Ein GedankenspielWas passiert in Zukunft, wenn Minister angeklagt werden?

Ein Gedankenspiel / Was passiert in Zukunft, wenn Minister angeklagt werden?
Mit einer neuen Verfassung muss die Chamber nicht mehr Staatsanwalt spielen, wie es gerade im Fall Dieschbourg passiert Editpress

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Der Fall Dieschbourg hat aufgezeigt, warum eine vollumfängliche Verfassungsrevision in Luxemburg keine so schlechte Idee zu sein scheint. Aufgrund eines 110 Jahre alten Verfassungsartikels muss das Luxemburger Parlament in die Rolle der Staatsanwaltschaft schlüpfen – ein Umstand, der unter der neuen Verfassung nicht mehr vorkommen soll.

Das Dossier um das Differdinger „Gaardenhaischen“ und der nun erfolgte Rücktritt der Umweltministerin Dieschbourg hat vor allem eins gezeigt: Die in der Verfassung verankerten Prozeduren sind veraltet und benötigen eine Grundüberholung. „In Zukunft werden solche Fälle allein von der Justiz geregelt“, meint der Präsident des für die Verfassungsrevision zuständigen Ausschusses Mars Di Bartolomeo (LSAP) im Gespräch mit dem Tageblatt. Es sei doch eigentlich „verrückt, dass Politiker gegen Politiker ermitteln“, wie es die derzeitigen Regelungen vorsehen.

Der Luxemburger Verfassungsexperte Luc Heuschling erklärte seinerseits vergangene Woche im Tageblatt-Gespräch, dass die Luxemburger Regelung „absolut außergewöhnlich“ sei, weil Politiker darüber entscheiden würden, ob ein anderer Politiker vor Gericht muss. Man könne darüber diskutieren, ob diese Prozedur wirklich notwendig sei und ob solch ein Vorfall in einem modernen Rechtsstaat so gehandhabt werden müsse. Zudem müsse man hinterfragen, ob diese „spezielle Prozedur“ überhaupt noch an die heutige Zeit und Bedürfnisse angepasst sei und ob man sie nicht überdenken sollte.

Anlehnung an Abgeordneten-Status

Nun also soll Abhilfe geschaffen werden, meint der LSAP-Politiker Di Bartolomeo. „Schon im eigentlich fertigen Verfassungstext (Projet de Loi N° 6030) von 2018 wurden solche Angelegenheiten in die Hände der Justiz übergeben“, sagt Di Bartolomeo. „In diesem wurde auch die zivil- und strafrechtliche Haftung der Regierungsmitglieder geregelt und an die der Abgeordneten angelehnt.“ Diese Regelungen wären auch im neuen Text übernommen worden, da weiterhin ein Konsens in dieser Hinsicht bestand.

Die neuen Regelungen werden nun in vier Paragrafen in Artikel 83 des neuen Verfassungstextes geregelt:

1. Le Gouvernement et ses membres sont responsables devant la Chambre des Députés.

2. Les membres du Gouvernement ne répondent ni civilement ni pénalement des opinions qu’ils émettent à l’occasion de l’exercice de leur fonction.

3. Les membres du Gouvernement sont pénalement responsables des actes commis par eux dans l’exercice de leur fonction. Seul le ministère public peut intenter et diriger les poursuites à l’encontre d’un membre du Gouvernement pour ces actes, même après cessation de sa fonction.

4. Sauf le cas de flagrant délit, toute arrestation d’un membre du Gouvernement nécessite l’autorisation préalable de la Chambre des Députés. Cette autorisation n’est pas requise pour l’exécution des peines, même celles privatives de liberté, prononcées à l’encontre d’un membre du Gouvernement.

„Der erste Paragraf hält eigentlich die dem Parlament zugrunde liegende Kontrollfunktion der Regierung fest“ und habe nicht unbedingt etwas mit dem laufenden Verfahren zu tun. Der zweite Paragraf hingegen lege fest, dass Minister nicht aufgrund von Meinungsäußerungen, die im Rahmen ihres Amtes getroffen werden, belangt werden können. „Das bedeutet nicht, dass Regierungsmitglieder vollständige Immunität genießen, wie fälschlicherweise oft behauptet werde“, so Di Bartolomeo.

„Zivil- und strafrechtliche Moderne“

Für den jetzigen Fall aber spiele vor allem der dritte Paragraf eine entscheidende Rolle. In diesem werde klar festgehalten, dass es allein der Staatsanwaltschaft obliege, gegen einen Minister oder ehemaligen Minister Ermittlungen einzuleiten. „Das ist der entscheidende Unterschied zum derzeitigen Verfassungstext, in dem festgehalten wurde, dass diese Rolle dem Parlament zufällt“, sagt der LSAP-Politiker. „Im Verfassungstext heißt es weiterhin, dass die genaue Prozedur in einem Gesetz festgehalten werden soll, nur: Dieses Gesetz wurde nie gestimmt.“ Der entsprechende Artikel sei in der Praxis kaum anwendbar und ein Relikt früherer Zeiten, so Di Bartolomeo.

Paragraf Nummer vier lege dann lediglich fest, dass die Festnahme eines Ministers vom Parlament abgesegnet werden muss – es sei denn, der Minister werde beim Begehen einer Straftat ertappt, dann kann die Festnahme auch umgehend erfolgen. „Aus straf- und zivilrechtlicher Sicht wird die Regierung durch die Verfassungsrevision in die Moderne hineingeführt“, sagt Di Bartolomeo.

marc
26. April 2022 - 19.38

Bei der Argumentstion kommt mir unweigerlich in den Sinn " Eine Krähe mag einer anderen Krähe kein Auge auszupicken" Alle Politiker erklären sich demnach befangen!