StaatsbesuchWasserstoff von der belgischen Küste: Wie Luxemburg künftig mit Hydrogen versorgt werden soll

Staatsbesuch / Wasserstoff von der belgischen Küste: Wie Luxemburg künftig mit Hydrogen versorgt werden soll
Der Chef von „Anglo Belgian Corporation (ABC) Engines“ lieferte Großherzog Henri, König Philippe und Königin Mathilde (v.l.n.r.) bei ihrer Besichtigung am zweiten Tag des Staatsbesuchs Informationen über die Maschinen vor Ort Foto: Maison du Grand-Duc/Sophie Margue

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Luxemburg bereitet die Energiewende vor – und dabei soll der Import von Wasserstoff eine Rolle spielen. Eine Absichtserklärung für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Belgien und Luxemburg in diesem Bereich wurde am Mittwoch während des aktuell stattfindenden Staatsbesuchs unterzeichnet. Auf dem Programm standen außerdem Besuche mehrerer Firmen, die in diesem Bereich aktiv sind. 

Luxemburg will Wasserstoff importieren – und damit dieses Vorhaben Realität werden kann, wurde am Mittwoch in Gent ein erster Schritt gemacht: Beim Staatsbesuch der Luxemburger Delegation in Belgien unterzeichneten die Geschäftsführungen von „Creos Luxemburg“ und dem Konzern „Fluxys“ mit Hauptsitz in Belgien nämlich eine Verpflichtung zur Intensivierung der künftigen Zusammenarbeit im Bereich grenzüberschreitender Infrastruktur für Hydrogen.

Heißt konkret: Der Eigentümer und Betreiber von Stromnetzen und Erdgasleitungen in Luxemburg und die im Transport von Gas aktive Firma aus Belgien wollen konkret darüber nachdenken, wie Wasserstoff nach Luxemburg gelangen kann. Denn Hydrogen kann zur Dekarbonisierung – also dem Umstieg von fossilen Brennstoffen auf andere Energiequellen – beitragen und so CO2-Emissionen in Sektoren senken, die schwer zu elektrifizieren sind. Im Austausch mit den Experten vor Ort wurden die Stahlindustrie oder auch Walzwerke als Beispiele genannt.

„Es geht darum, eine Strategie dazu auszuarbeiten, was wir brauchen, um die verschiedenen Bereiche der Industrie auf Hydrogen umzustellen. Und zu klären, über welche Infrastruktur wir den Wasserstoff nach Luxemburg bekommen können“, erklärte Wirtschafts- und Energieminister Lex Delles (DP) bereits am Dienstag bei einem Briefing für die Luxemburger Presse in Brüssel. Und stellte dabei fest: „Wir müssen heute planen, damit morgen alles bereit ist. Zusammen mit Belgien wollen wir nach Lösungen suchen.“ Wie genau das ablaufen könnte, wie hoch die Kosten sind und inwiefern sich Investitionen lohnen, gilt es nun zu prüfen.

Strategisch vorgehen

Sicher ist schon jetzt: Als Land ohne Meereszugang ist Belgien für Luxemburg ein strategischer Partner, um die Versorgung mit ausreichenden Mengen an erneuerbaren Energien zu garantieren. „Wir können das nicht im Alleingang machen und sind von einem Zugang zum Meer abhängig. Deshalb ist eine gute Zusammenarbeit umso wichtiger“, erklärte Pit Losch, ein Experte vom Wirtschaftsministerium für das Thema Energie, am Mittwoch. An dem Tag wies auch die Chefin von „Creos Luxembourg“, Laurence Zenner, darauf hin, dass „zwei kleine Länder“ strategisch vorgehen müssen und sich zum Beispiel Kosten teilen können. 

Diese Ansicht vertritt man auch in Belgien, wie bei einem Halt im Zentrum für Besucherinnen und Besucher des „North Sea Port“, einem 60 Kilometer langen Hafengebiet, das von den Niederlanden bis nach Belgien reicht, in Gent deutlich wurde. Bei einer Präsentation unterstrich Firmenchef Daan Schalck die Relevanz einer unabhängigen Energieversorgung – vor allem von Ländern, die die europäischen Werte nicht teilen. Er erklärte, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit dafür unabdingbar sei und wies darauf hin, dass künftig in den Ausbau von Pipelines für Wasserstoff investiert wird. 

