Luxemburg-Stadt„Waren schockiert“: Opposition bezieht Stellung zu Äußerungen von Schöffin Simone Beissel

Luxemburg-Stadt / „Waren schockiert“: Opposition bezieht Stellung zu Äußerungen von Schöffin Simone Beissel
Da die liberale Schöffin Simone Beissel (3.v.l.) in dem viel kritisierten Video nicht im Namen des städtischen Schöffenrats gesprochen habe, ist die Diskussion darüber für Bürgermeisterin Lydie Polfer (4.v.l.) beendet Archivfoto: Editpress/Julien Garroy

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Für ihre Aussagen über das Bettelverbot und davon Betroffene wurde die Abgeordnete und hauptstädtische Schöffin Simone Beissel (DP) kürzlich heftig kritisiert. Nach dringenden Anfragen von den Oppositionsparteien „déi gréng“, LSAP und „déi Lénk“ waren die Äußerungen in der Sitzung des städtischen Gemeinderats am Montag Thema.

„Ich kann nicht garantieren, dass der Schöffenrat oder Mitglieder des Gemeinderats nie wieder Sachen sagen, die den einen oder anderen schockieren können“, sagte Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) in der Sitzung des hauptstädtischen Gemeinderats am Montag in Luxemburg-Stadt. Damit antwortete sie auf eine dringende Anfrage von „déi gréng“, die dem Schöffenrat Fragen zu einem Video von Schöffin Simone Beissel (DP) gestellt hatten, das Anfang letzter Woche vor allem in den sozialen Medien viral ging.

Darin zu sehen: Die Abgeordnete und städtische Schöffin Simone Beissel und die ehemalige EU-Abgeordnete Astrid Lulling (CSV), wie sie im Wohnzimmer von Letztgenannter über das sogenannte Bettelverbot in Luxemburg-Stadt diskutieren – und sich in abfälligem und menschenverachtendem Ton über davon Betroffene äußern. „Wir waren schockiert über die Aussagen von Simone Beissel in ihrer Sendung ‚Riicht eraus’. Und wir waren damit nicht alleine“, stellte François Benoy von („déi gréng“) fest und wies darauf hin, dass unter anderem der Präsident der Menschenrechtskommission, Gilbert Pregno, diese Meinung teile.

Halbherzige Entschuldigung

François Benoy wies darauf hin, dass sich die Gemeindevertreterin zwar zum Teil für die, ihm zufolge, Aussagen von „höchst populistischem Grad“ entschuldigt hat. Aber, so das Oppositionsmitglied: „Wir wissen nicht, wie ehrlich diese Entschuldigung gemeint ist.“ Das unter anderem, weil „déi gréng“ Simone Beissel ihre Erklärung, sie habe sich „im Eifer des Gefechts“ so geäußert, nicht abnehmen wollen. Auch weil die Schöffin in den Medien erklärt hatte, dass eben angenommen werde, dass sie um Verzeihung bitten soll. „Halbherzig“ finden das „déi gréng“.

Lydie Polfer erklärte, dass sie am Tag von Simone Beissels Entschuldigung Kontakt zu ihr hatte: „Ich habe sie dazu ermutigt. Ich kenne sie schon lange und weiß, dass ihr Gemüt mal hitzig werden kann. Aber ich weiß auch, dass ihre Entschuldigung ehrlich gemeint ist.“ Die Bürgermeisterin wiederholte, was sie bereits beim „City Breakfast“ letzten Donnerstag gesagt hatte: „Frau Beissel hat nicht im Namen vom Schöffen- oder Gemeinderat gesprochen. Was das Formelle angeht, ist die Sache für mich also vorbei.“ Den Inhalt des Videos wollte Lydie Polfer nicht weiter kommentieren. Sie sagte aber: „Niemand kann bestreiten, dass es die Problematik gibt.“

