Wie viele Jobs kostet die Tram?

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Bringt die Tram die Arbeitsplätze der Busfahrer in Gefahr? Diese Frage stellten sich unsere Leser nach der Einweihung der Tram. Tut sie nicht, ist die Antwort der Behörden und Busfahrervertreter. Mehr Sorgen bereiten allerdings die Umstrukturierungspläne für das RGTR-Netz.

Je mehr Tram, desto weniger Bus – so lautet momentan die Devise in Luxemburg-Stadt. Mehrere Tausend Busfahrten in den überfüllten Straßen der Stadt sollen wegen des neuesten öffentlichen Verkehrsmittels wegfallen. Damit wäre es bald komplett vorbei mit den alltäglichen Bus-Blechlawinen in Richtung Bahnhof und Kirchberg. Den zuständigen Transportminister François Bausch freut es und auch die Gemeindepolitiker gaben sich bei der Eröffnung der Tram äußerst zufrieden. Die Tageblatt-Leser waren hingegen nicht so sehr von dieser politischen Herangehensweise überzeugt.

Würde die Streichung von mehreren Tausend Busfahrten nicht bedeuten, dass auch die Arbeitsplätze der Busfahrer auf dem Spiel stünden? Das Transportministerium antwortet auf diese Frage mit einem resoluten „Nein“. Die Arbeitsplätze seien absolut nicht in Gefahr. Die Tram würde zwar die Hauptachsen entlasten und insbesondere die RGTR-Linien aus der Stadt verbannen, doch es würden nicht weniger Busse beim Ausbau des Netzes benötigt.

„Wir sind dabei, das RGTR-Netz komplett zu reformieren. Die Pläne, die wir aktuell ausarbeiten, sollen ab 2019 umgesetzt werden. Ziel dieser Reorganisation ist es, das RGTR noch mehr als Zubringer für das Eisenbahnnetz auszurichten. Das bedeutet konkret auch mehr Busverbindungen“, erklärt Dany Frank, Pressesprecherin des Transportministeriums.
„Wegen der großen Nachfrage müssen wir unser RGTR-System von Grund auf reformieren. Eine solche grundlegende Umstrukturierung gab es schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr. Man kann also davon ausgehen, dass mehr Busfahrer benötigt werden, nicht weniger.“

Besseres Zusammenspiel

Auch die Gewerkschaften gehen nicht davon aus, dass durch die Tram Arbeitsplätze von Busfahrern verloren gehen. Christian Sikorski vom OGBL mahnt trotzdem, dass die Tram nicht „auf Kosten der AVL gehen darf“. Stattdessen würde man sich wünschen, dass man die frei werdenden Busse dazu nutzen würde, die verschiedenen Stadtviertel besser miteinander und mit der Tram zu vernetzen. „Der öffentliche Transport muss weiter ausgebaut werden und die unterschiedlichen Zahnräder müssen reibungslos ineinandergreifen.“ Den Ausbau des RGTR-Netzes als Zubringer für die Eisenbahn würde der OGBL begrüßen, meint Sikorski.

Der FNCTTFEL-Landesverband teilt diese Ansicht. Die Arbeitsplätze der AVL-Busfahrer seien sowieso mit dem öffentlichen Statut als Beamte gesichert. „Doch die Einführung der Tram bietet nun eine einmalige Gelegenheit“, sagt Nico Wennmacher vom Landesverband. „Es ist nun an der Zeit, das Buskonzept an die Tram anzupassen. Dazu gehört, die Stadtviertel besser zu verbinden, aber auch Notfallpläne auszuarbeiten. Denn wenn die Tram mal ausfallen würde, müssen wir wissen, wie viele Busse wir wo und wie als Ersatzverkehr einsetzen müssen.“ Außerdem setze sich der Landesverband nun dafür ein, die Privatisierung von städtischen Buslinien teilweise rückgängig zu machen und sie in das AVL-Netz wiederaufzunehmen. Auf den Ausbau des RGTR sei man „gespannt“ und hoffe, dass konkrete Konzepte bald vorliegen.

Die „Fédération luxembourgeoise des exploitants d’autobus et d’autocars“ (Fleaa) erteilt dem Abbau von Arbeitsplätzen der Busfahrer wegen der Tram eine deutliche Absage. Fleaa-Präsident Fränk Schilling betont, man würde sich „absolut keine Sorgen machen“, dass die Fahrer der privaten Busbetreiber ihre Jobs wegen der Tram verlieren könnten. Im Gegenteil: Durch die RGTR-Reform kämen sogar neue Arbeitsplätze hinzu.

