AusrüstungWeit mehr als Helme: Das hat Luxemburg bisher an Militärhilfe in die Ukraine geschickt

Ausrüstung / Weit mehr als Helme: Das hat Luxemburg bisher an Militärhilfe in die Ukraine geschickt
Nur eine kleine Auswahl dessen, was Luxemburg geliefert hat – darunter Munition (wie etwa 102 „Nlaw“-Antipanzer-Raketen), Fahrzeuge (wie 28 „Humvees“ und 6 Drohnen, 4 Pickups und 7 Jeeps) oder auch 30 High-Tech-Scanner Grafik: Editpress

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„Mit Kriegsgeschwindigkeit“ müsse die Ukraine verteidigungsfähig gemacht werden, hatte der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin im April 2022 auf der US-Airbase im deutschen Ramstein an die Vertreter von damals 40 Nationen appelliert, die dort zusammengekommen waren, um über die konzertierte Lieferung militärischer und ziviler Mittel zu beraten.

Ob das, was seither geschehen ist und weiterhin geschieht, bereits die nötige Kriegsgeschwindigkeit ist oder nicht, darüber gehen die Meinungen zwar auseinander – zumindest kann man aber sagen: Man redet nicht mehr über Helme. Deutschlands Erklärung, der angegriffenen Ukraine 5.000 Kopfbedeckungen zu liefern – und sonst erst mal nichts – ist nicht nur im Nachbarland vielfach mit ungläubigem Kopfschütteln aufgenommen worden. Schon beim ersten Treffen in Ramstein konnte die inzwischen geschasste Verteidigungsministerin Lambrecht aber verkünden, dass man etwas anderes als leichte Helme liefern werde, nämlich schwere Waffen.

Dieser Jeep Wrangler wurde vor dem Krieg von der Armee an privat verkauft und wird derzeit wiederum zum Verkauf angeboten. Weitere sieben Exemplare befinden sich längst in der Ukraine.
Dieser Jeep Wrangler wurde vor dem Krieg von der Armee an privat verkauft und wird derzeit wiederum zum Verkauf angeboten. Weitere sieben Exemplare befinden sich längst in der Ukraine. Foto: Privat

Auch Luxemburg hat sich nicht lange bitten lassen: „Luxemburg hat vor diesem Krieg noch nie Waffenlieferungen in irgendein Land getätigt“, stellte der Oberbefehlshaber der Luxemburger Streitkräfte, Steve Thull, anlässlich des jüngsten Ramstein-Treffens gegenüber dem Tageblatt fest. Aber gerade als kleines Land habe man „verstanden, dass man im Notfall nur überleben kann, wenn es andere gibt, die einen verteidigen“. Darum unterstütze man die Ukraine mit voller Entschlossenheit: „Auf dieser Welt gibt es nichts umsonst, auch den Frieden nicht!“

Und was lässt Luxemburg sich den Frieden kosten, der über die Waffenlieferungen auch in der Ukraine irgendwann erreicht werden soll? „Die im Jahr 2022 gelieferte und bestellte Ausrüstung hat einen Wert von rund 74,4 Millionen Euro“, bilanziert das Verteidigungsministerium – ohne Mehrwertsteuer und Versandkosten. Das entspricht etwas mehr als 16 Prozent des Verteidigungshaushalts 2022. Diese Summe setzt sich zusammen aus tödlicher Ausrüstung für 44,5 Millionen Euro und nicht-tödlicher Ausrüstung für 29,9 Millionen Euro. Die bisher abgeschlossenen Verträge zur Unterstützung der Ukraine in diesem Jahr belaufen sich auf 13,2 Millionen Euro, von denen 3,9 Millionen Euro für tödliche Ausrüstung vorgesehen sind.

Unter dem Material, das Luxemburg inzwischen geliefert hat, befinden sich übrigens auch … 5.000 Helme.

