romanistik an der Universität Heidelberg und fing 2010 als Journalist beim Tageblatt an. Seit 2019 schreibt er über innenpolitische Themen.
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