„Man kann sich nicht erlauben, Kinder zu vergraulen“

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Traffo geht weiter. Das Festival für junge Bühnenkunst war eins der Highlights des Kulturjahres im vergangenen Jahr. Jetzt soll es sich als fester Bestandteil des hiesigen Kulturprogramms etablieren. Hier ein kleiner Einblick in die Traffo-Zukunft. Heike Bucher

„Man kann sich nicht erlauben, Kinder zu vergraulen“, sagt Laura Graser. „Wenn sie gleich beim ersten Mal blöde Erfahrungen machen und ein schlechtes Stück sehen, kommen sie vielleicht nicht wieder und das wäre schade.“
Laura Graser weiß, wovon sie spricht. Schließlich war sie eine der Hauptverantwortlichen für das Traffo-Festival im Kulturjahr. Fast zwei Jahre lang plante sie gemeinsam mit Francis Schmit und Dan Tanson das Programm, besuchte Kindertheater-Festivals und führte Absprachen mit Kompanien im In- und Ausland. Mit Erfolg: Traffo wurde zum Publikumsliebling, weil für jeden etwas dabei war – für alle Altersgruppen und in verschiedenen Sprachen. Wer die Liebe zum Theater bis dahin nicht entdeckt hatte, bekam in der Rotunde 2, der Spielstätte des Festivals, genügend Möglichkeiten, auf den Geschmack zu kommen. Traurig war es, als das Festival zu Ende ging, bis Anfang dieses Jahres die Meldung kam, Traffo würde weitergehen.
„Unser Problem war aber, dass wir nicht wussten, wie es weitergehen würde, wann die ’Carré Rotondes asbl.‘ gegründet würde und die Leute eingestellt werden könnten“, sagt Francis Schmit. Es dauerte einige Zeit, bis die Verträge für die Angestellten unter Dach und Fach waren. Als es dann so weit war, musste alles ganz schnell gehen. „Wir hatten noch einen guten Monat Zeit, um das Programm definitiv auf die Beine zu stellen und zeitgleich ein Programmheft zu entwerfen“, sagt Laura Graser. Sie haben es geschafft. Glücklicherweise hatten sie zu diesem Zeitpunkt bereits verschiedene Gespräche mit Künstlern geführt und alte Kontakte genutzt. Alles unter Vorbehalt natürlich. Erst mit dem offiziellen Okay wurden Nägel mit Köpfen gemacht.

Die drei Säulenvon Traffo

„Es war unser Anliegen, nicht häppchenweise ein paar Stücke zu servieren, sondern ein gesamtes Saisonprogramm vorzustellen und mit ihm eine eindeutige Linie“, meint Graser. Auf drei Säulen ruht das zukünftige Traffo-Modell. Eine davon ist die professionelle Bühnenkunst: Unter dem Namen „Traffo_Rido“ werden Produktionen für unterschiedliche Altersstufen angeboten. Neu daran ist, dass man die Karten auch im Abonnement erwerben kann. „Natürlich möchten wir ein konsequentes Publikum haben, aber trotzdem nicht alles mit Abonnements zuklatschen. Deshalb ist ein bestimmtes Kontingent an Karten den Abos vorbehalten und eins ist für den freien Verkauf“, sagt Laura Graser.
Wer sich für ein entsprechendes Abo interessiert, bekommt vier Stücke für eine Altersgruppe zum Preis von dreien. Bis zum 14. September können die Abonnements bestellt werden, danach beginnt der freie Verkauf. Zusätzlich – und auch als Abo – gibt es einen Zyklus zum Thema „Rotkäppchen“: vier unterschiedliche Produktionen erzählen dieselbe Geschichte, jede allerdings auf ein völlig andere Art. Und im Dezember wird es außerdem ein Weihnachtsprogramm geben, von dem einiges im Grand Théâtre stattfindet (s. blauer Kasten).
Die zweite Säule nennt sich „Traffo_Studio“ und möchte „Kinder und Jugendliche zur aktiven Teilnahme an Projekten anregen“, wie es in der Ankündigung heißt. So wird das „Dance“- Spektakel weitergeführt, das schon im Kulturjahr für Aufsehen sorgte, weil es über 50 luxemburgische Kinder und Jugendliche auf der Bühne vereinte. Aber auch in andere Kunstsparten wie Musik, Film und Theater sollen Einblicke gewährt werden. In Zusammenarbeit mit der Cinémathèque wird beispielsweise in den Osterferien ein Seminar für 14- bis 18-Jährige angeboten, in dem der Bedeutung von Geräuschen und Musik in Filmen auf den Grund gegangen wird.
„Traffo_Labo“ ist die dritte Säule des Programms und bietet neben Workshops auch Weiterbildungen für alle Altersgruppen.
Insgesamt 164 Vorstellungen sind geplant, 96 davon sind öffentlich, der Rest ist den Schulen vorbehalten. „Unser Programm steht aber nicht nur den Schulen der Stadt Luxemburg offen. Auch andere Gemeinden können die Schulvorstellungen besuchen“, erklärt Laura Graser.
Das Theaterprogramm beginnt am 3. Oktober mit dem Stück „Au jardin“. Es ist ein Stück für ganz Kleine und verbindet Theater, Video, Schattenspiel und Malerei. Es sei schwierig, ein Stück für die allerkleinsten Kinder auszusuchen, meint Francis Schmit. „Man muss sich oft gegen die Ästhetik entscheiden“, sagt er. Neben „Au Jardin“ hatte die Kompanie noch ein anderes Stück im Repertoire, das Schmit persönlich viel besser gefallen hatte. Bei den Vorstellungen merkte er jedoch, dass die Interaktion mit den kleinen Zuschauern und deren Eltern viel besser bei „Au Jardin“ lief, also entschied er sich für diese Produktion.
Das Programm verspricht vor allem eine große Vielfalt: Zauberhaftes und Lustiges, Absurdes und Trauriges wird es zu sehen geben. Und manche sogenannten Tabuthemen werden berührt.
Natürlich wollen die beiden Programm-Verantwortlichen so wenig Kompromisse wie möglich machen, werden aber oft dazu gezwungen, weil auch der Terminkalender von vorneherein einiges ausschließt. „Es war schon schwierig, für alle Altersklassen und immer in der gleichen Menge Produktionen anbieten zu können. Wir wollten die dann auch so koordinieren, dass sie zeitlich passen und wir nicht die Stücke für die ganz Kleinen innerhalb von sechs Wochen alle abspielen und dann ganz lange nichts kommt“, sagt Schmit. „Die eine oder andere Produktion, die wir gerne genommen hätten, konnten wir aus diesem Grund dieses Jahr nicht einladen und mussten sie aufs nächste verschieben.“
Von der Stadt Luxemburg kam auch der Wunsch, dass sich die Häuser untereinander absprechen, damit es keine Überschneidungen gibt. Daher kommt auch die Zusammenarbeit mit dem Grand Théâtre.

