„The Dead Don’t Hurt“Vicky Krieps als Westernheldin 

„The Dead Don’t Hurt“ / Vicky Krieps als Westernheldin 
Vicky Krieps in „The Dead Don’t Hurt“ von und mit Viggo Mortensen Quelle: imdb.com

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Viggo Mortensen und Vicky Krieps, vereint in einem Western – ein Erfolgsgarant? Ein kritischer Blick auf „The Dead Don’t Hurt“. 

Beim Wort Western reagiert der cinephile Mensch wie auf einen pawlowschen Reflex. Bei den Namen Vicky und Krieps erhöht sich hierzulande dieser Reflex um das gefühlt Tausendfache. Damit wäre die Essenz der großherzoglichen Cinephilie schnell aufgedeckt: Dass „The Dead Don’t Hurt“ – ein Western mit Vicky Nationale – dann noch von Viggo „Aragorn“ Mortensen inszeniert wurde, darf nur noch als die vermeintliche Kirsche auf dem Kinotörtchen verstanden werden.

Der Wilde Westen der Vereinigten Staaten, Anfang der 1860er – gleich zu Beginn von „The Dead Don’t Hurt“ fallen die Darsteller durch Saloon-Türen, es wird geschossen und auf Pferden davongeritten. Im Wilden Westen nichts Neues also. Nach diesem Eröffnungsmoment schaltet der Filmemacher Viggo Mortensen aber einen Gang zurück und wechselt vorerst die Bahnen: Mortensen selbst spielt den Dänen Holger Olsen, während Vicky Krieps die Frankokanadierin Vivienne Le Coudy verkörpert. Auf den ersten Blick ein ungleiches Paar, dickköpfig sind die beiden allemal, aber ihre ruhigen Wesen und das Interesse aneinander bringt sie zusammen. Holger findet einen baufälligen Schuppen mitten im Nirgendwo von Nevada, weit weg von der Zivilisation. Diese Zivilisation meldet jedoch den amerikanischen Sezessionskrieg an, für den Truppen gebraucht werden und trotz einer mittelbegeisterten Vivienne geht Holger an die Front. Auf sich alleine gestellt, wird die charakterstarke Frau ihren eigenen Krieg führen müssen.

Western wiederbeleben

Das Jahr ist 2024 und es könnte wieder ein Jahr eines x-ten Wiederbelebungsversuches des klassischen amerikanischen Westerns sein. Kevin Costner, der zusammen mit Tyler Sheridan das Yellowstone-Imperium im Fernsehen aufgebaut hat, steht selbst mit einem neuen Western-Epos (in zwei Teilen) in den Startlöchern, welches jetzt Ende Mai in Cannes Weltpremiere feiert. Viggo Mortensens „The Dead Don’t Hurt“ ist in jeder Hinsicht bescheidener. Das Pferde-Reiten ist dem Schauspieler und Filmemacher nicht unbekannt – „Appaloosa“ von Ed Harris, „Hidalgo“ und natürlich die „Lord of the Rings“-Filme bleiben in Erinnerung. Für „The Dead Don’t Hurt“ bedient er sich wohl ganz bewusst der klassischen Codes des Western-Genres, ohne diese jemals dekonstruktivistisch zu verarbeiten. Mortensens Deklination geht über ein Verschieben des Blickwinkels auf den Wilden Westen. Andere Filmemacher (das Maskulinum ist bewusst angewendet) wären mit Holger Olsen an die Front des Bürgerkriegs gegangen. Mortensen bleibt lieber bei der zurückgelassenen Frau, bei Vicky Krieps, die er sichtlich gerne vor der Kamera agieren lässt.

Seine feministische Lektüre des Westerns geht trotz guter Absichten nicht weit genug oder ist nicht konsequent genug. Das Hin und Her auf der Zeitleiste des Geschehens lockert die alles andere als weltbewegende Geschichte nicht auf, eher verwässert es, was der Filmemacher erzählen will. Das geht so weit, dass man irgendwann nicht mehr recht weiß, was er überhaupt erzählen will und man zweifelt am Ende am feministischen Ausdruck, für den er sehr weit ausgeholt hat. Krieps und Mortensen sind als Spieler eine einigermaßen tolle Kombination – ihre Akzente sind ganz rührend –, aber der Film schleppt sich irgendwann nur noch zu seinem obligatorischen, nicht sehr inspirierten finalen Shootout.

Wie den Toten tut der Film nicht sonderlich weh, aber etwas anderes fühlt man beim Kinobesuch auch nicht. Eins ist jedoch sicher: Das „Luxembourg City Film Festival“ hat in diesem Rhythmus für die nächsten 20 Jahre dank Vicky Krieps die Eröffnungs- oder Abschlussfilmslots gesichert.

„The Dead Don’t Hurt“, neu in den Kinepolis-Multiplexkinos sowie den Regionalkinos von Cinextdoor und Caramba

Interview mit Viggo Mortensen

Am Samstag, 4. Mai, publiziert das Tageblatt ein Interview mit dem Regisseur und Schauspieler Viggo Mortensen von unserer Korrespondentin Corinne Le Brun.