In den Wald geschickt

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Jedes Jahr kurz vor Weih nachten präsentiert das „Théâtre national du Luxembourg“ eine eigene Produktion für die Allerkleinsten. Dieses Jahr steht „Hänsel und Gretel“ auf dem Programm, eine Märchenoper nach den Gebrüdern Grimm mit der Musik von Engelbert Humperdinck./ Heike Bucher

Hänsel und Gretel kurz vor dem Schlafengehen. Sie singen noch einige Lieder, tanzen ein wenig, necken und streiten sich und als die Mutter sie zu Bett schickt, können sie vor lauter Ausgelassenheit nicht schlafen.
Da liest Hänsel seiner Schwester noch heimlich aus seinem Buch vor. Er liest das Märchen von „Hänsel und Gretel“ und lässt dabei nichts aus. Er erzählt, wie die Kinder von den eigenen Eltern in den Wald geschickt werden, wie sie sich verlaufen und schließlich erschöpft, hungrig und ziemlich ängstlich auf die böse Knusperhexe stoßen. Und schwupps, kaum hat Hänsel die Geschichte erzählt, wird sie für die Geschwister auch schon Wirklichkeit.

Die Hexe machtKunststücke

Sie stehen verängstigt im Wald und laufen der bösen Hexe in die Arme. Die sieht zwar mit ihrem dunkelrot leuchtenden Haar, dem blau geschminkten Gesicht und ihrem Kunstpelzmantel eher aus, als sei sie irgendeinem Jahrmarkt entlaufen, sie kann dafür aber auch richtige Kunststücke machen. So zaubert sie große Kekse herbei, einen nach dem anderen.
Und während Gretel noch versucht, ihren Bruder zurückzuhalten, ist der seiner Gier schon erlegen und in die Fänge der Hexe geraten. Am Ende wird natürlich alles gut, weil Kinder ganz schön schlau und Knusperhexen leider etwas einfältig sind.
Die Regisseurin Jacqueline Posing-Van Dyck hat sich mal wieder eines Märchens angenommen. Keine schlechte Idee. Denn neben ihrer Leidenschaft für poppige Farben, der sie in jeder ihrer Inszenierungen für Kinder nachgeht, will sie außerdem mit ihren Stücken eine Mission erfüllen: Opernmusik auch Kindergartenkindern nahezubringen. Dafür hat sie sich dieses Mal mit ihren beiden Hauptdarstellerinnen Annette Pfeifer und Iris Marie Kotzian einen großen Dienst erwiesen, weil die beiden nicht nur singen können, sondern sich auch offensichtlich auf der Bühne ziemlich wohlfühlen.
So treten sie selbstbewusst, dabei aber völlig unaffektiert ihre Reise in eines der schwierigsten Volksmärchen an. Denn durch „Hänsel und Gretel“ zieht sich eine dunkle Konstante: Die Kinder sind immer in Gefahr. Ob im Wald oder bei der Hexe – wirklich sicher sind sie nie.

Das Guteund das Böse

„Kinder brauchen Märchen“ heißt das wohl berühmteste Buch des amerikanischen Kinderpsychologen Bruno Bettelheim, das seit den 1970er Jahren in keinem Regal engagierter Pädagogen und Eltern fehlen darf. Denn neben der eigentlichen Geschichte, die sie erzählen, haben Märchen einen tieferen Sinn, eine Art Lehrauftrag. Die Nebeneinanderstellung des Guten und Unschuldigen mit dem Bösen soll Kindern helfen, eigene Konflikte zu reflektieren und zu lösen. Deshalb darf die Knusperhexe bei „Hänsel und Gretel“ auf gar keinen Fall fehlen, auch wenn sie noch so böse ist.

„Hänsel und Gretel“
Weitere Vorstellungen:
Am 5., 6., 12. und
13. Dezember um 17 Uhr
194, route de Longwy
L-1940 Luxemburg
www.tnl.lu