Hilfe aus Luxemburg – die komplette Übersicht

Munition: (aus Heeresbestand und in Tschechien beschafft)
– 102 NLAW-Panzerabwehrraketen, geliefert im 1. Quartal 2022
– 20.000 Schuss schwere Maschinengewehrmunition vom Typ 12,7 mm, geliefert Q 1 2022
– 12.500 hochexplosive Panzerabwehrgranaten des Typs RPG 7, geliefert Q 2 2022
– 600 BM-21-Artillerieraketen, geliefert in zwei Chargen Q 2 und 3 2022

Schutzausrüstung: (aus Tschechien, Polen und dem Vereinigten Königreich)
– 22.400 Gasmasken und 44.800 Filter, geliefert Q 2 2022
– 5.000 Schutzwesten, geliefert in zwei Chargen Q 2 2022
– 5.000 Gefechtshelme, geliefert im 2. Quartal 2022

Nachtsichtgeräte: (aus Luxemburg, geliefert 2022):
– 120 MUM-Nachtsichtmonokulare
– 180 PVS-14-Nachtsichtmonokulare
– 70 RNVG-Nachtsichtferngläser
– 100 Wärmebildkameras für Gewehre
– 300 Halterungen zur Befestigung der Ausrüstung an den Helmen

Drohnen („UAV“-Einheiten):
– 6 Primoco-One-Drohnen, einschließlich Sensoren, Bodenstationen, Ersatzteilen und Ausbildung für Piloten und Wartungspersonal
– 4 Pick-up-Trucks und 4 Anhänger zur Unterstützung der UAV-Einheit
– 1 Mercedes Sprinter L4 zur Unterstützung der UAV-Einheit

Sonstige Ausrüstung:
– 20 gepanzerte Humvee-Fahrzeuge
– 8 gepanzerte Humvee-Fahrzeuge für Ersatzteile
– 7 Militär-Jeeps Wrangler
– 15 Großzelte
– 50 Satelliten-Kommunikationsterminals Satcube Ku-Band Satcom-Terminals 
– 358 Arctic-Schlafsäcke und 3 tragbare Heizgeräte
– 800 Kampfrationen
– 30 3D-Scanner von Artec3D
– 18 kleine Generatoren und 10 leichte Lichtanlagen

… und außerdem:
– 2,55 Millionen Euro an die NATO zur Unterstützung ihrer Bemühungen um die Ukraine
– Daten für das Programm Allied Persistent Surveillance from Space (APSS) und
– Radiofrequenzdaten für die Geolokalisierung gespendet
– 9,3 Millionen für die Europäische Friedensfazilität (EFF, noch nicht vollständig ausgezahlt)

BM-21-Artillerieraketen

Unter dem Material, das die Luxemburger bereitgestellt haben, befindet sich auch solches, welches im Ausland zusammengekauft wurde – und teilweise in der Sowjetunion entwickelt wurde. Dazu gehören auch die 600 BM-21-Artillerieraketen, die in Tschechien beschafft wurden. Diese sind also in der Ukraine wohlbekannt – und Russland wird buchstäblich „mit den eigenen Waffen geschlagen“.

Primoco One 150

Mit den Drohnen, die sich ambitionierte Fotografen heutzutage kaufen können, haben diese Geräte nicht mehr viel gemein: Diese sechs, ebenfalls in Tschechien beschafften Fluggeräte können bis zu 200 Kilometer weit fliegen und bis zu 15 Stunden in der Luft bleiben. Sie fliegen bis zu 150 Kilometer pro Stunde schnell und können über 3.000 Meter hoch steigen – bei jedem Wetter. 6 dieser Drohnen hat die Luxemburger Armee bereitgestellt – inklusive Bodenstationen, Ausbildung, Ersatzteile und Transportfahrzeuge.

High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicles (HMMWV)

Das allradgetriebene Militärfahrzeug wird seit den 1980er Jahren von der amerikanischen Firma AM General produziert – und ist längst weltweit nicht nur militärisch im Einsatz: Auch besonders exzentrische Autofahrer sind mit den Gefährten unterwegs, gegen die ein SUV wie ein Kleinwagen wirkt. Die Armee hat 20 Exemplare bereitgestellt – und weitere 8 Stück als Quelle für Ersatzteile.

Artec3D-Scanner 

Insgesamt 30 3D-Scanner der luxemburgischen Firma Artec3D sollen helfen, russische Kriegsverbrechen aufzudecken: Die Geräte, die ein bisschen ausschauen wie Pistolen aus einem Science-Fiction-Film, tasten per Licht die Umgebung ab und erzeugen sofort ein extrem detailliertes 3D-Abbild, das später ausgewertet werden kann. 35.000 Euro kostet ein Scanner. Der Hersteller hat die Geräte zum „Vorzugspreis“ an das luxemburgische Verteidigungsministerium abgegeben – das sie dann an die Ukraine gespendet hat.