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Ob Städte aus Hundehütten, kunterbunte Filzhäuser oder das Skelett des IKEA-Kataloges – in den zwei neuen Ausstellungen im Mudam dreht sich alles ums Wohnen./Janina Strötgen

Laure Tixier hat Humor. Und Laure Tixier liebt Häuser. In den zurzeit im Mudam ausgestellten Arbeiten setzt sie sich auf unterschiedliche Weise mit Fragen des Wohnens, der Architektur und des Städtebaus auseinander. Dabei erforscht sie Utopien, die den Menschen bei der Entwicklung von Wohnflächen begleitet haben.
Im „Grand Hall“ des Museums wird der Besucher von neun metergroßen Häusern aus Filz empfangen, die Laure Tixier eigens fürs Mudam entworfen hat. Dafür versetzte sie sich in Kinder hinein, die aus ihrer Bettdecke die schönsten Häuser formen und sich darunter verstecken. Aus diesen „ersten architektonischen Fiktionen“, wie die Künstlerin diese kindlichen Wohnfantasien nennt, sind dann eine mittelalterliche Burg des apulischen Castel del Monte, ein Schweizer Chalet oder auch eine futuristische Wohnkapsel entstanden. Verkindlichte Utopien lassen sich auch in ihrer Serie „Dolci Carceri“ erkennen: Mit gemalten Marshmallows und Lakritzstangen rekonstruiert die Künstlerin die berühmten imaginären Gefängnisse des italienischen Architekten Giovanni Battista Piranesi und verwandelt so durch das Material kalte, angsteinflößende Räume in Paläste aus Zucker.

Wohnsiedlungenfür Hunde

Am humorvollsten ist vielleicht ihre Serie „Schön Île d’Utopie“, in der Texier bekannte architektonische Idealvorstellungen aufgreift, diese jedoch auf die Bedürfnisse von Hunden zuschneidet. So verwandelt sie die Architektur des „Bauhauses“, die des russischen Architekten El Lissitzky oder auch die „Stadt für drei Millionen Einwohner“ von Le Corbusier in Wohnsiedlungen für Hunde. Hundekörbchen und Hundehütten ersetzen Einfamilienhäuser und Wohnblocks.
Doch das Werk der Künstlerin umfasst nicht nur Installationen und Zeichnungen. In ihrem Video „Toontown Année Zéro“, welches ebenso Teil der Mudam-Sammlung ist, überträgt sie die tragische Geschichte des Rossellini’schen Helden Edmund aus dem Film „Allemagne Année Zéro“ aus dem Berlin von 1945 in ein Viertel aus Disneyland. Die Ruinen sehen aus wie bunte Bonbons. Dadurch bricht die Künstlerin einerseits mit dem Ernst des Filmes, beschwört aber andererseits eine vom Krieg zerstörte Landschaft herauf.
In all ihren Wohnstätten lässt sich die Tendenz erkennen, die auch den von Hermann und Valentiny entworfenen Pavillon, der an der Weltausstellung 2010 in Shanghai teilnehmen wird, kennzeichnet: Weg von strikten minimalistischen Linien, hin zu organischen, naturverbundenen Formen.

Jochen Gerner undder IKEA-Katalog

Doch was wären Häuser ohne Möbel? Mit diesen beschäftigt sich Jochen Gerner in seinen Arbeiten „Home“. Er hat den gesamten IKEA-Katalog 2008 einer Übermalung unterzogen, um so die Lektüre der Bilder und Texte zu verändern. Indem er das Dreidimensionale aus den Prospektbildern herausnimmt, unterstreicht er ihre Gesamtform mit ihren organischen oder kubistischen Linien. Dadurch entstehen Flächen in unterschiedlichen Grautönen, die nur noch durch grafische Elemente an ihr ursprüngliches Dasein erinnern.
Die Ausstellung Greiners ist zudem mit Zeichnungen angereichert, die der Künstler halbautomatisch beim Telefonieren in sein Notizbuch malt und die ihm dann als Ausgangspunkt für weitere Arbeiten dienen.