Die Sorgen der Busfahrer

Doch was sagen die Busfahrer selbst zu der von unseren Lesern aufgeworfenen Frage? Auf die Tram angesprochen, meint ein Busfahrer dem Tageblatt gegenüber Folgendes: „Ich halte die Tram prinzipiell für eine gute Sache. Vor allem freuen meine Arbeitskollegen und ich uns darauf, nicht mehr ständig im Stau zu stehen. Das entlastet unsere Nerven.“ Sorgen um seinen Arbeitsplatz würde er sich wegen der Tram und der Streichung der Busfahrten keine machen.

Allerdings sollte man den öffentlichen Verkehr weniger hypokritisch behandeln, mahnt der Busfahrer. „Es kann doch nicht sein, dass man einerseits mehr öffentlichen Transport will und andererseits das Netz verkleinert oder den Busverkehr behindert.“ Ein Beispiel dafür seien die Busspuren: „Die dürfen von immer mehr Fahrzeugen genutzt werden. Da ist es doch kein Wunder, wenn der Busverkehr irgendwann zusammenbricht.“

Am meisten Kopfzerbrechen bereite ihm das RGTR-Netz. Nicht wegen der Umstrukturierung, die für 2019 geplant ist, sondern weil ein Teil des RGTR-Netzes im selben Jahr neu ausgeschrieben werden muss. Die regionalen Buslinien werden immer wieder für eine bestimmte Zeit an verschiedene private Busbetriebe „verpachtet“. Dann wird der Betrieb der Linien neu ausgeschrieben. Je nach finanzieller Dimension des Vertrages muss er allerdings europaweit ausgeschrieben werden. „Meine Kollegen und ich machen uns Sorgen, dass ein ausländisches Unternehmen die lokalen unterbieten und den Zuschlag bekommen könnte. Und was dann passiert, wissen wir nicht. Sind unsere Arbeitsplätze gesichert? Werden die Gehälter die gleichen bleiben?“

Europaweite Ausschreibung oder nicht?

Auf die Sorgen des Busfahrers angesprochen, winken die zuständigen Behörden momentan noch ab. Von der Fleaa heißt es nur, dass man noch nichts Genaues zur Ausschreibung wisse. Wennmacher vom FNCTTFEL gibt sich „vorsichtig zuversichtlich“: „Wir gehen davon aus, dass das Ministerium guten Willen bei den Modalitäten der Ausschreibung walten lässt.“ Durch verschiedene Anforderungen und festgelegte Standards könnte die Ausschreibung so formuliert werden, dass eigentlich nur luxemburgische Betriebe infrage kommen würden.

Das Ministerium selbst hüllt sich auf diese Thematik angesprochen in Schweigen. Zwar bestätigt man, dass die aktuellen Verträge 2018 auslaufen würden. Doch „zum jetzigen Zeitpunkt können wir zu Details keine weiteren Angaben machen“. Das Ministerium würde noch über die Verlängerung der Verträge, in Abstimmung mit den zuständigen Abteilungen der EU-Kommission, verhandeln.

Alexandra Neika
21. Dezember 2017 - 21.39

Das einfachste wäre, den Busfahrern eine Doppelqualifiktion zu ermöglichen, damit die auch auf Strassenbahnen eingesetzt werden können. So ist es jedenfalls in manchen dt Städte möglich. Das hilft, bei einer evt Kündigung, Betriebs- Verschmelzung/ Übernahme, weiterhin einsatzfähig zu sein und weiter beschäftigt zu werden- und kann auch über Personalengpässe hinweg helfen.- Z.B. in Köln sind städtische Busse und U-Bahn/ Strassenbahn in einer Hand (zugleich Öffentlicher Dienst), nur die Überlandbusse sind privat (lokale Anbieter). In Leverkusen haben bei den lokalem Stadtbusunternehmen auch viele Büromitarbeiter den Busschein, so kann über Krankheitswellen usw noch Notpersonal zur Verfügung gestellt werden. Hingegen gab es in der Vergangenheit tatsächlich schlechte Erfahrungen mit ausgeschriebenen Strecken für Schienenersatzverkehr, mit "ausgeliehenen" Fahrern, die der Kundschaft keinen besonders guten Service zeigen konnten. Sie wussten lediglich die eingeübten Strecken abzufahren. Informationen über Fahrpreise, Tarifgefüge, Umsteigemodalitäten usw blieben den meisten Aushilfen fremd. Lokale Fahrer können bzw wissen das, die müssen das lernen.