Bettelverbot als Ablenkungsmanöver

Probleme sieht auch die städtische Sektion der LSAP und plädiert dafür, den Fokus darauf zu richten. Zusammen mit „déi Lénk Stad“ hatten auch die „Stater Sozialisten“ eine dringende Anfrage zu dem Video gestellt. Rätin Maxime Miltgen (LSAP) sagte am Montag: „Während das Verbot viel diskutiert wird, verschwindet der nötige Fokus auf das Grundproblem: wachsende Armut und eventuelle Lösungen dafür. Stattdessen geht es immer mehr in Richtung Populismus.“ Die Diskussion um das Bettelverbot ist ihr zufolge nur ein Weg, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. „Von den wahren Problemen, die unsere Parteien – und da schließe ich die LSAP nicht aus – nicht angegangen, geschweige denn gelöst haben.“

Maxime Miltgen lobte einen Beitrag von Ratsmitglied Colette Mart (DP) in den sozialen Medien. In diesem hatte das Mitglied der DP – wenn auch nicht explizit – die Aussagen von Simone Beissel verurteilt und sich gegen eine Aufteilung von Menschen in verschiedene Kategorien ausgesprochen. Während Maxime Miltgen in ihrer Rede auf diesen Beitrag verwies, lächelte Sylvia Camarda (DP) Colette Mart ermutigend zu. Das in einer Gemeinderatssitzung, während deren offenbar interne Unstimmigkeiten bei der DP immer wieder für etwas Unruhe im Sitzungsaal am „Knuedler“ sorgten.

Eine Oppositionspartei allerdings kann Kritik an den Äußerungen von Schöffin Simone Beissel indes nicht nachvollziehen. „Wir teilen die Verurteilung von Simone Beissel nicht“, sagte Tom Weidig von der ADR am Rande der Gemeinderatssitzung. In seinen Augen habe die städtische Schöffin ihre Sache in dem Video „gut“ gemacht und sei dabei sehr „authentisch“ gewesen. Sie selbst allerdings hatte vor einer Woche für ihren Ton sowie ihre Wortwahl um Verzeihung gebeten.


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Shopping Girly
28. Februar 2024 - 15.41

Ich gehe lieber durch die Stadt ohne Bettler und schockierte Gutmenschen

kassnic840
28. Februar 2024 - 13.10

Wenn dann mal eine oder zwei Politikerinnen die Wahrheit sagen werden sie gebremst ,warum passt das nicht ins Image der Politik?

Ion
28. Februar 2024 - 10.21

@Hottua: Würde mich auch mal interessieren inwiefern die päpstlichen Luxemburger damals mit den Nazis kollaboriert haben. Da gibt's bestimmt viele Messdiener die jetzt mit dickem Kontostand in den Brasserien rumsitzen.

den tutebatty
27. Februar 2024 - 23.35

Welche Opposition?

Robert Hottua
27. Februar 2024 - 10.00

Die Aufteilung von Menschen in verschiedene Kategorien entspricht der fatalen faschistischen Rassendoktrin, die ab 1933 im unfehlbaren päpstlichen "Luxemburger Wort" befürwortet wurde. Die Ausschaltung von "asozialen, gefährlich-erbkranken BettlerInnen", "moralisch-schwachsinnigen" homosexuellen Menschen und anderen Opfergruppen musste ab 1933 von der wanderfreudigen, paramilitärisch gedrillten und organisierten lützelburgischen "Sittenpolizei" in Angriff genommen werden. MfG Robert Hottua

JJ
27. Februar 2024 - 8.34

Natürlich waren wir schockiert. Wenn die Öffentliche Meinung überkocht stellt man sich natürlich auf deren Seite. Ein Politiker darf doch nicht seine Meinung sagen."Vun der Long op d'Zong" darf es in der Politik nicht geben.Da ist jedes Wort abgewogen und daher oft bedeutungslos. Da zieht es die ÖM( öffentliche Meinung) samt der Medien doch eher zu einer Influenzerin hin die meint einen Minister mit haltlosen Kommentaren in Ungnade zu stürzen oder eine Staatsanwältin klagt einen mutigen Anwalt an der es wagt seine unverblümte Meinung zum Landstreicherproblem zu äussern. Was sind wir doch eine verlogene Gesellschaft. Wer erinnert sich heute noch an das Geschrei als Gambia die Tram auf den Weg schickte oder den Gratistransport oder die Pfaffen aus den Schulen verbannte? Gut geworden gell? Aber wir kriegen was wir verdienen,scheinbar.