BelvalWarten auf „5 Seconds of Summer“: Konzert-Camper schlafen drei Nächte vor der Rockhal

Belval / Warten auf „5 Seconds of Summer“: Konzert-Camper schlafen drei Nächte vor der Rockhal
Ausgelassene Stimmung: Die Konzert-Camper genießen die gemeinsame Zeit vor der Rockhal Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Wer bei einem Konzert ganz vorn stehen will, muss sich früh genug in die Warteschlange einreihen. Manche Super-Fans schlagen bereits Tage vor dem Auftritt ihre Zelte auf. Dazu gehören auch Natalie, Ann und Paula. Für die jungen Frauen geht es beim Konzert-Camping allerdings nicht nur darum, einen guten Platz zu ergattern.

Drei Zelte stehen auf dem betonierten Platz vor der Rockhal. Davor sitzen ein Dutzend junge Frauen auf Campingstühlen, Decken und Kissen. Es ist ein kühler Freitagvormittag, es sind etwa zehn Grad – in der vorigen Nacht sank das Thermometer auf fünf Grad. Trotzdem haben verschiedene von den Anwesenden die Nacht – und die davor – vor der Konzerthalle verbracht. Der Grund? Die Band „5 Seconds of Summer“ spielt am Samstag.

Natalie (22) zeltet seit Mittwochabend, 18 Uhr, vor der Rockhal. Ann (23) kam zwei Stunden später an. Die beiden Deutsche haben alle beide Pit-Tickets. Heißt: Karten, die es ihnen erlauben, ganz vorn bei der Bühne zu stehen. „Und wenn du ganz vorn stehen willst, dann musst du früh dran sein“, erklärt Ann. Die ersten 30 bis 40 Fans schaffen es üblicherweise in die erste Reihe. Damit die Warteschlange auch zivilisiert abläuft, hat sich über die Jahre ein System etabliert, das von den Fans gemanagt wird. Jeder Camper bekommt ein Armband mit einer Nummer – die Wartenden müssen also nicht ununterbrochen in der Schlange stehen bleiben. Natalie kümmert sich für dieses Konzert um die Verteilung. Die Anwesenden sind sich einig: Sie macht das sehr gut.

„Normalerweise funktioniert das in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter, mit dem man Kontakt aufnehmen muss“, sagt Ann. „Das macht es auch einfacher für sie, weil wir bereits eine Reihenfolge festgelegt haben“, fügt Natalie hinzu. Üblicherweise funktioniere das System gut und niemand versuche sich vorzudrängeln. „Du willst es dir nicht mit jemandem verscherzen, mit dem du draußen schläfst“, sagt Neuzugang Paula. Die 23-Jährige war am Donnerstag noch in London, wo sie ebenfalls für ein Konzert von „5 Seconds of Summer“ das Zelt aufschlug. Am Freitagmorgen um 5 Uhr nahm die Spanierin das Flugzeug nach Luxemburg.

Beste Freunde finden

5 Seconds of Summer

5 Seconds of Summer (5SOS) ist eine australische Pop-Rock-Band, die 2011 in Sydney gegründet wurde. 5SOS erlangte zunächst Bekanntheit durch Cover-Videos auf YouTube und entwickelte sich dann zu einer international erfolgreichen Band. Ihre Musik ist von Pop, Rock und Punk beeinflusst. Die Band hat zahlreiche Hits wie „She Looks So Perfect“ und „Youngblood“ veröffentlicht.

Die Nacht war kalt. Deswegen sei ein sehr guter Schlafsack essenziell. „Und ich liebe meinen Campingstuhl – alles, was dich vom Boden trennt, ist gut“, erklärt Ann. Die erfahrenen Konzert-Camper geben der Rockhal, beziehungsweise dem Platz vor der Konzerthalle, jedenfalls eine gute Bewertung. „Die Veranstalter sind sehr freundlich und schauen regelmäßig nach uns – obwohl wir vielleicht etwas verrückt sind“, sagt Ann. „Sie haben uns sogar Tee gebracht“, freut sich Natalie. Alle Wartenden sind sich einig: Es macht Spaß. Langweile komme nicht auf. „Die Zeit vergeht schnell, wenn man jemanden hat, mit dem man reden kann“, erklärt Natalie. Sie habe Ann vergangenes Jahr bei einem Konzert derselben Band in Hamburg getroffen. „Ich war allein da und sie haben mich adoptiert“, scherzt Ann.