Eine Absichtserklärung rund um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in puncto Wasserstoff wurde am Mittwoch unterzeichnet
Eine Absichtserklärung rund um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in puncto Wasserstoff wurde am Mittwoch unterzeichnet Foto: MECO

Auch ein Besuch des Motorenherstellers „Anglo Belgian Corporation (ABC) Engines“ in Gent stand am zweiten Tag des Staatsbesuchs auf dem Programm. Denn auch diese Firma trägt mit ihren Produkten zur Nutzung von Hydrogen bei. Vor Ort freute sich die in grauen Latzhosen und Sicherheitsschuhe gekleidete Belegschaft über den hohen Besuch. Sie unterbrach die Arbeit, um ihren König und ihre Königin, aber auch die Gäste aus Luxemburg zu empfangen – mit Fähnchen in der Hand und gezückten Smartphones. 

Windfarmen und Schiffe

Energie kann allerdings nicht nur in Form von Molekülen wie Wasserstoff transportiert werden, sondern auch als Elektronen aus den sogenannten Offshore-Windparks: Die von den im Wasser gelegenen Windmühlen erzeugte Energie gelangt dabei dank Seekabeln an die Küste und fließt dort in der Regel in das Stromnetz. Unter anderem im Bau solcher Windfarmen ist die Gruppe Jan de Nul aktiv, die sich mit extra dafür konzipierten Schiffen – einige davon unter Luxemburger Flagge – daran beteiligt. Mit Capellen hat das Familienunternehmen aus Flandern auch einen Sitz im Großherzogtum.

Fähnchen schwenkend nahm die Belegschaft den hohen Besuch in Empfang
Fähnchen schwenkend nahm die Belegschaft den hohen Besuch in Empfang Foto: Maison du Grand-Duc/Sophie Margue

Auf dem Programm stand am Mittwoch ebenfalls ein Besuch des Sitzes in Alost, rund 30 Kilometer von Gent entfernt. Jan de Nul ist übrigens auch an der Errichtung der zukünftigen belgischen Insel für Energie beteiligt und hat mit in Luxemburg registrierten Schiffen dabei geholfen, eine der Palmeninseln von Dubai zu errichten. Das hochspezialisierte Unternehmen ist ein wichtiger Bestandteil des Luxemburger maritimen Sektors. Und: Es ist ebenfalls im Bereich Hydrogen aktiv und arbeitet eng mit „ABC Engines“ zusammen. 

Am Donnerstag findet nun der dritte und letzte Tag der offiziellen Reise statt. Geplant sind die Besichtigung der belgischen Flugbasis Melsbroek und des Airbus A400M, ein Seminar zu den Herausforderungen in puncto Sicherheit und Verteidigung im All an der Universität in Lüttich sowie ein Besuch der Stiftung „Child Focus“ in Brüssel. Nach einer offiziellen Verabschiedungszeremonie in Lüttich geht es für das großherzogliche Paar und die Delegation aus Luxemburg gegen 15 Uhr am Donnerstag wieder zurück in die Heimat. 

Importe aus Belgien

In puncto Energieversorgung sind Lieferungen aus Belgien für Luxemburg keine Neuheit: Beim Erdgas, bei dem Luxemburg Jahr für Jahr praktisch den ganzen Verbrauch importieren muss, ist Belgien bei weitem das wichtigste Herkunftsland: Mehr als 99,4 Prozent der Importe werden über das Nachbarland nach Luxemburg geleitet. Die restlichen Importe kommen aus Deutschland. Nur ein sehr geringer Anteil des verbrauchten Gases (0,007 Prozent) wird auf nationaler Ebene, in Form von Biogas, erzeugt. Auch beim Stromverbrauch steht Belgien seit einigen Jahren für einen wichtigen Teil der Importe: 2022 importierte Luxemburg 81 Prozent des verbrauchten Stroms. Wegen der Verbindungen mit dem deutschen Netz stammt dieser Import zum größten Teil (60,7 Prozent) aus Deutschland. Aus Belgien erhält Luxemburg 36,7 Prozent seiner Strom-Importe. (cm)

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Meier Peter
18. April 2024 - 8.49

Und wo kommt der Wasserstoff her? Erst mal Leitungen legen, Fracking-Gas aus USA durchpumpen, und dann ... weiter Gas durchpumpen.