Mehr Möglichkeiten für Eigenproduktionen

Um Vorbehalten und Ängsten anderer Veranstaltungsorte entgegenzuwirken, wären auch andere Formen der Zusammenarbeit denkbar. So könnte man verschiedene Produktionen gemeinsam einladen und diese dann an mehreren Stellen in Luxemburg aufführen.
Aber erst einmal gibt es für Traffo selbst vieles zu tun. Denn „die kommenden Jahre im Carré Rotondes sind ja nur eine Übergangszeit“, meint Laura Graser. „Im Moment sind wir sehr auf Gastspiele angewiesen, wie das auch im Kulturjahr war. Aber wenn wir wieder in die Rotunde kommen, werden wir von der Logistik und den Räumlichkeiten her mehr Möglichkeiten anbieten können, um selber kreativ zu werden und mehr Eigenproduktionen anbieten zu können.“ Man wird sehen.



Traffolino
(1,5 bis 3 Jahre):
„Au jardin“, am 4. und 5. Oktober; „Hase Hase Mond Hase Nacht“, am 5., 7. und 8. Februar 2009; „Pluie“, vom 28. bis 31. März 2009; „Toot Ouïe“, am 13., 14. und 16. Juni 2009
Kanner (4 bis 8 Jahre):
„Ivi sa vie“, am 11. und 12. Oktober; „Faralle“, am 27., 29. und 30. November; „Tekimoi?“, am 7., 8. und 10 März 2009; „Coâ?“, am 1., 2., 3. und 5. Mai 2009
Famill (ab 8 Jahre):
„A wann se net gestuerwe sinn …“, am 1. und 2. November; „Vorstellung, in der hoffentlich nichts passiert“, am 11. Januar 2009; „Ouroboros“, am 29. und 31. Januar und 1. Februar 2009; „Am Anfang“, am 15. und 17. März 2009; „Mijnheer Porselein“, am 12. und 13. April 2009; „Ursel“, am 6., 7. und 9. Juni 2009
Jugend (ab 12 Jahre):
„Bronstsluier“, am 13. November; „Tour de cochon“, am 27. März; „Soliloques“, am 9. Mai
Zyklus „Rotkäppchen steht Kopf!“:
„Un petit chaperon rouge“ (ab 8 Jahre), am 22. und 23. November; „Rotkäppchen“ (4 bis 9 Jahre), am 4. und 6. Januar 2009; „A sonatina“ (ab 6 Jahre), am 15. und 17. Februar 2009; „Bistouri“ (ab 7 Jahre), am 21. und 23. Juni 2009
Traffo_Chrëschtdeeg:
(in Zusammenarbeit mit dem Grand Théâtre):
„Farb(t)räume“ (6 bis 12 Jahre), vom 25. bis 29. Dezember; „Double Tour“ (ab 8 Jahre), am 26. und 27. Dezember; „L’histoire de Babar“ (4 bis 7 Jahre), am 20. und 21. Dezember im Grand Théâtre; „Marie-Louise“ (ab 8 Jahre), am 28. und 29. Dezember im Grand Théâtre

Anfangszeiten bitte erfragen; aufgeführt sind nur öffentliche Vorstellungen, die Schulvorstellungen finden zu anderen Zeiten statt. So weit nicht anders angegeben, finden alle Vorführungen im Carré Rotondes statt: 1, rue l’Aciérie, L-1112 Luxembourg
Abonnements können bis zum 14. September bestelltwerden. Information und Reservierungen: Carré Rotondes asbl., BP 2470, L-1024 Luxembourg, Tel.:
26 62 20 07
www.rotondes.lu