„Das Gleiche ist mir neulich in London passiert – es gibt immer nette Menschen, die dich aufnehmen“, fügt Paula hinzu. Sie habe viele ihrer besten Freunde in den Warteschlangen für Konzerte kennengelernt. Während den paar Tagen Camping rede man auch über viele private Angelegenheiten – man lerne die Menschen wirklich kennen. „Ich bin gerade erst angekommen, kannte sie nicht und habe mich sofort zu ihnen gesetzt“, sagt Paula.

Die Stimmung ist ausgelassen. Neben den Zelten liegen Kekse, Bonbons und andere Leckereien. Die jungen Frauen sitzen auf Campingstühlen, spielen Karten oder fädeln Perlen auf einen Schmuckfaden. Verschiedene Fans liegen eingewickelt in ihren Schlafsäcken und versuchen ein paar Stunden Schlaf zu ergattern. Eine neue Camperin sagt Hallo und fragt nach einem Armband. Natalie nimmt das orangefarbene Bändchen, schreibt eine Zahl darauf und gibt es an den Neuzugang weiter.

Der Platz vor der Rockhal wird sich bis Samstagabend noch weiter füllen
Der Platz vor der Rockhal wird sich bis Samstagabend noch weiter füllen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

21 Konzerte während einer Tour

„Ich kenne Frauen, die bei 15 ‚Love on Tour‘-Konzerten [Anm.d.Red: die zweite Konzerttournee von Harry Styles] dabei waren“, sagt Ann. „Ich habe davon 21 gesehen“, gibt Paula zu. Das heißt allerdings nicht, dass die Super-Fans bei jedem Auftritt vor dem Veranstaltungsort zelten. Für Natalie ist es das neunte Konzert-Camping, für Ann das dritte und für Paula das zwölfte. Die Reaktionen der Passanten fallen unterschiedlich aus: Manche denken, die Fans wären obdachlos, andere halten sie für Klima-Aktivisten. „Wir versuchen immer, die örtlichen Behörden und die Veranstalter zu respektieren“, erklärt Ann. Die Fans von „5 seconds of Summer“ seien jedenfalls „chill“.

Die Camping-Kultur hänge auch vom Land ab, in dem die Veranstaltung stattfindet. In Spanien würden die Fans ihre Zelte teilweise Wochen im Voraus aufstellen. Je nach Konzert gebe es auch strengere Regeln. Bei verschiedenen Auftritten komme es vor, dass die Camper alle paar Stunden einchecken müssen, um ihren Platz nicht zu verlieren. Bei anderen gebe es überhaupt keine Übersicht. Verschiedene Fans würden ihre Armbändchen abholen und bis zum Konzertbeginn wieder nach Hause gehen. Ein unfaires System, wie die „5 Seconds of Summer“-Fans am Freitagmorgen finden.

Es sei nicht immer einfach, das Konzert-Campen mit dem alltäglichen Leben zu vereinen. „Ich habe mein Leben daran angepasst, weil ich es so sehr liebe“, erklärt Paula. Die 23-Jährige sucht momentan nach einem Job. „Ich hatte Glück mit den Daten – ich studiere an einer Medizinschule und es sind noch immer Semesterferien“, erklärt Ann. Natalie hat sich freigenommen. Dass Fans vor den Hallen campen, komme jedenfalls immer häufiger vor – bei Künstlern wie „5 Seconds of Summer“, Harry Styles und Louis Tomlinson sei das mittlerweile normal. Letzterer tritt am Mittwoch ebenfalls in der Rockhal auf. Lange wird der betonierte Platz auf Belval nach dem Konzert am Samstagabend also nicht leer sein. „Die Fans werden wahrscheinlich ab Sonntag hier ihre Zelte aufschlagen“, meint Ann.


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